So sollen Pilze und Bakterien Plastik zersetzen

Stand: 02.07.2024, 06:00 Uhr

Mehrere hundert Millionen Tonnen Plastik landen weltweit Jahr für Jahr auf dem Müll. Forscher wollen den Plastikmüllberg mit Bakterien und Pilzen bekämpfen - neue Forschungsergebnisse machen jetzt Hoffnung. 

Von Moritz Börner

Mikroplastikpartikel schwimmen in den Ozeanen, lassen sich sogar in der Luft finden und sind für Tiere wie zum Beispiel Fische eine Gefahr. Oft befinden sich darin krebserregende Giftstoffe wie Weichmacher.  

In den Ozeanen schwimmt viel Plastik

Eine Lösung des Problems könnten Bakterien bringen, die Plastik zersetzen. Um diese Bakterien zu finden, sind Mitarbeiter des Forschungszentrums Jülich mit einem Expeditionsschiff weit auf den Atlantik hinausgefahren. Auf den Ozeanen haben sich sogenannte Plastikstrudel gebildet, teilweise mit einer Fläche größer als Deutschland. 

Bakterien zersetzen altes Plastik

Das Plastik schwimmt dort schon seit Jahrzehnten herum und wird, wenn auch nur sehr langsam, zersetzt. Ein idealer Ort, um Bakterien zu finden, die Plastik abbauen können. “Die haben da Proben entnommen mit dem Forschungsschiff, sowohl Wasserproben als auch Sedimentproben”, erklärt der Mikrobiologe Karl-Erich Jaeger von der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, “und tatsächlich, sie haben dort Bakterien gefunden, die solche Enzyme produzieren, die Plastik abbauen”.   

Die Herausforderung für die Wissenschaftler ist allerdings, Wege zu finden, diese Bakterien zu kultivieren, also in großer Zahl herzustellen. Erste erfolgreiche Ansätze gibt es bereits - mit Hilfe von Fermentationsprozessen. Aber noch ist die Herstellung aufwändig und teuer, die Anwendung weit davon entfernt, im Alltag eingesetzt werden zu können. 

Weltweite Forschung

Denkbar wäre auch, die Enzyme, die für den Abbau von Plastik verantwortlich sind, künstlich herzustellen, mit Hilfe von Molekularbiologie. Trotz der großen Herausforderungen sind Wissenschaftler optimistisch, dass der Abbau von Plastik mit Hilfe von Bakterien Zukunft hat. 

Seit etwa zehn Jahren, seit klar ist, wie groß das Plastikmüll-Problem tatsächlich ist, hat die Forschung in diesem Bereich stark zugenommen. “Es ist durchaus nicht so, dass das nur ein Hobby der Wissenschaftler ist”, erklärt Mikrobiologe Karl - Erich Jaeger, “sondern die großen Firmen sind auch sehr aktiv auf dem Sektor.” 

Plastik in den Weltmeeren Planet Wissen 30.03.2023 05:25 Min. Verfügbar bis 12.05.2027 WDR

NRW-Firmen hoffen auf das große Geschäft

Denn für Konzerne könnte ein Riesengeschäft winken. Der Leverkusener Konzern Covestro beispielsweise, einer der größten Plastikhersteller weltweit, hat eine eigene Abteilung, die sich hauptberuflich damit befasst, Enzyme zu finden. Und die sollen im Idealfall nicht nur Plastik abbauen, sondern gleichzeitig auch in neue Stoffe umwandeln, die von der Industrie weiterverarbeitet werden können.

Auch Pilze können Plastik zersetzen

Hilfreich beim Abbau von Plastik können auch Pilze sein. Das zeigen aktuelle Forschungsergebnisse des Ökologen Hans-Peter Grossart vom Leibnizinstitut für Gewässerökologie. Mit seinem Team konnte er feststellen, dass mehrere Pilzarten in Süßwasser Kunststoffpolymere zersetzen können, wie sie zum Beispiel Karl-Erich Jaeger für Verpackungsmaterialien verwendet werden.

„Diese Pilze haben bestimmte Enzyme, die Plastik spalten können, in kleinere Stücke“, erklärt Grossart, “die dann auch wieder von anderen Organismen, zum Beispiel den Bakterien aufgenommen werden können.“ Weil die Pilze nur in Süßwasser eingesetzt werden können, ist eine Überlegung, dass sie in Kläranlagen zum Einsatz kommen. Dort sind die Bedingungen für Pilze ideal, weil es viele Nährstoffe und hohe Temperaturen gibt.

Wie Süßwasserpilze Plastik abbauen können WDR 5 Morgenecho - Interview 02.07.2024 04:48 Min. Verfügbar bis 02.07.2025 WDR 5

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Unsere Quellen:

  • Forschungszentrum Jülich
  • Interview mit Karl-Erich Jaeger, HHU
  • Interview mit Hans-Peter Grossart, Leibniz-Institut