Vorgezogene Parlamentswahlen: Frankreich im Stimmungswandel Aktuelle Stunde 29.06.2024 26:08 Min. Verfügbar bis 29.06.2026 WDR Von Ann-Kathrin Stracke

Parlamentswahlen in Frankreich: Hat Macron sich verzockt?

Stand: 28.06.2024, 14:25 Uhr

An diesem Sonntag wählt Frankreich ein neues Parlament - und es ist in vieler Hinsicht eine besondere Wahl. Präsident Emmanuel Macron hatte sie überraschend direkt nach einer klaren Niederlage seiner Partei bei der Europawahl ausgerufen. Warum macht er das?

Er nennt den Schritt, das Parlament aufzulösen, selbst "eine Granate werfen" - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat vor knapp drei Wochen, direkt nach der Europawahl, zu Neuwahlen aufgerufen. Und das, nachdem sein Parteienbündnis bei der Europawahl gerade mal 15 Prozent der Stimmen geholt hat. Nur die Hälfte von dem, was der rechtsnationale Rassemblement National (RN) geholt hat.

Umfragen sprechen gegen Macron

Sein eigener Job steht dabei nicht auf dem Spiel: Macron bleibt noch bis 2027 im Amt. Die Frage jetzt ist aber, wie gut Macron weiterregieren kann. Schon jetzt hat er mit seinem Parteienbündnis im Parlament keine Mehrheit. Macrons Hoffnung war wohl, dass es die durch Neuwahlen geben könnte. Aktuelle Umfragen sprechen aber dagegen.

Jordan Bardella: Shootingstar der Rechten

In denen steht nämlich der Rassemblement National vorn. Shootingstar der Partei ist der 28-jährige Jordan Bardella, der im Falle eines Wahlsieges Premier werden könnte. Nach eigener Aussage würde er das aber nur machen, wenn der RN eine absolute Mehrheit holt.

Parlamentswahlen in Frankreich: Hat Macron sich verzockt? I nah dran nah dran – die Geschichte hinter der Nachricht 28.06.2024 20:34 Min. Verfügbar bis 28.06.2029 WDR Online

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Auf der anderen Seite steht das Linksbündnis "Nouveau Front Populaire" (NFP). In diesem Bündnis haben sich Linke, Grüne und Kommunisten versammelt - die eigentlich so zerstritten sind, dass Macron nicht damit gerechnet hat, dass sie noch einmal zusammenfinden.

Verständnislosigkeit auch im Macron-Lager

ARD-Korrespondentin Julia Borutta | Bildquelle: WDR/Annika Fußwinkel

"Dieser Schritt war unverantwortlich", sagt ARD-Korrespondentin Julia Borutta, die aus Paris berichtet. Macron setze damit die politische Stabilität des Landes aufs Spiel. Das Macron-Lager selbst steht unter Druck: Viele Mitglieder seiner Partei distanzieren sich mittlerweile von ihrem Chef. Auf Plakaten wird bewusst auf Macrons Gesicht verzichtet.

"Es ist jetzt die große Frage für das Mitte-Lager: Werden sich die Leute enttäuscht abwenden oder geht die Rechnung von Macron auf, dass angesichts der Extreme, dass dann tatsächlich die Gemäßigten scharenweise zur Wahl laufen." Julia Borutta, ARD-Korrespondentin in Paris

In der aktuellen Folge des Podcasts "nah dran" sprechen wir über Macrons riskanten Schritt und ob es noch Chancen gibt, dass es sich für ihn gelohnt hat, Neuwahlen auszurufen.

Im Podcast "nah dran - die Geschichte hinter der Nachricht" erzählen unsere Reporterinnen und Reporter, was sie bei ihren Recherchen erlebt haben. Sie werfen einen Blick hinter die Nachrichten, hören Betroffenen zu und erleben selbst mit, wovon die meisten nur kurz in den wöchentlichen Schlagzeilen lesen. Näher ran als sie kommt keiner - egal ob im Ausland, in der Hauptstadt oder direkt vor unserer Tür in der Region.