Digital gegen gedruckt: Der Zeitungsmarkt in Existenznot

Stand: 02.04.2023, 08:00 Uhr

Steigende Druckkosten und der Mindestlohn für Zusteller verschärfen die Lage der Zeitungsbranche. Der Verlag des Mindener Tageblatts zum Beispiel sagt: Eigentlich lohnt sich die gedruckte Tageszeitung nicht mehr.

Von Anne BielefeldTorsten Reschke

Thomas Hoppmann ist einer von 250 Zustellern beim Mindener Tageblatt und sorgt dafür, dass die Menschen jeden Morgen pünktlich ihre Zeitung haben. Die Region ist sehr ländlich. Um seine 220 Exemplare zum Kunden zu bringen, braucht Thomas Hoppmann fünf Stunden. Rechnen tut sich dieser Aufwand für den Verlag schon lange nicht mehr.

Mindestlohn und Energiekosten zu teuer

Thomas Hoppmann | Bildquelle: WDR

Seit einem halben Jahr bekommen auch die Zusteller den erhöhten Mindestlohn von zwölf Euro die Stunde. Dazu seien Energie- und Papierkosten explodiert, beklagt der Verlagschef des Mindener Tageblatts, Carsten Lohmann. "Wenn wir wie ein normales Wirtschaftsunternehmen agieren würden, würde das bedeuten, dass wir dieses Abo eigentlich einstellen müssten." Ein Dilemma für alle, die für die Zeitung arbeiten. Denn noch gibt es mehr als 22.000 Abonnenten in der Region, die eine gedruckte Ausgabe haben wollen.

Digital-Abo kaum von Interesse

Dabei setzen die Zeitungsmacher selbst längst auf die digitale Berichterstattung. Rund 30 Redakteure liefern Geschichten aus der gesamten Region. Ihre Arbeit stecken sie mittlerweile vor allem in die digitale Verbreitung. Die gedruckte Ausgabe: eher ein Nebenprodukt.

Benjamin Piel | Bildquelle: WDR

Der Verlag hatte allen Printabonnenten sogar zusätzlich ein Digital-Abo geschenkt. Aber: Nicht mal die Hälfte hat das Angebot angenommen. Chefredakteur Benjamin Piel erkennt, dass es hier auch um Leserbindung geht: "Wenn der Kunde sagt, ich möchte die gedruckte Zeitung haben und nicht das Digitale, dann ist das so zu respektieren und dann können wir das nicht aufdrängen."

Die Politik als Helfer in der Not

Es ist ein Problem für viele Verlage, auch in NRW. Durch den hohen Kostendruck werden Lokalredaktionen zusammengelegt oder ganz aufgegeben. Die Funke Mediengruppe hat gerade die Redaktion ihrer Anzeigenblätter zusammengestrichen. Auch der Aschendorf-Verlag im Münsterland gibt seine Wochenblätter auf.

CDU: Hartes Alarmsignal

Der Anteil der gedruckten Tageszeitungen im Abonnement ist seit 2014 deutschlandweit um mehr als dreißig Prozent zurückgegangen. Das sorgt auch Politiker. Die Landesregierungen von NRW und Sachsen fordern deshalb seit Jahren, dass der Bund die Verlage beim Zeitungsvertrieb zumindest übergangsweise finanziell unterstützt.

Nathanael Liminski (CDU) | Bildquelle: WDR

Leserinnen und Leser von gedruckten Tageszeitungen dürften nicht von Informationen abgeschnitten werden, sagt Nordrhein-Westfalens Medienminister Nathanael Liminski von der CDU: "Wenn man in die USA schaut - wo Regional- und Lokalzeitungen gestorben sind - und was das anschließend auch in Wahlergebnissen mit sich gebracht hat, dann ist das ein hartes Alarmsignal, was wir sehr ernst nehmen sollten"

Bislang kein Geld aus Berlin

Die Ampelregierung im Bund hat in ihrem Koalitionsvertrag sogar festgelegt, die Verlage bei den Zustellungskosten zu fördern. Doch bislang ist noch nichts passiert.