Im Anschluss an eine Sitzung des CDU-Landesvorstands hat der NRW-Vorsitzende Wüst am Montag erklärt, nicht als Kanzlerkandidat zur Verfügung zu stehen. Stattdessen unterstütze er die Kandidatur von Friedrich Merz. Der 49-jährige Hendrik Wüst ist Vorsitzender des mitgliederstärksten Landesverbands der CDU.
Ein Verzicht und eine Demonstration von Selbstbewusstsein
Bevor Hendrik Wüst am Montag um kurz nach 18 Uhr in der CDU-Geschäftsstelle in Düsseldorf zu den entscheidenden Sätzen kommt, nimmt er einen längeren Anlauf: Er skizziert die jüngsten politischen Entwicklungen, die Zäsuren durch den Anschlag in Solingen und die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. In NRW habe die Landesregierung gezeigt, dass auch lagerübergreifend Lösungen gefunden werden können. Ganz anders sei es in der aktuellen Bundesregierung, "anstatt zu handeln wird nur gestritten".
Zentrales Ziel sei, die aktuelle Bundesregierung abzulösen. Dazu könne er am besten in seiner aktuellen Funktion als NRW-Ministerpräsident beitragen. Denn die schwarz-grüne Landesregierung - so wird durch seine Ausführungen deutlich - versteht er als erfolgreiches Gegenmodell.
"Persönliche Gedanken"
Dann leitet Wüst zu "einigen persönlichen Gedanken" über und listet auf, wer ihn in den vergangenen Monaten zur Kanzlerkandidatur ermutigt habe. Es ist eine lange Liste geworden:
Natürlich habe er in den vergangenen Monaten wahrgenommen, dass Menschen sich wünschten, dass er persönlich auch über Nordrhein-Westfalen hinaus Verantwortung übernehme. "Dass es viele Menschen gibt, die sich wünschen, dass ich nicht nur über die Ministerpräsidentenkonferenz oder den Bundesrat Einfluss auf die Bundespolitik nehme", so Wüst.
Es lasse ihn nicht unberührt, wenn viele Mitstreiter und Mitglieder aus verschiedenen Landesverbänden der Partei "mich ermutigen, noch stärker in der Bundespolitik mitzugestalten. Es lässt einen auch nicht unbeeindruckt, wenn Vertreter aus Wirtschaft und Gesellschaft auf einen zugehen und sagen: Meine Unterstützung haben Sie." Und es freue ihn sehr, "wenn Umfragen eine hohe Zustimmung zu meiner Person und meinem Politikstil ausweisen – nicht nur unter CDU-Mitgliedern, sondern auch in der breiten Bevölkerung", erklärte Wüst.
Sag niemals "nie, nie"
In Anlehnung an eine vehemente Ablehnung der damaligen NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), "nie, nie" nach Berlin gehen zu wollen, sagte Wüst nun: "Man sollte niemals 'nie, nie' sagen", denn ein Ministerpräsident von NRW sei immer ein möglicher Kanzlerkandidat.
Das war wohl mehr als ein historischer Exkurs, sondern kann auch als Hinweis für die Zukunft verstanden werden. Denn bei seinem Verzicht erklärte der 49-Jährige, "unter den gegebenen Umständen für die Kanzlerkandidatur der Union bei der Bundestagswahl 2025 nicht zur Verfügung" zu stehen. Seine Aufgaben lägen in Nordrhein-Westfalen.
Unterstützung für Merz
Konsequenterweise unterstützt Wüst nun ausdrücklich die Kanzlerkandidatur von Friedrich Merz. Den Landesvorstand habe er gleichzeitig mit seinem Verzicht gebeten, "unseren Bundesvorsitzenden Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten zu unterstützen". Dafür habe es großen Zuspruch gegeben. "Ein klares Signal für die Geschlossenheit der deutschen Christdemokratie geht heute aus von der CDU Nordrhein-Westfalen."
Dann lobt Hendrik Wüst den Bundesvorsitzenden Merz in den höchsten Tönen: "Er war bereit, in einer für die deutsche Christdemokratie sehr schwierigen Zeit die Führung und damit das Ruder zu übernehmen." Er habe die Partei "wieder geeint und in ruhiges Fahrwasser gebracht". Merz habe die Parteiorganisation neu aufgebaut, und die Bundestagsfraktion oppositionsfähig gemacht.
Nun müssten CDU und CSU "auf Augenhöhe" eine Entscheidung zur Kanzlerkandidatur treffen. "Friedrich Merz und Markus Söder werden das wie vereinbart angehen", sagte Wüst zum weiteren Verfahren der Kandidatenkür und stellte klar: "Ich würde mich sehr freuen, wenn auch die CSU Friedrich Merz als gemeinsamen und starken Kandidaten unterstützt."
Beginn einer Unterstützungswelle?
Die Erklärung von NRW-Ministerpräsident Wüst steht am Auftakt einer Woche mit interessanten Terminen und könnte auch bei anderen CDU-Landesverbänden eine Unterstützungswelle lostreten. Am Dienstag gibt es beispielsweise in Kiel eine gemeinsame Sitzung der Kabinette aus NRW und Schleswig-Holstein. Es könnte eine gute Bühne sein für den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) sich ebenfalls zu positionieren.
Dann gäbe es für Friedrich Merz bereits aus zwei Landesverbänden Rückenwind. Den könnte er gut brauchen. Denn am Mittwoch wird der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder auf der Klausurtagung der CSU-Fraktion im Kloster Banz eine Rede halten. Und am Sonntag wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt.
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 16.09.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.