Wenn sich ein Ministerpräsident aus Nordrhein-Westfalen und der Oberbürgermeister aus München zufällig im fernen Tokio treffen, muss es sich um einen Ort von besonderem Interesse handeln. Und tatsächlich: Im Avatar Robot Café geben sich Besucher aus aller Welt die Klinke in die Hand, so auch Hendrik Wüst (CDU) und Dieter Reiter (SPD). Die beiden Politiker aus Deutschland interessieren sich für ein Inklusionsprojekt, das es so wohl nur hier gibt.
In diesem Café an einer belebten Straßenkreuzung in Tokio bedienen Roboter die Gäste, nehmen Bestellungen auf und bringen Essen und Getränke an den Tisch. Gesteuert werden die Maschinen dabei von Menschen, die zum Teil hunderte Kilometer weit weg sind. Menschen mit schweren körperlichen Einschränkungen, die von ihrer Wohnung aus mit den Gästen in Tokio sprechen können. Digitale Technik und Robotik machen es möglich.
Sozialer Kontakt über die Ferne
Ausgedacht hat sich das Kentaro Yoshifuji. Der 35-jährige Robotik-Experte hat früher selbst Erfahrungen mit Schulschwänzen und sozialer Isolation gemacht. Die Einsamkeit von Menschen zu bekämpfen, hat er sich deshalb zum Ziel gesetzt: Alle sollen teilhaben.
Yoshifuji möchte seine Idee gern wachsen sehen, in Japan und weltweit. "Auf der Welt gibt es auch andere Kinder, denen es so geht wie mir, die auch nicht arbeiten können. Und deshalb möchte ich gerne diese Ideen verbreiten." Die Technik schlägt dabei die Brücke zwischen den Gästen vor Ort und den digitalen Kellnern daheim. Mühelos lässt sich mit den Roboter-Piloten sprechen, auch auf Englisch.
Dabei geht es nicht nur um die Bestellung, sondern auch um Konversation. Während des Essens können sich die Menschen vor Ort mit denen in der Ferne unterhalten. Auf einem Bildschirm am Tisch erscheint die Speisekarte, der kleine Roboter am Tischende bewegt den Kopf und die Arme. So geht Sozialkontakt auf Distanz. Ministerpräsident Wüst ist bei seinem Besuch sichtlich fasziniert:
Ideen für die alternde Gesellschaft
Die japanische Gesellschaft ist sehr alt, gemessen am Durchschnittsalter von 48,7 Jahren (2022) ist es die älteste Industriegesellschaft der Welt. Das ist ein Grund, warum Einsamkeit in dem Inselstaat ein großes Thema für die Politik ist. Aber eben nicht nur im hohen Alter leiden die Menschen daran, Einsamkeit und sozialer Rückzug können auch junge Leute erfassen. In einer auf Leistungsbereitschaft und Effizienz getrimmten Kultur kommen eben nicht alle mit.
In seiner Regierungserklärung hat sich der CDU-Politiker Wüst den Kampf gegen soziale Einsamkeit verordnet. Denn auch in Nordrhein-Westfalen wird die Gesellschaft älter, machen Menschen zunehmend Isolationserfahrungen. Die Reise nach Japan, seine erste größere internationale Tour als Ministerpräsident, liefert einige aufschlussreiche Eindrücke. Auch ein Projekt, das sich um Kinder kümmert, die nicht mehr in die Schule gehen, stand auf dem Programm.
Enge Verbindung zu Japan
Die weiteren Themen sind der Ausbau erneuerbarer Energien, Kooperationen zwischen Hochschulen in NRW und Japan und die Pflege der traditionell engen Beziehungen zwischen dem Bundesland und Japan. Immerhin leben etwa 11.000 Japaner an Rhein und Ruhr, besonders Düsseldorf ist mit 7.000 eine Hochburg, hier haben auch etliche Firmen aus Nippon Niederlassungen.
Über dieses Thema berichten wir auch in der Sendung Westblick bei WDR5 und im WDR Fernsehen in der Sendung Aktuelle Stunde.