Während in Berlin noch darüber diskutiert wird, ob und wie die Marke von 400.000 neu gebauten Wohnungen in diesem Jahr erreichbar ist, steht in Düsseldorf schon fest, dass NRW seine Ziele für 2022 verfehlen wird.
51.000 neue Wohnungen pro Jahr hatte NRW-Bauminsterin Ina Scharrenbach (CDU) ursprünglich als Ziel bis 2025 formuliert. Doch diese Marke sei in diesem Jahr kaum mehr erreichbar, erklärte Scharrenbach Ende September - und macht dafür auch den Bund verantwortlich: "Wir würden gerne mehr planen und genehmigen, aber dafür brauchen wir an allen Ecken Erleichterungen im Baugesetzbuch."
Wohngipfel in Berlin mit konkreten Maßnahmen
Doch die könnten nun kommen. Das vom Bund initiierte "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" hat am Mittwoch ein 67-seitiges Papier mit 187 Maßnahmen vorgestellt. Dadurch sollen etwa Baukosten gedrückt werden, Planung und Genehmigung entbürokratisiert oder bestehende Bauflächen und Gebäude besser genutzt werden. Gleichzeit soll der Wohnungsbau aber auch aktuelle Klimaschutzanforderungen in den Blick nehmen.
"Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum", betonte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung eines Maßnahmenpakets. An dem jährlichen Ausbauziel von 400.000 Wohnungen will Scholz festhalten. "Das muss ausdrücklich gesagt werden."
In den vergangenen Jahren sei viel zu wenig investiert worden, hatte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) bereits vor dem Gipfel im Deutschlandfunk betont. "Und deswegen muss hier Druck auf dem Kessel sein, damit wir endlich diese Schritte gehen, die komplette Digitalisierung vom Bauantrag, über die Planung bis hin zu natürlich neuer Technik auf unseren Baustellen."
Die Bauwirtschaft wäre dazu bereit: "Wir brauchen mehr Wohnraum. Und da muss man neue Wege finden", erklärte Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes NRW, gegenüber dem WDR.
Scharrenbach für "sichere Rahmenbedingungen"
Und auch NRW-Bauministerin Scharrenbach begrüßte die in Berlin vorgestellten Maßnahmen: "Steigende Heiz- und Strompreise, anziehende Baupreise, Engpässe bei Baumaterialien und Handwerksfirmen, steigende Zinsen, hohe Inflation, unklare bundespolitische Vorgaben zur Förderung der Energieeffizienz bei Gebäuden: Derzeit prasselt nahezu alles auf den Wohnungsmarkt ein. In unsicheren Zeiten braucht es sichere Rahmenbedingungen." Voraussichtlich Ende November wollen sich die Bauministerinnen und Bauminister der Bundesländer zu einer Sonderkonferenz treffen, um die nun vorgeschlagenen Maßnahmen aufzugreifen.
Wohnen in ehemaligen Büros
Einige dieser Maßnahmen sehen vor, dass bereits vorhandene Strukturen besser genutzt werden, also etwa ehemalige Büros zu Wohnungen umgebaut oder Plattenbauten aufgestockt werden sollten.
Eigentlich hatte sich die Bundesregierung auch zum Ziel gesetzt, 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr bauen zu lassen. "Erste Bundesländer sind so weit, dass der Anteil der Sozialwohnungen steigt", erklärte Bundesbauministerin Geywitz. Aber die seit Monaten stark gestiegenen Baupreise haben viele gewerbliche und private Hausbauer veranlasst, von ihren Projekten zurückzutreten.
Weniger Sozialwohnungen in NRW
Das spürt auch NRW. Hier sind im vergangenen Jahr nur gut 5.200 neue Sozialwohnungen für Mieter mit niedrigem Einkommen neu entstanden - und damit weniger als in den Vorjahren. Allerdings sei 2021 mit Corona und Flut auch ein "Katastrophenjahr" für NRW gewesen, so Scharrenbach. Dennoch hätte die Landesregierung ihr Ziel erreicht: Es seien ungefähr so viele neue Sozialwohnungen entstanden, wie auf der anderen Seite aus der befristeten Mietpreisbindung herausfielen.
Um die Zahl der Sozialwohnungen dennoch deutlich zu erhöhen, hat das Land bereits angekündigt, dass die Wohnraumförderung für alle im Vorjahr bewilligten Bauvorhaben für Sozialwohnungen nochmal um 20 Prozent aufgestockt werden können. Dafür hat das Land seine eigenen Mittel von rund 970 Millionen auf rund 1,3 Milliarden Euro in diesem Jahr erhöht.
Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe reicht das aber noch lange nicht. In vielen städtischen Ballungsräumen hätten fast 50 Prozent der Haushalte einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. "Für diese Gruppe gibt es deutlich zu wenige Sozialwohnungen", kritisierte die BAG.
Der Bauindustrieverband NRW befürchtet bereits, dass die Neubauziele auch im kommenden Jahr verfehlt werden könnten. "Wir gehen aber davon aus, dass spätestens im übernächsten Jahr 2024 wieder ein Schub kommt", erklärt Hauptgeschäftsführerin Beate Wiemann. Allerdings müssten auch die vorhandenen Gebäude in den Fokus genommen werden. Denn die nächste große Herausforderung werde sein, die Bestandsgebäude auf einen klimaneutralen Stand zu bringen.