CDU und Grüne wollten am Nachmittag mit ihrer Regierungsmehrheit im Landtag das sogenannte Bürgerenergiegesetz für Nordrhein-Westfalen beschließen. Damit werden die Betreiber von Windparks verpflichtet, Anwohner und Gemeinden an dem Ertrag zu beteiligen, der durch den Verkauf des Wind-Stroms entsteht.
Weil die Regierungsfraktionen noch kurzfristig Änderungen am Gesetz vorgenommen hatten, hatten die Oppositionsfraktionen von SPD und FDP kurzfristig eine dritte Lesung beantragt. Statt wie geplant am Mittwoch soll das Gesetz deshalb nun am Freitag verabschiedet werden. In Kraft treten soll es zum 1. Januar.
Neubaur: "Kluge Form von Wirtschaftspolitik"
Sie wolle, "dass da, wo Windräder sich drehen, Geld für die Kommunen entsteht, das zusätzlich in die Haushalte kommt. Wir glauben, dass das eine kluge Form von Wirtschaftspolitik ist", hatte Wirtschafts- und Energieministerin Mona Neubaur (Grüne) bei der Einbringung des Gesetzes in den Landtag vor einigen Wochen gesagt.
Bereits jetzt ist bundesweit die Beteiligung an Windparks möglich - allerdings ist diese freiwillig. Das neue Bürgerenergiegesetz schreibt diese Beteiligung in Zukunft für NRW verpflichtend vor. So soll die Akzeptanz für Windräder vor Ort gesteigert werden.
Beteiligung künftig verpflichtend
Spätestens sechs Monate, nachdem ein Windpark genehmigt ist, muss demnach der Betreiber den örtlichen Behörden ein entsprechendes Konzept vorlegen. Mit diesem sind die Berechtigten "finanziell angemessen am Ertrag des Vorhabens zu beteiligen", heißt es in dem Gesetz. Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Kommunen sollten dem Konzept zustimmen und haben Mitspracherechte.
Für den Fall, dass es keine Einigung gibt, greift eine Ersatzbeteiligung: Dann muss der Windparkbetreiber 20 Jahre lang 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Strom an die Standortgemeinden abgeben. Außerdem muss er eine Beteiligung am Windpark anbieten. Wenn der Windparkbetreiber dem nicht nachkommt, kann er von der Behörde zu einer Art Strafzahlung verpflichtet werden: Diese liegt 20 Jahre lang bei 0,8 Cent pro Kilowattstunde, die der Windpark ins Stromnetz einspeist.
Stinka: "Handwerklich schlecht gemacht"
Die Opposition kritisiert das Vorhaben: Das Bürgerenergiegesetz sei "handwerklich schlecht gemacht und inhaltlich zu kurz gesprungen", moniert André Stinka, der Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Er forderte, dass Anwohnerinnen und Anwohner in der Nähe von Windrädern quasi automatisch beteiligt werden - beispielsweise über einen niedrigeren Strompreis. Das Gesetz der Landesregierung sieht vergünstigte Strompreise zwar ausdrücklich vor - aber als eine Möglichkeit neben mehreren anderen. Stinka befürchtet, dass billiger Strom "mangels Priorisierung gegenüber anderen Beteiligungsformen aber in der Praxis kaum zum Tragen kommen werden".
Beteiligung soll individuell gestaltet werden
Schwarz-grün ermöglicht neben den günstigeren Stromtarifen beispielsweise auch den Kauf von Windrädern, die Beteiligung an der Projektgesellschaft oder Pauschalzahlungen an die Menschen. Die genaue Form der Beteiligung sollen die Berechtigten mit den Betreibern abstimmen. "Wir möchten keinen in ein Korsett drängen, das ist ein guter Weg" wies Christian Untrieser (CDU) die SPD-Kritik zurück.
"CDU und Grüne gefährden mit ihrem Verhalten den Windenergieausbau in NRW", kritisierte Dietmar Brockes, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Er spricht von Standortnachteilen. "Die Windenergie-Projektierer sollen verpflichtet werden, klamme CDU-Kommunalkassen zu füllen, anstatt dass die Landesregierung die Kommunen ausreichend mit eigenen Landesmitteln versorgt", bemängelte er mit Blick auf die angespannte Haushaltslage.