In NRW gibt es so viele neue Windräder wie in keinem anderen Land | WDR Aktuell 00:32 Min. Verfügbar bis 10.01.2027

2024: In NRW gibt es so viele neue Windräder wie in keinem anderen Land

Stand: 10.01.2025, 10:00 Uhr

Die schwarz-grüne Landesregierung will mehr Windräder. 2024 liegt sie bei den Ausbauzahlen erstmals an der Spitze.

Von Tobias Zacher

Vergangenes Jahr sind in Nordrhein-Westfalen so viele Windräder neu in Betrieb genommen worden wie zuletzt vor sieben Jahren. Das geht aus vorläufigen Zahlen der Fachagentur Wind und Solar hervor, die der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE) am Freitag in Düsseldorf vorstellte.

Demnach gingen 2024 landesweit 154 neue Windräder ans Netz. Das ist so viel wie in keinem anderen Bundesland. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das für NRW ein Zubau-Plus von knapp 34 Prozent. 2023 lag die Zahl der neuen Windräder noch bei 115.

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LEE: "NRW bundesweit Windenergieland Nummer eins"

Der Branchenverband zeigte sich zufrieden: "Was vor Jahren noch undenkbar war, ist heute Fakt: NRW ist bundesweit das Windenergie-Land Nummer eins", sagte Hans-Josef Vogel, der Vorsitzende des LEE NRW. Mona Neubaur, die Wirtschafts- und Energieministerin der Grünen, sieht die Zahlen als Bestätigung - sie seien "ein Beleg dafür, dass wir den richtigen Kurs eingeschlagen haben. Seit dem Sommer 2022 haben wir systematisch über alle politischen Ebenen hinweg daran gearbeitet, Hürden abzubauen und sehen nun die ersten Erfolge", teilte sie dem WDR mit.

Gleichzeitig behalte man die "Interessen vor Ort im Blick." Als Beispiel nannte sie das Bürgerenergiegesetz, das vorschreibt, dass Menschen in der Nähe von Windrädern finanziell davon profitieren müssen.

Inzwischen können Windräder in NRW offenbar schneller gebaut werden, weil die Genehmigungsverfahren zügiger abliefen. Laut LEE NRW hat sich diese Frist im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 17 Monate statistisch verkürzt. Im Jahr zuvor hatte die durchschnittliche Dauer eines Windrad-Genehmigungsverfahrens noch bei knapp 25 Monaten gelegen.

Dazu habe auch beigetragen, dass die Windenergie auf Bundes- und Landesebene als "überragendes öffentliches Interesse" verankert wurde. "Die Entbürokratisierung wirkt. Es ist noch mehr drin, wie einzelne Verfahren mit einer Dauer von nur neun Monaten zeigen", kommentierte Vogel. Sein Verband setzt sich für die Interessen der Unternehmen in der Erneuerbaren-Energien-Branche ein.

Im Kreis Paderborn stehen die meisten Windräder in NRW

Beim Blick auf die räumliche Verteilung fällt auf, dass der Kreis Paderborn in NRW weiterhin einsame Spitze in Sachen in Windenergie ist: Hier wurden vergangenes Jahr die meisten neuen Anlagen aufgestellt (25), hier stehen schon seit Jahren auch insgesamt die meisten Windräder (527). Eine vergleichsweise starke Zunahme verzeichnete der Kreis Minden-Lübbecke: Er liegt im NRW-Vergleich der installierten Turbinen im Mittelfeld, im vergangenen Jahr erreichte er aber bei den Zubau-Zahlen Platz drei - gemeinsam mit dem Hochsauerlandkreis, dem Rhein-Erft-Kreis und dem Kreis Borken.

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Betrachtet man die Ebene der Regierungsbezirke, so liegen Detmold (48) und Münster (43) bei neuen Windrädern im vergangenen Jahr mit Abstand vor Köln (23), Arnsberg (22) und Düsseldorf (18).

Schwarz-grün: Tausend-Windräder-Ziel in Sicht?

Die schwarz-grüne Landesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, dass bis zum Ende der Legislaturperiode tausend neue Windräder in NRW entstehen sollen. Ob dieses Ziel erreicht wird, ist ungewiss: Rechnerisch entspricht das 200 Windrädern pro Jahr, dieser Wert wurde auch 2024 nicht erreicht.

Jedoch wurden vergangenes Jahr 680 neue Windräder genehmigt. Sie können nun gebaut werden. "Jetzt kommt es darauf an, den Schwung beizubehalten und die Zahl der installierten Anlagen weiter zu steigern", teilte Wirtschafts- und Energieministerin Mona Neubaur (Grüne) dem WDR mit. "Wir arbeiten dazu an vielen Stellschrauben und ich bin zuversichtlich, dass wir unser Ziel von 1.000 neuen Windenergieanlagen bis 2027 erreichen werden", so Neubaur. Laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur sind seit Antritt der Landesregierung aus CDU und Grünen vor zweieinhalb Jahren mehr als 340 Windräder in NRW in Betrieb gegangen.

Mehr Strom mit weniger Windrädern

Im vergangenen Jahr wurden nicht nur 154 Windräder neu gebaut, sondern auch 117 alte Windräder stillgelegt. Jedoch bringen die neuen Windräder rund sechsmal mehr Leistung als diejenigen, die zurückgebaut wurden. Weil sie immer effizienter werden, ist heutzutage die Erzeugung von mehr Strom durch weniger Windräder möglich.

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Die neuen Turbinen aus 2024 haben eine Leistung von zusammen 748 Megawatt (MW). Das ist fast Rekord: Nur im Jahr 2017 gab es in NRW ein noch größeren Zuwachs an Windstrom-Leistung (881 MW). Im bundesweiten Vergleich liegt NRW damit beim Windenergie-Ausbau auf Platz eins - zum ersten Mal überhaupt. Dieser Trend hatte sich bereits Mitte 2024 abgezeichnet.

Den ersten Platz auf dem Siegertreppchen hält NRW allerdings nur für die im Jahr 2024 installierte Leistung. Bei der insgesamt installierten Windkraft-Leistung liegt Niedersachsen weit vorne, dahinter folgen mit deutlichem Abstand Brandenburg und dann NRW auf Platz 3.

Kritik an Regionalplanung

Der Geschäftsführer des Windrad-Planungsbüros Westfalenwind, Andreas Düser, warnte vor einem Ende dieser Entwicklung. Die Branche brauche "rechtssichere und für die moderne Windenergietechnologie nutzbare Flächen, um so für Investoren und Betreiber Planungssicherheit zu schaffen sowie den Windenergieausbau weiter voranzubringen", sagte er.

Genau die stehen aus seiner Sicht aber in Frage: Nach seinen Angaben würden derzeit in den Planungsbezirken Köln und Münster Flächen für die Windenergie ausgewiesen, auf denen sich die Anlagen gar nicht wirtschaftlich betreiben lassen. Die zuständigen Bezirksregierungen weisen diesen Vorwurf zurück.

Die oppositionelle SPD spricht von einem "Planungschaos". André Stinka, der energiepolitische Sprecher der Fraktion, teilte mit: "Ob im Landesentwicklungsplan oder im Landesplanungsgesetz: Die Versuche der CDU, die Windkraft in Nordrhein-Westfalen planungsrechtlich zu sabotieren, sind dort gescheitert. Leider haben sie dennoch Wirkung entfaltet und zur Zurückstellung von rund 90 Windvorhaben geführt."

Unsere Quellen:

  • Pressekonferenz des LEE
  • Statement Mona Neubaur
  • Berechnungen der Fachagentur Wind und Solar
  • Pressemitteilung des LEE
  • Eigene Recherche