Man könnte Josef Neumann als einen der letzten politischen Underdogs bezeichnen. Der in Polen geborene Abgeordnete hat einen Werdegang ungleich vieler seiner Amtskollegen.
Drei Berufsausbildungen
Das fängt an beim Bildungsweg. Nach dem Hauptschulabschluss hat er eine Ausbildung zum Beton- und Terrazzohersteller gemacht, dann eine zweite in der Heilerziehungspflege und eine weitere zum Organisationssekretär. Auf die Frage, ob festlegen nicht so seine Sache ist, lacht er: "Man muss was ausprobieren im Leben". Ihn habe immer ein Hunger nach Mehr getrieben.
Politisch geprägt hat ihn vor allem die Ostpolitik von Willy Brandt. Ohne die sei er heute nicht hier, sagt der Abgeordnete. In der SPD ist Neumann seit 1978. Sein Wahlkreis Wuppertal III - Solingen II hat ihn bei der letzten Landtagswahl zum vierten Mal ins Parlament gewählt. Dort beschäftigt er sich mit seinen Herzensthemen: Als Vorsitzender im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales und als Mitglied im Ausschuss für Europa und Soziales.
Reisen in Kriegsgebiete
Durch seine Biografie hat Josef Neumann besonderes Interesse an Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund. Seine Familie kommt aus Polen, er sei in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und im Alter von 10 Jahren nach Westdeutschland gekommen, sagt er. Das präge den Sozialdemokraten. Er setze sich für Menschen ein, denn er "habe gelernt, dass man das, was man bekommen hat, auch weitergeben sollte".
In den vergangenen Jahren war er unterwegs in Syrien und der Ukraine. Nach dem russischen Angriffskrieg sei er einer der ersten an der polnisch-ukrainischen Grenze gewesen. Die Bilder von tausenden flüchtenden Frauen mit ihren Kindern und von Menschen mit Behinderung hätten ihn nicht losgelassen. Für die Menschen, die herkommen, wolle er berufliche Perspektiven schaffen. Es gehe vor allem um konkrete Angebote.
In Syrien sei ihm die Wichtigkeit von humanitärer Hilfe klar geworden. Man müsse den Menschen vor Ort eine Perspektive und Hoffnung geben. Wenn die Infrastruktur nicht stimme, seien Menschen gezwungen zu fliehen. Durch humanitäre Hilfe könne man hier gegensteuern und damit auch die Konflikte angehen, die es zu Flüchtlingen in der Gesellschaft gäbe.
Sozialpolitiker durch und durch
Den Konflikt, den sein Engagement auslösen könnte, scheue Neumann nicht. Den gegen die eigene Parteispitze offenbar auch nicht: Er stellt sich teils klar gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Neumann kritisiert die zurzeit geplanten Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich von Langzeitarbeitslosigkeit und bei jungen Menschen. "Ein sozialdemokratischer Kanzler sollte seine Stimme erheben, damit nicht gespart wird", sagt Josef Neumann. Die Menschen bräuchten Perspektiven.