Ein Jahr ist es her, dass ein Polizeieinsatz in Dortmund aus dem Ruder lief. Ein junger Senegalese drohte damals damit, sich umzubringen. Er hat ein Messer in der Hand und löste damit einen Großeinsatz der Polizei aus. Zwölf Beamte rücken an, einer erschießt den jungen Mann später mit seiner Maschinenpistole. Noch immer ist völlig unklar, wie genau der Einsatz ablief.
Mehrere Bodycams in einem Einsatz - alles ausgeschaltet
Dabei hatten die Polizisten eine Bodycam an der Uniform. Es könnte Bilder vom Ablauf des Einsatzes aus mehreren Perspektiven geben. Doch alle Kameras waren ausgeschaltet.
Seit Ende April 2023 gibt es als Konsequenz aus den tödlichen Polizei-Schüssen in NRW eine Pflicht, Bodycams zu tragen. Aber: Eine Einschaltpflicht gibt es aus rechtlichen Gründen nicht.
Die Gewerkschaft der Polizei kritisiert, dass noch immer nicht klar ist, wann Polizisten ihre Bodycam einschalten sollen. Im Polizeigesetz des Landes heißt es, der Polizeibeamte entscheide vor Ort anhand der Umstände, ob er die Bodycam aktiviere oder nicht. Auch die FDP-Opposition im Landtag wünscht sich da mehr Klarheit: "Die Beamtinnen und Beamten werden durch den Innenminister völlig allein gelassen. Da bedarf es dringend Klarheit", sagt Marc Lürbke, der innenpolitische Sprecher der NRW-Liberalen.
"Die Beamten können erkennen, wann der Einsatz einer Bodycam sinnvoll ist."
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) lässt das nicht gelten: "Die Beamten können erkennen, wann der Einsatz einer Bodycam sinnvoll ist. Das traue ich ihnen zu." Seine grünen Koalitionspartner sind beim Thema Bodycams zögerlich. Sie wollen ein Ausweiten von Aufnahmen möglichst verhindern, sehen Bürgerrechte in Gefahr. Dabei gebe es einfache technische Möglichkeiten, Persönlichkeitsrechte und den Einsatz der Bodycams zu gewährleisten. Der Hersteller bietet ein System an, bei dem die Kamera per Bluetooth mit dem Holster verbunden ist. Zieht ein Polizist Waffe oder Taser, würde die Aufnahme automatisch starten.
Unklar, ob und wann es andere Vorgaben für den Einsatz von Bodycams in NRW gibt
Auch Pre-Recording ist technisch möglich. Dabei läuft die Kamera ständig, überspielt das Material aber direkt wieder. Nur wenn ein Beamter die Aufnahme startet, sind die letzten ein bis zwei Minuten direkt mitgesichert. Die Bundespolizei nutzt das längst, zum Beispiel in Bahnhöfen. Die NRW-Polizei auf dem Bahnhofsvorplatz darf das nicht.
NRW-Innenminister Reul sieht in Sachen Bodycam noch "Luft nach oben". Er lässt aber offen, ob und wann es zu Änderungen im Polizeigesetz kommen wird.