Es ist ein leidiges Dauerthema in NRW: Viele Straßen und vor allem Brücken sind in miserablem Zustand. Tempolimits wegen Bauschäden oder direkt ganze Sperrungen sorgen seit Jahren für viele Kilometer Stau täglich.
Die Straßeninfrastruktur NRWs sei "in die Jahre gekommen", sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) am Donnerstag. So hätten allein die knapp 6.800 Brücken im Land ein Durchschnittsalter von 50 Jahren. Ein Drittel der 16.500 Kilometer Straßen seien sanierungsbedürftig.
Viele Brücken 50 Jahre und älter
Die Ursachen lägen auf der Hand: Zum einen habe vor allem der Güterverkehr in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. LKW sind heute viel größer, länger und schwerer. Vor 50 Jahren, als der größte Teil der vorhandenen Brücken geplant wurde, habe sich niemand vorstellen können, dass LKW irgendwann mal so groß und schwer sein würden, wie es heute der Fall ist. Zudem sei aber auch über Jahrzehnte zu wenig in den Erhalt der Straßeninfrastruktur investiert worden.
Das Ergebnis sind Totalschäden wie etwa die Rahmedetalbrücke der A45 bei Lüdenscheid, die jahrelang gesperrt war und nun komplett neu gebaut wird. Oder die A1-Brücke bei Leverkusen, über die der Verkehr seit Jahren nur mit 60 Stundenkilometern rollen darf. LKW müssen seitdem Umwege fahren.
Krischers Offensive ist ehrgeizig
- Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll der Anteil der besonders schlechten Straßen (derzeit 36 %) durch Sanierungsmaßnahmen auf null reduziert werden. Für mehr Personal soll auch die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH DEGES verstärkt mit eingebunden werden.
- Im Rahmen eines Brückenerneuerungsprogramms sollen ebenfalls in den nächsten zehn Jahren 400 Brücken erneuert werden. 16 Brücken seien bereits im Neubau, 35 weitere Projekte sollen im nächsten Jahr starten.
- Für die 39 Tunnel, die das Land betreut, soll es ein neues, "vorausschauendes Lifecycle-Management" eingeführt werden. Die meisten Tunnel seien nämlich baulich in Ordnung, allerdings mache die Sicherheitstechnik vielerorts Probleme. Die derzeitigen Systeme seien für höchstens 15 Jahre ausgelegt, oft komme es zu Ausfällen.
- Brücken sollen in einfacherer Standardbauweise geplant werden, damit es schneller geht: "Wir wollen gerne schöne Brücken bauen", sagte Krischer, aber wenn die Zeit dazu fehle, müsste eben "schnell und effizient" gebaut werden.
Baufirmen schwer zu finden
Das Ganze werde "kein Sprint, sondern ein Marathon", sagte Krischer. 213 Millionen Euro hat das Ministerium allein für die Instandsetzung der Tunnelbauwerke im Bereich der Bundes- und Landesstraßen bis 2030 kalkuliert.
Erschwert werde die Umsetzung allerdings durch die knappe Situation in der Bauwirtschaft. So gebe es nur drei Unternehmen, die für die Tunnelsanierung in Frage kämen, sagte die technische Direktorin beim Landesbetrieb Straßen.NRW, Petra Beckefeld: "Wir hoffen, dass wir Firmen finden."
NRW-Verkehrsminister Krischer streitet seit längerem mit seinem Kollegen auf Bundesebene. Während Krischer für NRW die Parole "Erhalt vor Neubau" ausgibt, will Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) neue Straßen bauen. Allein in NRW sollen nach seinen Plänen 66 Straßenbauprojekte schneller gebaut werden, als bisher geplant.