Nach dem angekündigten Rückzug von Thomas Kutschaty steht nun fest, wer künftig die SPD-Fraktion im NRW-Landtag anführen wird. In einer internen Sitzung wurde am Dienstag Jochen Ott zum neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt. Er bekam 29 der 55 Stimmen im ersten Wahlgang und erreichte damit direkt die absolute Mehrheit. Neben Ott hatten noch Sarah Philipp und Sven Wolf kandidiert.
Der 49-Jährige war bislang einer von fünf Stellvertretern Kutschatys. Ott kommt aus Köln und ist als ehemaliger Lehrer unter anderem für Schulthemen verantwortlich. Vor seinem Einzug in den Landtag 2010 hatte er an der Gesamtschule in Brühl Geschichte, Sozialwissenschaften und katholische Religion unterrichtet.
Oppositionsführer gegen Wüst
Als neuer SPD-Fraktionsvorsitzender hat Ott in den kommenden Jahren die Aufgabe, die größte Oppositionsfraktion im Landtag neu aufzustellen und in der täglichen Auseinandersetzung Alternativen zur Landesregierung von CDU und Grünen aufzuzeigen. Bei großen politischen Reden im Landtag gilt er nun als direkter Widersacher von Ministerpräsident Hendrik Wüst. Zudem dürfte er ein möglicher Herausforderer Wüsts bei der nächsten Landtagswahl in vier Jahren sein.
In seinem ersten Statement gab er sich am Dienstag gleich angriffslustig. Schwarz-Grün wolle in NRW "möglichst geräuschlos nicht auffallen", sagte er. "Da ist eine Opposition gefragt, die mit Emotion und Leidenschaft und auch mit Angriffsbewusstsein diese Regierung stellt." Die SPD werde für CDU und Grüne "mit Sicherheit an vielen Stellen zu einer Zumutung werden". "Es braucht in diesem Parlament zu der sehr gemächlichen Art des Ministerpräsidenten eine klare Ansage."
Inhaltlich stellte der neue Fraktionschef in Aussicht, dass die soziale Frage "das Kern- und Herzensthema der Sozialdemokratie" bleibe. Die SPD werde aber nur dann in der Öffentlichkeit durchkommen, "wenn wir uns auf wenige klare Themen verständigen (...) und da dann Akzente setzt und Duftmarken in die Welt bringt".
Rückzug Kutschatys damit komplett
Die Wahl war nötig geworden, weil Kutschaty im März infolge einer strittigen Personalie zunächst den Chefsessel der Landespartei geräumt und kurz darauf auch seinen Rückzug als Fraktionsvorsitzender angekündigt hatte. Nach der verlorenen Landtagswahl vor rund einem Jahr galt der Essener schon länger als angeschlagen. Die Partei wählt Ende August ihre neue Führung. Wer das sein wird, ist noch offen.
Ott machte am Dienstag bereits klar, dass er neben dem Fraktionsvorsitz nicht auch noch die Führung der NRW-SPD anstrebe. Er gehe nicht davon aus, "dass es ein richtiger Weg ist, jetzt in der Situation der SPD alles in einer Hand zu vereinen". Die SPD müsse nun "mit einem starken Team" antreten.