Schulen am Limit - Zu viele Flüchtlingskinder, zu wenig Hilfe

Stand: 15.01.2023, 16:35 Uhr

Mehr als 36.000 ukrainische Kinder und Jugendliche werden in NRW inzwischen unterrichtet - trotz Personal- und Platzmangel. Ein großer Erfolg, aber die Schulen sehen sich am Limit.

Von Petra Dierks und Anne Bielefeld

Die Grundschulen in Sprockhövel sind voll. 820 Kinder gehen dort zur Schule, 41 von ihnen sind aus Kriegsgebieten geflüchtet. Hilfsorganisationen rechnen damit, dass in diesem Winter noch viel mehr Menschen aus der Ukraine nach Deutschland kommen.

Schulleitungen auch in anderen Städten in NRW sagen, es fehlen Personal und Räumlichkeiten. Außerdem seien die Mitarbeitenden nicht auf so viele kriegstraumatisierte Kinder vorbereitet. Die Kinder hätten oft Schlimmes erlebt. Deshalb brauche es viel mehr psychosoziale Unterstützung. Die Nachfrage sei enorm.

Schulen bekommen keine lange Vorbereitung

Doch Hilfsorganisationen rechnen damit, dass in diesem Winter noch viel mehr Menschen aus der Ukraine nach Deutschland kommen. Schulleiterin Ulrike Böller sagt, es fehlen Personal und Räumlichkeiten: „Es ist ja nicht so, dass wir eine lange Vorbereitung haben, sondern das kommt über einen wie ein Erdbeben.“

Außerdem seien die Mitarbeitenden nicht auf so viele kriegstraumatisierte Kinder vorbereitet. Die Kinder hätten oft Schlimmes erlebt. Deshalb brauche es viel mehr psychosoziale Unterstützung. Die Nachfrage sei enorm.

Jedes dritte Kind auf der Warteliste aus der Ukraine

Ukrainische Kinder in Grundschule in Sprockhövel | Bildquelle: WDR

Aktuell warten mehr als 3250 Flüchtlingskinder aus verschiedenen Ländern auf einen Schulplatz, 1182 von ihnen kommen aus der Ukraine. Zwar hat das Land mittlerweile tausende Stellen geschaffen, um geflüchtete Kinder und Jugendliche unterrichten zu können. Doch auch diese Stellen sind schwer zu besetzen.

Darin sieht der Verband Bildung und Erziehung die größte Herausforderung. Vorsitzender Andreas Behlau erwartet: „Wenn die Stellen nicht besetzt werden können, wäre es sinnvoll, die Gelder den Schulen für andere notwendige Bereiche zur Verfügung zu stellen“

Soziale Kluft wird größer

Wenn tatsächlich noch mehr Menschen aus der Ukraine mit ihren Kindern nach Deutschland flüchten, sehen die Schulen sich nicht mehr in der Lage, das auch noch aufzufangen, sagt Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.

Der Lehrkräfte- und Raummangel sei bereits vor dem Krieg ein Riesenproblem gewesen. „In vielen Schulen werden Klassengrenzen überschritten, Unterrichtsausfall ist an der Tagesordnung – so kann die Bildungsteilhabe geflüchteter sowie benachteiligter Schülerinnen und Schüler nicht verbessert werden. Die soziale Kluft wird größer.“