So viel ist klar: Im Einklang mit dem Bundesinfektionsschutzgesetz starten die Schulen in NRW heute ohne Maskenpflicht ins neuen Schuljahr. Zumindest bis zum 30. September - bis dahin gilt das Gesetz - spricht NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) lediglich eine Empfehlung aus: Wer das möchte, kann in der Schule Maske tragen.
Im "Corona-Handlungskonzept", das Feller vor zwei Wochen an alle Schulen verschickt hat, heißt es explizit: "Aus dieser Empfehlung kann jedoch keine Verpflichtung zum Tragen einer Maske abgeleitet werden. Eine solche Verpflichtung kann zudem weder durch einen Beschluss der Schulkonferenz herbeigeführt werden noch ist das Hausrecht der Schulträger hierzu eine geeignete Rechtsgrundlage."
Anpassung vielleicht im Herbst
Ab 1. Oktober eröffnet das Infektionsschutzgesetz des Bundes den Ländern dann eigene Entscheidungsmöglichkeiten: Dann könnte auch in NRW eine Maskenpflicht in Schulen ab Klasse fünf angeordnet werden - aber nur, "wenn dies zur Aufrechterhaltung eines geregelten Präsenz-Unterrichtsbetriebs erforderlich ist". Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte dazu Anfang August erklärt: "Eine pauschale Maskenpflicht an Schulen wäre nicht angemessen."
Im WDR-Hörfunk kündigte Schulministerin Feller am Mittwoch an, das Handlungskonzept zu Beginn der Herbstferien nochmal anzupassen. "Da kann es sein, dass wir in bestimmten Fällen eine Maskenpflicht vorsehen." Dies werde dann mit dem Gesundheitsministerium besprochen.
Maskenträger sollen nicht gemobbt werden
Bis mindestens 30. September also keine Masken an Schulen. Die einen sind erleichtert, andere irritiert: Seit Beginn der Pandemie galt die Maske stets als effektivster Schutz gegen eine Coronaansteckung. Einige Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern wünschen sich offenbar, dass in Schulen weiter Masken getragen werden - um sich sicherer zu fühlen. Die Schulleitungsvereinigung NRW schätzt, dass 70 bis 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler freiwillig eine Maske tragen würden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) macht keinen Hehl daraus, dass er die Maske nach wie vor für geboten hält, um die Pandemie irgendwann mal in den Griff zu bekommen. Und auch NRW-Schulministerin Feller sagte am Mittwoch ganz klar: "Wir haben empfohlen, dass in den Schulen Masken getragen wird." Und fügte nocheinmal erklärend hinzu: "Mehr konnten wir nicht machen." Dazu fehle derzeit die gesetzliche Grundlage.
Etwas Sorge bereite ihr aber, dass Maskentragende dann von anderen gemobbt werden könnten. Lehrkräfte sollten das thematisieren, rät Feller, "und diesen Schülern dann den Rücken stärken".
Gemischte Reaktionen der Lehrer-Vertreter
Die Reaktionen der Lehrerverbände sind gemischt: "In Anbetracht der Rechtslage hat die Landesregierung mit dem Handlungskonzept Corona ein weitestgehend schlüssiges Konzept vorgelegt", meldet etwa der NRW-Philologenverband.
Sven Christoffer, Vorsitzender des Verbandes Lehrer NRW, geht davon aus, dass mit der erwarteten Corona-Herbstwelle der Krankenstand unter den Lehrkräften wieder deutlich ansteigen werde. "Für diesen Fall brauchen die Schulen größtmögliche Flexibilität und Eigenverantwortung."
Dass an Grundschulen "selbst im Falle drohender Personalausfälle und Schulteilschließungen keine Maskenpflicht angeordnet werden darf, ist uns völlig unverständlich", kritisiert der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger. Das Risiko von Schulschließungen werde faktisch in Kauf genommen.
Grüne hoffen auf Möglichkeit zur Maskenpflicht
Auf Regierungsebene ist in NRW die potenzielle Zustimmung zu einer Rückkehr zur Maskenpflicht an Schulen mit der neuen schwarz-grünen Koalition wohl durchaus stärker als vorher unter Schwarz-Gelb. Verena Schäffer, Fraktionschefin der Grünen, hatte zum neuen Schulkonzept gesagt: "Weiterhin bleibt richtig und wichtig, dass das Maskentragen in Innenräumen einen sehr guten Schutz vor Infektionen bietet." Sie würde sich aber "vom Bundesgesetzgeber wünschen, dass wir bei einer möglichen Zuspitzung der Infektionslage die Möglichkeit erhalten, auch wieder zu einer Maskenpflicht zurückkehren zu können."
Schon seit dem 2. April besteht an Schulen keine Maskenpflicht mehr. NRW richtete sich da bereits nach den neuen Regelungen des Bundesinfektionsschutzgesetzes. Allerdings ermöglicht das Bundesgesetz den Ländern weitergehende Beschränkungen, wenn es zu regionalen Hotspots kommt - darunter auch die Maskenpflicht an Schulen. Das müsste aber jeweils das Parlament beschließen - und Stand jetzt ist es sehr unwahrscheinlich, dass der NRW-Landtag zeitnah einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt zum Hotspot erklärt. Offen ist aber, wie sich das verändern würde, wenn in Regionen tatsächlich das Gesundheitssystem coronabedingt einem Kollaps nahe käme.