NRW: Schleuser:innen für Reiche-Chines:innen? Aktuelle Stunde 25.04.2024 39:20 Min. UT Verfügbar bis 25.04.2026 WDR Von Bernd Neuhaus

Landtag debattiert über Razzia zu mutmaßlichem Schleuserring

Stand: 25.04.2024, 15:43 Uhr

Eine gut vernetzte Bande soll wohlhabende Ausländer nach Deutschland geschleust haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt zur Zeit gegen 170 Beschuldigte - darunter ein ehemaliger Landrat aus NRW.

Von Nicolas Vordonarakis und Tim Köksalan

Lautes Gelächter, als die Abgeordnete Enxhi Seli-Zacharias (AfD) am Rednerpult im Plenum steht. Sie spricht von "Korruptionserschütterungen", welche "verheerend für das Ansehen des Staates" seien. Solche Anschuldigungen ausgerechnet von der AfD, so die Reaktion in den anderen Fraktionen. Doch inhaltlich hatten CDU, Grüne, SPD und FDP wenig beizutragen zu den ernsten Vorwürfen.

Im NRW-Landtag ging es am Donnerstagvormittag um die Großrazzien der vergangenen Woche gegen ein mutmaßliches Netzwerk, das wohlhabenden Ausländern vor allem aus China illegal Aufenthaltsgenehmigungen in Deutschland verschafft haben soll. Die AfD hatte die Debatte beantragt. CDU, Grüne, SPD und FDP nutzten ihre Redezeit hauptsächlich, um der AfD Korruption in den eigenen Reihen vorzuhalten. Immer wieder wurde auf den Europawahl Spitzenkandidaten Maximilian Krah verwiesen, der sich von einem engen Mitarbeiter wegen Spionageverdachtes in dieser Woche trennen musste.

Erschlichene Aufenthaltsgenehmigungen im Landtag debattiert WDR 5 Westblick - aktuell 25.04.2024 05:31 Min. Verfügbar bis 25.04.2025 WDR 5

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Große Tragweite der Razzien

Doch die Razzien bergen eine Brisanz, die die Politik insbesondere in NRW wohl noch länger beschäftigen wird. Die Köpfe des Schleusernetzwerkes scheinen nämlich im Rheinland zu sitzen und von dort gewirkt zu haben. So stellt NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne), welcher für die Regierung sprach, zu Anfang seiner Rede klar: "Die Landesregierung stellt sich jeglicher Form von Korruption entgegen."

Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf laut Limbach gegen 170 Beschuldigte. Unter anderem wegen des Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusen von Ausländern. Schon seit Längerem sollen die mutmaßlichen Täter einer "Vielzahl von Staatsangehörigen aus Nicht-EU- und Nicht-Schengen-Staaten gegen Bezahlung in überwiegend sechsstelliger Höhe zur Einreise und zum dauerhaften Aufenthalt in Deutschland verholfen haben", so Limbach weiter.

Beschuldigte bestens vernetzt

Unter den Beschuldigten befinden sich offenbar mehrere Rechtsanwälte aus dem Kölner Raum und auch ein Behördenmitarbeiter des Kreises Düren. Ihm wird Bestechlichkeit vorgeworfen. Sowohl der Mitarbeiter als auch die Anwälte scheinen nach WDR-Recherchen mit Wirtschaft und Politik bestens vernetzt.

Einer der Beschuldigten ist selbst Ex-Politiker: Der frühere Landrat des Rhein-Erft-Kreises, Werner Stump. Ein anwaltlicher Vertreter bestätigte dies dem WDR und erklärte, dass Stump alle Vorwürfe bestreitet. Er habe in keiner Weise gegen das Aufenthaltsbestimmungsgesetz verstoßen. Seine Kontakte nach China hätten ausschließlich der Wirtschaftsförderung gedient.

Das von manchen Medien als "Luxus-Schleuserring" bezeichnete Netzwerk, soll insbesondere Chinesen und Interessierte aus dem Oman und Südafrika im Fokus gehabt haben. Mit einer Art Rundum-Sorglos-Paket, sollen sie unkompliziert Aufenthaltstitel an die Menschen verkauft haben.

Justizminister noch zurückhaltend

NRW-Justizminister Benjamin Limbach unterrichtete den Landtag allerdings nur kurz über den aktuellen Stand der Ermittlungen. Man wolle die Fakten und Ermittlungsergebnisse erst einmal abwarten.

Politische Konsequenzen, die man aus den Erkenntnissen der Razzia ziehen könnte, stellte der Minister damit erst einmal zurück, da "bis zum Verfahrensabschluss die Unschuldsvermutung gelte".

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