Rund 200.000 Menschen sind in Nordrhein-Westfalen in der Pflege beschäftigt. Mit der konstituierenden Sitzung der Pflegekammer am Freitag bekommen sie jetzt ihre eigene Berufskammer, so wie sie Ärztinnen, Apotheker und Handwerker schon seit Jahren haben.
Ablehnung aus den eigenen Reihen
Von Beginn an ist die Kammer aber Kritik ausgesetzt, vor allem aus den eigenen Reihen. Viele Pflegerinnen und Pfleger lehnen sie ab, unter anderem weil eine Mitgliedschaft verpflichtend ist und weil sie nicht daran glauben, dass die Kammer ihre Situation im Job wirklich verbessern kann. Bislang hat sich freiwillig erst rund die Hälfte aller Pflegekräfte in NRW registriert.
Tatsächlich kann die Pflegekammer zwar Standards dafür definieren, was zum Pflegeberuf gehört und was nicht. So haben Beschäftigte gegenüber ihrem Arbeitgeber eine bessere Rückendeckung, wenn sie immer mehr Aufgaben neben der eigentlich Pflegearbeit erledigen sollen. Die Kammer sitzt aber nicht mit am Verhandlungstisch, wenn es beispielsweise um mehr Lohn für Pflegekräfte geht, das übernehmen nur Gewerkschaften.
NRW-Gesundheitsminister Laumann sagte am Freitag, das sei auch gar nicht nötig. Gewerkschaften könnten zum Beispiel nicht den Pflegeberuf weiter entwickeln, eine Kammer hingegen schon.
Kritik auch aus der Politik
Bei der Pressekonferenz nach der konstituierenden Sitzung der Kammer war auch Sandra Postel anzumerken, dass die Kritik nicht spurlos an ihr vorüber geht. Postel war in den vergangenen Jahren verantwortlich dafür, die Kammer aufzubauen. Sie zeigte sich kämpferisch: Man werde "Natürlich nach innen weiter informieren und auch kommunizieren und debattieren. Und nach außen jetzt politisch richtig aktiv werden."
Auch politisch ist die Pflegekammer umstritten. Die FDP forderte heute, die Mitgliedschaft freiwillig zu machen und niemanden zu sanktionieren, der oder die sich nicht registriert. Die SPD fordert wie die Gewerkschaft Verdi eine Urabstimmung unter den Mitgliedern der Kammer. Allerdings mache das erst Sinn, wenn sich mehr Pflegekräfte in der Kammer registriert hätten, um ein wirkliches Bild zu bekommen, sagte Gesundheitsminister Laumann.
Im Moment gibt es nur in Rheinland-Pfalz eine Pflegekammer. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein gab es eine, beide wurden aber schon kurz nach ihrer Gründung wieder abgeschafft, weil der Widerstand aus den eigenen Reihen zu groß wurde.
Der WDR berichtet über das Thema am 16.12.22 u.a. im Morgenecho und im Westblick auf WDR 5.