NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) stand wegen der umstrittenen Personalentscheidung stark unter Druck: Das Verwaltungsgericht Münster hatte ihm bei dem Besetzungsverfahren vorgeworfen, "rechtswidrig" und "manipulativ" gehandelt zu haben. Ähnlich urteilte das Verwaltungsgericht Düsseldorf. Beide waren im Eilverfahren von unterlegenen Bewerbern eingeschaltet worden.
Dagegen hatte Limbach Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster eingelegt. Das gab am Freitag bekannt, dass es der Beschwerde von Limbach stattgegeben hat. Die seit Mitte 2021 vakante Präsidentenstelle darf mit der ausgewählten Bewerberin besetzt werden.
Begründung des OVG
Das Oberverwaltungsgericht in Münster schreibt zur Begründung, dass es keine Anhaltspunkte für die Manipulation des Bewerbungsverfahrens sieht. Insbesondere bestünde für die Annahme des Verwaltungsgerichts Münster, der Minister habe das Auswahlverfahren manipulativ gestaltet, "keine belastbaren Anhaltspunkte".
Auch die Tatsache, dass der Minister während des Auswahlverfahrens jeweils Gespräche mit den Antragstellern geführt hat, "ist nicht geeignet, die Annahme einer Manipulation des Bewerbungsverfahrens oder einer Voreingenommenheit des Ministers zu begründen". Derartige informelle Gespräche seien "nicht unüblich und belegen auch bei Äußerung einer Voreinschätzung keine Vorfestlegung".
Das Gericht bewertete auch die "Überbeurteilungen", die Limbach ausgestellt hatte. Diese seien "im Ergebnis nicht zu beanstanden". Nun kommt eine feine Differenzierung des OVG, dass der Minister zwar den Beteiligten "keine dienstliche Beurteilung in der Form einer Überbeurteilung erteilen" darf. Aber die Erwägungen in den erstellten "Überbeurteilungen" seien "der Sache nach zulässig".
Juristischer Schlussstrich
Damit ist zumindest auf juristischer Seite ein Schlussstrich unter eine seit Monaten schwelende Personaldiskussion gezogen. Der Beschluss kann nicht angefochten werden. Allerdings: Die unterlegenen Bewerber könnten gegen die Entscheidung des OVG eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in in Karlsruhe einlegen. Darum wird, so erklärte es eine Sprecherin des Gerichts in Münster dem WDR, üblicherweise noch 14 Tage gewartet, ob dies erfolgt. Erst danach werde der ausgewählten Kandidatin von Limbach die Ernennungsurkunde überreicht.
Das gesamte Verfahren setzte den Minister stark unter Druck: Er stand im Verdacht, eine ehemalige Richterkollegin, die er duzt, bevorzugt zu haben. Ein Vorwurf, den Limbach stets zurückwies, es habe kein "Näheverhältnis" bestanden, wie er es nannte. Zudem duze er einen weiteren Bewerber. SPD und FDP hatten den Rücktritt des Ministers gefordert. Limbach hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
FDP bleibt bei ihren Bedenken
Nach der Entscheidung des OVG teilte der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Werner Pfeil, mit: "Unsere Bedenken bezüglich der Fairness und Transparenz des Verfahrens sind durch das heutige Urteil allerdings nicht ausgeräumt worden." Der Minister habe "gegenüber dem Parlament Chaos verursacht und große Fragezeichen hinterlassen."
Pfeil nannte Limbachs Verhalten "unverantwortlich", er habe dem Amt nachhaltig geschadet. "Das Vertrauen des Parlaments, der NRW-Justiz und der Öffentlichkeit in Justizminister Limbach bleibt trotz des heutigen Urteils deutlich geschwächt."
Im Kern hält die FDP trotz der Entscheidung des OVG an ihrer Kritik fest: "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der Auswahlprozess nicht nur rechtlich korrekt, sondern auch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und der Bewerber als fair und transparent angesehen wird." Für die Zukunft schlägt Pfeil ein Auswahlverfahren vor, bei dem neben dem Justizminister auch ein Richterwahlausschuss beteiligt wird.
SPD beklagt "Schaden für die Justiz"
Für die SPD-Fraktion sagte deren Abgeordnete Elisabeth Müller-Witt, Justizminister Limbach habe "persönlich noch einmal Glück gehabt". Es bleibe ein Schaden für die Justiz, "den der Minister selber angerichtet hat". Müller-Witt listet als Belege für ihre These "ständige Widersprüche, persönliche Gespräche und scheibchenweise Informationen an den Landtag" auf.
All das habe dazu geführt, dass das gesamte Besetzungsverfahren in ein schlechtes Licht geraten sei und sich lange hingezogen habe. "Das ist und bleibt seine Verantwortung." Es werde nun viel Arbeit sein, "das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzugewinnen".
CDU und Grüne sehen sich bestätigt
Die regierungstragenden Fraktionen CDU und Grüne sehen sich in ihrer Auffassung bestätigt, dass der NRW-Justizminister richtig gehandelt hatte. Dagmar Henses, rechtspolitische Sprecherin der Grünen, sagte: "Es ist jetzt in letzter Instanz eindeutig geklärt, dass die Vorwürfe von SPD und FDP haltlos waren."
Und Angela Erwin, rechtspolitische Sprecherin der CDU, interpretiert die OVG-Entscheidung so, "dass für die vakante Präsidentenstelle des OVG die am besten geeignete Kandidatin in einem fairen Verfahren ausgewählt wurde". SPD und FDP warf sie vor, "Debatten auf dem Rücken der Justiz geführt" zu haben, sie seien "mit ihren Unterstellungen vor die Wand gefahren".
Der Minister selbst wollte sich nicht zu der OVG-Entscheidung äußern.