"Industriepakt" soll Transformation der Wirtschaft in NRW antreiben

Stand: 15.12.2022, 16:40 Uhr

NRW soll nach dem Willen der Landsregierung die erste klimaneutrale Industrieregion Europas werden. Dabei helfen soll ein frisch besiegelter "Industriepakt". Er hat Großes vor.

Von Tim Köksalan

Gut 30 Vertreter kleiner und großer Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen sind in den Saal eines Düsseldorfer Hotels gekommen, um Mona Neubaur zuzuhören. Die grüne Wirtschaftsministerin des Landes bemüht sich, den Unternehmern zu vermitteln, dass sie deren Sorgen und Nöte in der Krise versteht.

Umso wichtiger sei es, so die Ministerin, dass sich auch mittelständische Unternehmen zum klimaneutralen Umbau bekennen. "Vom Reden ins Handeln kommen“ ist eine Formulierung die immer wieder fällt. Klimakrise, Pandemie, Krieg und Inflation, hätten den Handlungsdruck erhöht, sagt Neubaur. Mit der Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate will die Landesregierung dabei helfen.

Ein symbolischer Akt oder ein wichtiges Zeichen?

Mona Neubaur | Bildquelle: Rolf Vennenbernd / dpa

Damit NRW die erste klimaneutrale Industrieregion in Europa werden kann, muss sich vieles ändern. Noch wirken die Neubaurs Ausführungen etwas wolkig und symbolhaft. Doch schon Anfang 2023 soll eine Strategie dafür entstehen, wie die unterschiedlichen Unternehmen Synergien entwickeln können und nicht, wie bisher, aneinander vorbei produzieren. Denn tatsächlich hängen viele Produktionsbereiche eng miteinander zusammen.

Klimaneutrales Produzieren mit möglichst wenig Rohstoffen

Bei Produktionsprozessen soll kein CO2 mehr entstehen. Technische Verfahren, die Wärme benötigen, können statt Erdöl oder Kohle z.B. Wasserstoff nutzen. Einige Industrieprozesse, z.B. die Aluminiumproduktion, funktionieren ohne Kohlenstoff als Hilfsstoff aber noch nicht. Da müssen also ganz neue Herstellungsprozesse entwickelt werden, in denen Kohlenstoff keine Rolle mehr spielt. Da könnten andere Kohlenstoffquellen künftig genutzt werden, etwa Biomasse oder Recyclingmaterial. Hier sollen sich die Branchen koordinieren.

Ein anderes Thema sind sogenannte Reststoffe: sie sollen effektiver und Wertstoffketten sollen zusammengelegt werden. Für Roh- oder Reststoffe, die mit der Transformation wegfallen, müssen Alternativen her. Stahlschlacke zum Beispiel ist ein Nebenprodukt der Stahlherstellung, das auch zur Zementherstellung verwendet wird. Sollte davon in Zukunft weniger anfallen, brauchen die Zementhersteller einen Ersatz.

Mehr Förderung für die Unternehmen?

Der ein oder andere Unternehmer wird in diesen Tagen auch gespannt nach Brüssel blicken. Im EU Parlament sollen die Beschränkungen für die staatlichen Beihilfen bei der Transformation gelockert werden. Eine Reaktion auf den klimaneutralen Umbau der US Wirtschaft, der europäische Unternehmen stark benachteiligt.

Auf die Frage, ob auch das Land NRW die hiesigen Unternehmen mehr als bisher fördert, sobald Brüssel die Beihilferegeln lockert, verweist Neubaur auf die so genannten Zukunftsgutscheine, die es bereits jetzt für kleine und mittelständische Unternehmen gibt. „Wenn die Spielräume für solche Förderungen größer werden, ist das eine gute Entwicklung, die da gerade in Brüssel passiert“, so Neubaur.

Industrie wünscht sich Pragmatismus.

Die Unternehmen fordern vor allem schnellere Genehmigungsverfahren. Die bisherigen Verfahren könnten bei der Transformation der Industrie noch zu einer echten Bremse werden, heißt es. Der Bau eines klimaneutralen Hochofens zum Beispiel dauert inklusive Planung aktuell etwa vier bis sieben Jahre. Wenn man bedenkt, dass die Preise für CO2 Zertifikate ab 2030 massiv ansteigen werden, müssen Industrie und Politik tatsächlich vom „Reden ins Handeln kommen“.

Über das Thema berichtet der WDR am 15.12.22 u.a. im Westblick auf WDR 5.