In der Affäre um NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne), gibt es neue Vorwürfe. An dem Besetzungsverfahren für eines der höchsten Ämter in der NRW-Justiz übt erneut ein Berufsverband für Richter und Richterinnen sowie Personal den Staatsanwaltschaften harsche Kritik.
Verfahren drohe zur "Farce" zu werden
Die "Neue Richtervereinigung" schreibt in einer öffentlichen Mitteilung vom Freitag, es drohe, dass "die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Bestenauslese vollends zur Farce" werde. Konkret geht es dem Verband um Einzelgespräche mit Bewerbern für das Amt, in denen Limbach noch einmal über deren Bewerbung reden wollte.
Der Justizminister hatte das Bewerbunsverfahren für den Chefposten am Oberverwaltungsgericht (OVG) Verfahren kurz nach Amtsantritt gestoppt und neu aufgerollt. Dadurch konnte sich eine andere Kandidatin bewerben, die am Ende auch den Posten als Oberste Verwaltungsrichterin bekommen sollte. Dagegen hatten Bewerber erfolgreich Beschwerde vor Gericht eingelegt und erstinstanzlich Recht bekommen. Schon vor Bekanntwerden der Einzelgespräche Limbachs hatte die Opposition deshalb seinen Rücktritt gefordert.
Zu den Unterredungen mit den Bewerbern hatte Limbach im Rechtsausschuss des Landtags gesagt, es sei ein Gebot der Fairness, transparentes Feedback über die Chancen einer Bewerbung zu geben. Damit habe Limbach suggeriert, dass dies in Bewerbungsverfahren gang und gäbe sei, so die Richtervereinigung in einer Stellungnahme.
Gespräche seien "unfair und intransparent"
Der Juristenverband sieht dies jedoch ganz anders. Zwar gebe es in Verfahren dauernd solche Gespräche. "Jedoch dienen jedoch sicher nicht der Fairness, sondern sind unfair und intransparent", heißt es. "Ihr einziger Sinn besteht vielmehr darin, das Bewerberfeld bereits vor einer begründungsbedürftigen Besetzungsentscheidung wunschgemäß zu 'bereinigen' und die Gefahr späterer Konkurrenten-Streitverfahren zu bannen".
Bereits zu Beginn der Woche hatte ein anderer Verband vor den Folgen des Verfahrens gewarnt. Der nordrhein-westfälische Bund der Richter- und Staatsanwälte sieht das Vertrauen in die unabhängige Justiz beschädigt. "Die aktuellen Vorgänge im Zusammenhang mit der Besetzung des Spitzenpostens in Nordrhein-Westfalen belegen einmal mehr, wie wichtig dieser letzte Schritt zur Vollendung der Gewaltenteilung ist", sagte der Geschäftsführes des Bundes, Gerd Hamme, der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".
Opposition sieht sich bestätigt
Die Opposition im Landtag sieht sich von dieser neuerlichen Kritik bestätigt. "Der Rückhalt in der Justiz scheint zu schwinden. Solche Gespräche im Vorfeld der Besetzung sind eben keine Normalität. Egal wie oft Minister Limbach das auch noch wiederholen will", sagt SPD-Fraktionsvize Elisabeth Müller-Witt. Auch ihr FDP-Kollege Werner Pfeil sieht das das so. "Noch-Justizminister Limbach hat bis heute kein Unrechtsbewusstsein", so Pfeil. "Diese vermeintliche 'Normalität' von Vier-Augen-Gesprächen in höchsten Personalbesetzungsverfahren der Justiz sehe ich äußerst problematisch."
Wüst hält an Limbach fest
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), selbst Jurist, sieht jedoch bisher keinen Anlass Limbach aus seinem Amt zu entlassen. Limbach mache als Justizminister sehr gute Arbeit und werde über Parteigrenzen hinweg geschätzt und anerkannt, sagte Wüst am Sonntag der "Deutschen Presse Agentur". Auch Limbachs Partei, die Grünen, hält weiterhin an ihm fest. Das Justizministerium selber wollte keine Stellungnahme abgeben.
Über die die beiden Klagen der anderen Bewerber wird vom Oberverwaltungsgericht entschieden. Ein Urteil könnte noch in diesem Jahr fallen.