Untersuchungsausschuss: Bestnote auf Bestellung oder Bestenauslese

Stand: 02.10.2024, 06:26 Uhr

Im Untersuchungsausschuss zur umstrittenen Richterbesetzung wurden Zeugen aus dem Innenministerium gehört. Es gab Überraschendes.

Von Klaus Scheffer

Es war der meist gehörte Satz am zweiten Tag der Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss: "Das müssen Sie die Staatssekretärin fragen." Ausgesprochen hat ihn immer wieder der Leiter der Personalabteilung im Innenministerium. Fast drei Stunden dauerte seine Befragung. Und die Staatssekretärin heißt Daniela Lesmeister. Seit gut zwei Jahren ist sie in diesem Amt.

Späte Interessensbekundung

Lesmeister spielt eine wichtige Rolle beim Besetzungsverfahren, das jetzt den Untersuchungsausschuss beschäftigt. Sie hat im Innenministerium die Beurteilung der Bewerberin vorgenommen, die als Wunschkandidatin Justizminister Limbachs als neue Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts Münster vorgeschlagen wurde.

Eine Duzbekanntschaft des Ministers, die ihr Interesse an der Stelle erst nach Abschluss des ursprünglichen Bewerbungsverfahrens bekundet hatte - nach einem Abendessen mit dem Minister.

Zeugenvernehmung zu OVG-Chefposten WDR 5 Westblick - aktuell 30.09.2024 05:59 Min. Verfügbar bis 30.09.2025 WDR 5

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Beurteilung im Innenministerium

Der Personalchef des Innenministeriums erinnert sich an einen Anruf seines Kollegen aus dem Justizressort im Oktober 2022. Da habe der ihm mitgeteilt, dass die Bewerbung eingegangen sei. Absenderin: eine Abteilungsleiterin aus dem Innenministerium. Um ihre Qualifikation mit den anderen Bewerbern vergleichen zu können, brauchte es eine Beurteilung aus ihrem eigenen Haus.

Darüber habe er mit der Staatssekretärin gesprochen, und die habe darum gebeten, eine solche Beurteilung vorzubereiten. Das Formular sei dann in der Personalabteilung vorbereitet worden - wie üblich habe man die biographischen Daten der zu beurteilenden Person eingetragen und - das weniger üblich - auf Bitten der Staatssekretärin auch schon die Beurteilungsnoten. In allen Kriterien jeweils die Bestnote. Abgezeichnet habe am Ende Staatsekretärin Lesmeister die Beurteilung.

Erst kurz im Amt

Das verwunderte die Abgeordneten der Opposition. SPD- und FDP-Politiker wandten ein, dass Lesmeister zum Zeitpunkt der Beurteilung erst wenige Wochen im Amt war. Nicht nach seiner Einschätzung gefragt wurde Lesmeisters Vorgänger als Staatssekretär, obwohl er viel länger Vorgesetzter der Bewerberin um den hohen Richterposten war.

In der Beurteilungsrichtlinie des Innenministeriums wird zumindest empfohlen, in einem solchen Fall auch den Vorgänger einzubeziehen. Warum das hier nicht geschah? "Da müssen Sie die Staatssekretärin fragen."

Staatssekretärin kommt noch als Zeugin

Das wird der Ausschuss auch noch tun. In einer der kommenden Sitzung wird auch Staatssekretärin Daniela Lesmeister die Frage beantworten müssen, warum sie die Kandidatin mit Bestnoten versehen hat. Für die SPD-Opposition hat die Zeugenbefragung den Verdacht der Manipulation verstärkt.

SPD und FDP kritisieren Verfahren

"Offenbar hat es aus dem Innenministerium eine Bestnote auf Bestellung gegeben", bewertet die Obfrau der Sozialdemokraten Nadja Lüders die Aussagen des Zeugen. Der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Werner Pfeil, sieht das genauso. Er spricht von einer "überhasteten und intranspartenten Vorgehensweise"... "Der gesamte Prozess erfolgte auf Zuruf, ohne persönlichen Austausch und ohne schriftliche Dokumentation - ein Vorgehen, das jeglicher professionellen Standards entbehrt."

CDU und Grüne: Bestenauslese

Ganz anders hingegen CDU und Grüne. In einer gemeinsamen Presseerklärung heißt es, die Zeugenbefragungen seiten "weitere Belege dafür, dass das Besetzungsverfahren nach dem Grundsatz der Bestenauslese gelaufen ist."

Unsere Quellen:

  • Eigene Recherchen des Reporters
  • Aussagen im Untersuchungsausschuss
  • Pressemitteilungen von CDU und Grüne, SPD sowie FDP