Patientinnen und Patienten, die nicht nur unter Grippe oder Bluthochdruck leiden, sondern auch unter weiten Wegen zum Arzt - die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Geplagten auf dem Land leben. Denn dort besteht häufiger ein Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten. Und der wird in Zukunft weiter zunehmen.
Deshalb versucht NRW seit 2019, mit einer Landarztquote gegenzusteuern: 7,8 Prozent der Medizinstudienplätze in NRW werden an Bewerberinnen und Bewerber vergeben, die sich vertraglich verpflichten, für mindestens zehn Jahre in einer unterversorgten Region als Hausärztin oder Hausarzt zu arbeiten. Bei Vertragsbruch droht eine Strafe von 250.000 Euro. Das entspricht laut Schätzungen ungefähr den Kosten für ein Medizinstudium in Deutschland.
Wer sich auf dieses Verfahren einlassen will, muss ein mehrstufiges Bewerbungsverfahren durchlaufen. Das ist dann unabhängig vom Numerus Clausus - steht also auch denen offen, die kein Spitzenabi haben. So werden pro Jahr rund 180 Studienplätze in Nordrhein-Westfalen vergeben.
Gesundheitsministerium: Landarztquote ist ein Erfolg
Fünf Jahre nach Einführung der Landarztquote stellte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Donnerstag in Bochum zufrieden fest: "Die Landarztquote ist sehr gefragt und nicht mehr wegzudenken." Bislang hätten sich auf die 1.043 quotierten Medizinstudienplätze 4.825 Personen beworben. Insbesondere im Sommersemester gebe es bis zu achtmal mehr Bewerberinnen und Bewerber als Studienplätze. Aktuell studieren laut Gesundheitsministerium rund 800 Personen im Rahmen der NRW-Landarztquote.
Laumann zeigte sich auch erfreut darüber, dass zehn weitere Bundesländer dem NRW-Vorbild gefolgt seien und eine Landarztquote eingeführt hätten. Die ersten Studierenden werden laut Ministerium im Wintersemester 2025/2026 ihr Studium abschließen und dann mit ihrer Facharztweiterbildung in die Arbeit als Hausärztin oder Hausarzt einsteigen. Diese dauere in der Regel fünf Jahre.
So ist die Lage in NRW
Landesgesundheitsminister Laumann unterstrich bei der Präsentation der Zwischenbilanz in Bochum, dass die Landärztinnen und Landärzte dringend gebraucht werden:
Verstärkt durch die demografische Entwicklung der Gesellschaft gebe es "also einen erheblichen Nachbesetzungsbedarf - gerade auf dem Land".
Die Bedarfsermittlung
Die Kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen machen eine Bedarfsplanung. Dafür ist ganz NRW in 205 hausärztliche Planungsbereiche unterteilt. Liegt in einem Planungsbereich eine ausreichende Zahl von Ärztinnen und Ärzten bezogen auf die Einwohnerinnen und Einwohner vor, können sich keine weiteren Kassen-Ärzte niederlassen. Das sei für Hausärzte in Nordrhein-Westfalen nur noch in 18 Planungsbereichen der Fall, teilte das NRW-Gesundheitsministerium dem WDR mit.
"In den übrigen 187 Planungsbereichen sind hingegen insgesamt 1.095 Hausarztsitze zu besetzen", rechnete das Ministerium vor. Der zuständige Landesausschuss der Ärzte- und Krankenkassen habe sogar in acht Gemeinden in Westfalen (Ennepetal, Porta Westfalica, Petershagen, Hemer, Brilon, Lage, Meinerzhagen/Kierspe und Lemgo) eine drohende Unterversorgung festgestellt.
Ärztekammer: Mehr Studienplätze nötig
Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Hans-Albert Gehle, sagte bei der Präsentation der Zwischenbilanz in Bochum, die hohe Bewerberzahl für die Landarztquote belege die "Attraktivität der Berufsperspektive Ärztin oder Arzt für junge Menschen". Doch es brauche weitere Anstrengungen: "Die Zahl der Studienplätze reicht derzeit noch nicht aus, den Mangel an Haus- und Fachärzten auszugleichen."
Über dieses Thema berichten wir auch am 19.09.2024 in der WDR-5-Sendung Westblick ab 17.04 Uhr.