Wir erleben gerade aus vielen Gründen sehr besondere Tarifverhandlungen. Da ist einmal die Tatsache, dass es nicht ums Gehalt geht. Nein, es geht um Entlastung. Also unter anderem darum, dass mehr Menschen sich um den einzelnen Patienten oder die einzelne Patientin kümmern. Kurzum: Gestreikt wird für Arbeitsbedingungen, die einer guten Versorgung angemessen sind.
Schwarz-Grün muss genau hinschauen
Dann geht es um tarifrechtliche Feinheiten und Landesgesetzgebung. Es ist ein Novum, dass erst ein Gesetz geändert werden muss, damit überhaupt ein Tarifvertrag möglich ist. Und diese Tarifverhandlungen sind auch politisch. Eine neue Landesregierung ist im Amt. Die SPD-Opposition und die Gewerkschaft Verdi beäugen sie kritisch. Ihr Verdacht: Schwarz-Grün stehe nicht für die schlechter bezahlten Leistungsträger der Gesellschaft ein. Also für die Paketboten, die Kita-Angestellte und eben für das Personal in den Kliniken - ob Uni oder nicht. CDU und Grüne, dass seien die Parteien der Wohlhabenden, sagt SPD-Chef Thomas Kutschaty inzwischen in jedes Mikrofon.
Diesen Vorwurf wollen sich die beiden Neu-Koalitionäre nicht gefallen lassen und versuchen dem Tarifkonflikt mit Finanzierungszusagen die Schärfe zu nehmen. Die ist zweifelsohne vorhanden. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben längst den Pfad des Miteinanders verlassen, bezichtigen sich zum Beispiel gegenseitig mit dem Leben der Patienten und Patientinnen zu spielen.
Der Beginn großer Sozialproteste?
Und genau da liegen politische Gefahr wie Chance. Für Schwarz-Grün ist es gefährlich, wenn sich dieser Konflikt noch lange hinzieht und sich mehr und mehr andere Branchen und weitere Menschen solidarisieren. Aus dem Uniklinik-Streik könnte ein großer sozialer Protest gegen all die Missstände entstehen, die vor allem in sozialen Diensten vorherrschen. Eine solche Bewegung hätte eine gewisse Sprengkraft und wäre wiederum eine Chance für eine Gewerkschaft wie Verdi, aber auch für Parteien wie SPD und Linke, sich an die Spitze solcher Bewegungen zu setzen.