Wenn Katharina Frings aus der Haustür tritt, steht sie fast auf der Fahrbahn. Der Gehweg vor ihrem Haus im Eifelstädtchen Eiserfey (Kreis Euskirchen) ist keinen halben Meter breit. Katharina Frings hat sich daran gewöhnt, immer aufzupassen, nicht vom Auto oder LKW überfahren zu werden. Und so haben in der Eifel, wie vielerorts, Autos Vorfahrt.
Fußgänger wehren sich zu wenig
Erst wenn es zu einem tödlichen Unfall käme, würden sich Leute wehren, sagt Peter Struben. Er ist Landessprecher des Fußgänger-Interessenvereins FUSS e.V. und lebt, wie Katharina Frings, in der Eifel.
Die Gruppe fordert seit Jahren breitere Gehwege, mehr Zebrastreifen und fußgängerfreundlichere Ampelschaltungen. Doch da sich zu Fuß gehende Menschen meist nicht als Teil des Verkehrs betrachten, sich kaum organisieren, fänden sie bislang wenig Gehör, sagt Struben.
Vorfahrt fürs Fahrrad in Städten
Anders ist das beim Radverkehr. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, setzen die Kommunen darauf. In der Düsseldorfer Innenstadt sind heute doppelt so viele Fahrräder unterwegs wie vor 20 Jahren. "Unsere Offensive, um das Fahrradfahren attraktiver zu machen, zeigt Erfolg", freut sich Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU).
Doch mitunter gehe es zu Lasten der Fußgänger, ärgert sich FDP-Lokalpolitiker Ferry Weber. Er hat deshalb jetzt auch eine FUSS-Ortsgruppe in Düsseldorf gegründet.
Zu wenig Kontrollen im Interesse der Fußgänger
Immer wieder komme es zu Konflikten, weil manche rücksichtslos auf dem Rad unterwegs seien. Mitunter auf Gehwegen, obwohl das verboten ist. Die kleine Fußverkehr-Lobby fordert schon lange, dass die Polizei mehr kontrolliert und auch tatsächlich Bußgelder verhängt. Ferry Weber würde noch weiter gehen: Er plädiert für eine Führerschein-Pflicht für Radfahrende ohne PKW-Führerschein.
Autos, Fahrräder und Fußgänger müssen sich Raum teilen
Durchgreifen müssten die Ordnungsämter auch beim Parken von Autos auf Gehwegen. Auch da werde zu viel toleriert. Lediglich in Baden-Württemberg seien die Kommunen angewiesen worden, solche Verstöße konsequent zu ahnden, heißt es bei FUSS e.V.. Außerdem müsse es eine strikte Trennung zwischen allen geben, also Fahrzeugverkehr sowie Fuß-und Radwegen. Das Problem: Der Platz für Verkehr müsste neu verteilt werden und dazu fehlt der Politik oft der Mut.
Landesregierung räumt Versäumnisse ein
Im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung kommt das Wort Fußgänger genau einmal vor. NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (B‘90/Grüne) hält schon dies für einen Fortschritt. Früher sei es gar nicht drin gewesen und auch seine eigene Partei habe vor allem auf den Radverkehr geschaut. Aber jetzt verspricht Krischer eine eigene Fußgängerinnenpolitik und mehr Mittel. Was das konkret bedeutet, lässt er gegenüber dem WDR noch offen.
Europäische Länder sind schon weiter
Fußgänger-Lobbyist Peter Struben hält das für einen Witz. Er fordert eine landesweite Fußverkehrsstrategie. Länder wie Österreich oder Finnland fördern den Fußverkehr durch spezielle nationale Strategien.
Die Bundesregierung hat dies angekündigt und gibt in diesem Jahr zumindest erstmals eine Millionen Euro für den Fußverkehr aus. Nicht viel, aber ein Anfang.
Über das Thema berichtet der WDR auch in der Sendung Westpol am 20.11.2022, ab 19:30 Uhr.