Fast auf den Tag ein Jahr liegt die verheerende Flutkatastrophe im Ahrtal mittlerweile zurück. 49 Menschen verloren dabei allein in NRW ihr Leben. Die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten in den zerstörten Gebieten laufen immer noch auf Hochtouren. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) gab am Mittwoch einen Überblick darüber, wie viel Geld dafür inzwischen an die Betroffenen geflossen ist.
200 Millionen Euro hatte das Land zunächst als Soforthilfe bereitgestellt, die Hälfte davon für private Haushalte. Insgesamt ist ein Budget von 12,3 Milliarden Euro für den Wiederaufbau vorgesehen. Im September 2021 war das Antragsverfahren für weitere Fluthilfen gestartet.
Nur noch neun Tage Bearbeitung
Mehr als 1,6 Milliarden von den vorgehaltenen 12,3 Milliarden Euro seien bislang "in der Auszahlung", sagte Scharrenbach - knapp eine halbe Milliarde gingen an private Geschädigte. Rund 19.000 Anträge lägen dazu vor. Städte und Gemeinden hätten bislang 283 Anträge eingereicht und 903 Millionen Euro bewilligt bekommen, landwirtschaftlichen Betrieben wurden 24,2 Millionen bewilligt.
194 Anträge auf Wiederaufbauhilfe - im Wert von rund 8,2 Millionen Euro - seien als betrugsverdächtig abgewiesen worden, sagte Scharrenbach.
Lange Zeit schien die Bearbeitung der Anträge allerdings nur schleppend voranzugehen. Viele Betroffenen warteten Monate auf Geld, um mit dem Wiederaufbau ihrer Häuser beginnen zu können - und viele warten immer noch. In den vergangenen drei Monaten sei es dann aber doch zügiger gegangen, vermeldete Scharrenbach.
Inzwischen lägen zwischen Antrag und Bewilligung im Schnitt nur noch neun Tage. Von den 19.000 privaten Anträgen auf Fluthilfe seien 94 Prozent bearbeitet. Scharrenbach sprach von "bewilligt" und "in Auszahlung" - wie viele der Antragsteller tatsächlich bereits ihr Geld bekommen haben, sagte sie auch auf Nachfrage allerdings nicht.
SPD: "Bilanz mit Mängeln"
Die SPD-Fraktion im Landtag vermisst dabei die Transparenz: "Ministerin Scharrenbach versteckt sich hinter der Worthülse 'in Bewilligung', statt zu benennen, was bei den Menschen angekommen ist", empört sich der stellvertretender Fraktionsvorsitzende Christian Dahm.
"Was Ministerin Scharrenbach den Bürgerinnen und Bürgern heute als Erfolg verkaufen wollte, ist eine Bilanz mit etlichen Mängeln", findet Dahm. Dass nur etwa 500 Unternehmen Hilfsanträge gestellt haben, zeige, dass das Bewilligungsverfahren viel zu aufwändig sei. Denn insgesamt gebe es etwa 7.000 geschädigte Betriebe.
Wiederaufbauhilfe mit großen Hürden
Einer davon ist Andre Koenigs aus Bad Münstereifel. Sein Bekleidungsgeschäft war komplett zerstört, gerade erst konnte er wieder eröffnen. Es sei ein langer, mühsamer Weg gewesen, das Geld für den Wiederaufbau zu bekommen, sagt er. Unversichert, habe er mehrere hunderttausend Euro gebraucht, um seine Existenz zu retten. Das Antragsverfahren sei "ein Chaos gewesen", habe ihn "viele, viele Telefonate und Schriftverkehr" gekostet. Am Ende sei das Geld aber dann doch gekommen.
Es mangelt an Handwerkern
Aber selbst, wenn das Geld fließen sollte: Massive Schwierigkeiten gibt es derzeit wohl bei der Aquise von Handwerkern. Helfen soll da nun die gerade gestartete Aktion "Handwerk im Wiederaufbau". Damit sollen Fachkräfte aus dem Ausland und aus anderen Bundesländern angeworben werden.
Außerdem sei ein "Starkregen Check" geplant - ein Beratungsangebot für Städte und Gemeinden, bei dem gemeinsam geprüft werden soll, Schwachstellen im Hinblick auf Starkregenereignisse zu identifizieren und zu beseitigen. Das Angebot richte sich auch an Unternehmen und Privatpersonen. Ein Forschungsprojekt an der Universität Weimar, das Lageinformationen zu Starkregengefahren in 3D entwickelt, unterstütze das Land mit 200.000 Euro.