Datenschutzbericht: NRW hinkt bei Transparenz hinterher

Stand: 22.06.2023, 15:48 Uhr

Der neue Datenschutzbericht NRW zeigt: Bei der Informationsfreiheit ist noch Luft nach oben. Ein Gericht musste selbst das Verkehrsministerium zur Veröffentlichung von Daten zwingen. Und eine Studie über Prostatakrebs wurde ohne Wissen der Teilnehmer zur Sexualstudie.

Von Nina Magoley

Um die Informationsfreiheit ist es in NRW noch immer nicht optimal bestellt. Obwohl hier bereits seit 2002 das Informationsfreiheitsgesetz gilt, wonach öffentliche Behörden, Verwaltungen und Regierungen verpflichtet sind, auf Nachfrage Informationen zur Verwendung ihrer Gelder herauszugeben. Dabei hinke NRW aber anderen Bundesländern hinterher, sagte Bettina Gayk, Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, am Donnerstag bei der Vorstellung des neuesten Datenschutzberichts.

So habe ein Journalist nach der Hochwasserkatastrophe die Staatskanzlei NRW angefragt, die Kommunikation mit zwei betroffenen Gemeinden während der Flut offenzulegen. Innerhalb der eigentlich vorgegeben Frist von einem Monat kam keine Antwort. Selbst, nachdem die Datenschutzbeauftragte sich eingeschaltet hatte, dauerte es insgesamt noch fast ein Dreivierteljahr, bis der Journalist die Informationen von der Staatskanzlei erhielt.

Ministerium verweigerte Infos zu Flugverbot

In einem anderen Fall wollte die Staatskanzlei einem Fragesteller nicht sagen, welche Kunstwerke zu welchem Wert sie besitzt. Auch Ministerien mauerten zuweilen, sagte Gayk: Das Verkehrsministerium habe beispielsweise auf Nachfrage nicht offenbaren wollen, ob das nächtliche Flugverbot an NRW-Flughäfen eingehalten wurde. Das Ministerium musste schließlich per Gerichtsbeschluss ein Zwangsgeld zahlen. "Das ist ein trauriges Beispiel", so Gayk.

Länder wie Hamburg oder Schleswig-Holstein dagegen hätten ein Transparenzgesetz statt eines Informationsfreiheitsgesetzes. Die Behörden seien dort verpflichtet, Informationen aktiv selber bereitzustellen. Die schwarz-grüne Koalition hatte in ihrem Koalitionsvertrag mehr Transparenz angekündigt. "Bislang habe ich aber nichts gehört", so Gayk.

Datensschutz bei Patientendaten

Die größere Aufgabe der Landesbeauftragten ist der Datenschutz: Regelmäßige Kontrollen bei Behörden und Unternehmen - aber auch privaten Stellen: Veröffentlichungen auf Bewertungsportalen beispielsweise seien auch im neuen Datenschutzbericht ein "Dauerbrenner". Einmal musste Gayks Behörde etwa einschreiten, weil ein Arzt auf eine kritische Bewertung in einem Portal mit der Veröffentlichung von Patientendaten reagiert hatte. "Gerade Bewertungsportale werden zunehmend Schauplatz hitziger Diskussionen", sagte Gayk. Ihre Stelle habe deswegen Hinweise veröffentlicht, wo die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten seien und der Datenschutz verletzt werde.

In einem anderen Fall nutzte ein Forschungsverbund Gesundheitsdaten von Probanden und Probandinnen mit deren Einwilligung für eine Prostatakrebsstudie. Gleichzeitig wurden die Daten aber ohne Wissen der Betroffenen auch für eine Sexualstudie genutzt. "Das war natürlich unzulässig", berichtete Gayk, die Daten für die Sexualstudie mussten gelöscht werden.

Zensus-Fragen waren rechtens

Sehr viele Anfragen habe die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit auch zum Zensus 2022 erreicht. Vermieter mussten darin Namen ihrer Mieter angeben - und sahen das als Übergriffigkeit der Behörden. "Wir konnten sie beruhigen", sagte Gayk: "Für die Befragung gab es eine Rechtsgrundlage."

Um Datenschutz geht es auch weiterhin bei Google Street-View. Aktuell sei Google dabei, die Aufnahmen in Deutschland zu aktualisieren. Die Datenschützerin wies darauf hin, dass einstmals auf Wunsch der Eigentümer oder Bewohner gepixelte Bilder von Häusern in der Neuauflage nicht mehr gepixelt seien. Wer das nach wie vor wünsche, müsse bei Google einen neuen Antrag stellen.

Schlampigkeit bei Abiturfragen

Die Aufsehen erregende Datenpanne beim Schulministerium im Zusammenhang mit den Abiturprüfungen sei eine von etwa 2.000 Datenpannen, die Gayk pro Jahr untersucht. In diesem Fall sei schlicht ein Programm seit "Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr ordentlich gewartet worden".

Zur Informationsfreiheit erreichten die Datenschutzbeauftragte NRW im vergangenen Jahr rund 380 Eingaben. Das waren 70 Meldungen weniger als 2021. Zum Datenschutz gab es im Jahre 2022 rund 10.480 Eingaben – einschließlich der Meldungen von Datenpannen. Das waren rund 1.400 Eingaben weniger als 2021. Die Behörde erließ im vergangenen Jahr 85 Bußgeldbescheide über insgesamt 80.350 Euro.