Geht es nach der NRW-Landesregierung, dann sollte überall im Land gerade ordentlich gebaut werden, um die Wohnungsnot zu bekämpfen. Doch in Wirklichkeit zieht offenbar eine Flaute auf, die die Probleme noch verschärfen könnte.
"Bauen kann sich heute kaum noch jemand leisten", sagte am Dienstag Rüdiger Otto, Vizepräsident der NRW-Bauverbände. Verantwortlich dafür seien steigende Zinsen, explodierende Baukosten und Förderprogramme, die am Ziel vorbeischössen.
Auftragsrückgänge und weniger Genehmigungen
All das habe direkte Auswirkungen auf die Bauwirtschaft. "Seit Juni 2022 beobachten wir vermehrt Auftragsrückgänge in diversen Bausparten, die sich ungebrochen im 1. Quartal 2023 fortgesetzt haben", sagte Otto.
Immer mehr Wohnungsunternehmen und Wohnungsbaugenossenschaften hätten sich aus dem Neubaugeschäft zurückgezogen. Die Zahl der erteilten Baugenehmigungen sei im ersten Quartal 2023 um 43 Prozent eingebrochen. Und die Tendenz sei weiter fallend.
Warnung vor "Rohstoff-Abgabe"
In Richtung Politik äußert die Baubranche klare Forderungen. So wird von der Landesregierung erwartet, dass die geplante Sonderabgabe auf Sand- und Kies doch nicht kommt. Jede zusätzliche Verknappung der Förderung oder eine Abgabe würden die "Preisspirale" nur noch weiter nach oben drehen.
Bislang hat Schwarz-Grün noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt, aber laut Koalitionsvertrag soll "spätestens zum 1. Januar 2024" eine "Rohstoff-Abgabe" eingeführt werden. Die Grünen sind von jeher dafür, den ungeliebten Abbau mit einem staatlichen Preisaufschlag unattraktiver zu machen. Doch innerhalb der CDU wächst der Widerstand gegen die Sonderlast für einen wichtigen Industriezweig in NRW.
Zudem fordert die Bauwirtschaft, dass die Förderung des Landes über den mietpreisgebundenen Wohnraum hinausgeht und auch den Wohnungsbau für mittlere Einkommen oder zum Eigentumserwerb unterstützt. "Auch hier darf die Landesregierung nicht untätig bleiben", heißt es.
Immerhin: Die Zahl der Beschäftigten kann im Bau bislang konstant gehalten werden. "Trotz aller Krisen ducken sich unsere Unternehmen nicht weg, sondern bauen sogar noch Personal auf", sagte Otto. 2022 habe das Baugewerbe die Zahl seiner Beschäftigten um vier Prozent gesteigert.