125 Tote: Expertenteam soll Massenpanik in indonesischem Fußballstadion untersuchen

Stand: 03.10.2022, 07:04 Uhr

In Indonesien kam es zu einer der schwersten Katastrophen der Fußballgeschichte. Fans der Heimmannschaft stürmten den Platz, nachdem diese verloren hatte. Es kam zu einer Massenpanik.

Indonesien hat nach der tödlichen Massenpanik in einem Fußballstadion ein Expertenteam eingesetzt, das die Hintergründe klären soll. Dies wurde am Montag nach einer Sondersitzung der Regierung mit hochrangigen Sicherheitsbeamten bekannt.

Das Team werde aus Regierungsbeamten, Vertretern des Fußballverbandes, Experten, Akademikern und Journalisten bestehen, sagte Sicherheitsminister Mohammad Mahfud. "Es wird erwartet, dass das Team seine Arbeit in zwei oder drei Wochen abgeschlossen hat", so Mahfud. Die Regierung habe zudem die Nationalpolizei angewiesen, "in den nächsten Tagen" gegen Personen zu ermitteln, die für die Tragödie verantwortlich sein könnten.

Opfer doppelt gezählt

Die Polizei der Provinz Java sprach am Sonntag nach den Ausschreitungen von vielen Verletzten, die Zahl der Opfer könnte noch steigen. Mehr als 300 Menschen wurden in nahe gelegene Krankenhäuser gebracht, viele starben jedoch auf dem Weg dorthin oder während der Behandlung, wie Nico Afinta, Polizeichef von Java, sagte.

Die Behörden hatten die Zahl der Toten am Sonntag von 174 auf 125 revidiert. Wie es hieß, seien Opfer möglicherweise doppelt gezählt worden.

Nur Anhänger der Heimmannschaft im Stadion

Bei dem Erstliga-Spiel zwischen Arema FC aus der Stadt Malang und Persebaya FC aus Surabaya kam es am Samstag nach dem Ende der Begegnung im Stadion von Malang zu Ausschreitungen. Der heimische Club unterlag mit 2:3. Zeugen sagten, es sei die erste Heimniederlage gegen Persebaya nach 23 Jahren gewesen. Davon enttäuscht begannen Tausende Anhänger der Heimmannschaft, Flaschen und andere Gegenstände auf Spieler und Offizielle zu werfen. Menschen strömten auf das Spielfeld und verlangten eine Erklärung.

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Laut indonesischer Polizei sind bei dem Spiel etwa 42.000 Menschen gewesen, wobei nur 38.000 zugelassen waren - allesamt Anhänger der Heimmannschaft. Der Anhang des gegnerischen Teams sei ausgeschlossen gewesen, um Zusammenstöße zu vermeiden.

Tränengas-Einsatz der Polizei löst Panik aus

Fußballfans tragen einen verletzten Mann vom Feld. | Bildquelle: dpa

Als die Polizei Tränengas in die Menschenmenge feuerte, um die Ausschreitungen zu beenden, brach Panik aus. Einige der Opfer erstickten, die Mehrzahl wurde niedergetrampelt, als Hunderte das Stadion verlassen wollten, um dem Tränengas zu entgehen. Einigen Berichten zufolge waren auch Kinder unter den Opfern, außerdem mindestens zwei Polizisten.

Tränengas ist nach Regeln des Weltfußballverbands Fifa in Stadien nicht zulässig. Dem Einsatz des Tränengases seien andere Maßnahmen vorausgegangen, die Fans hätten jedoch die Polizei angegriffen, "anarchisch" gehandelt und Fahrzeuge angezündet, sagte der Provinzpolizeichef.

Spielbetrieb in 1. Liga in Indonesien vorerst ausgesetzt

Der indonesische Fußballverband setzte den Spielbetrieb in der ersten Liga vor dem Hintergrund der Tragödie auf unbestimmte Zeit aus und verbot Arema FC für den Rest der Saison die Ausrichtung von Spielen. Dies geschah im Einklang mit einer Anweisung des indonesischen Präsidenten Joko Widodo.

Widodo drückte seine Anteilnahme in einer Fernsehansprache aus. "Ich bedauere diese Tragödie zutiefst und ich hoffe, dass dies die letzte Fußball-Tragödie in diesem Land ist", sagte Widodo. Er appellierte an "Sportsgeist, Menschlichkeit und einen Sinn für Brüderlichkeit".

Der Weltfußballverband Fifa forderte vom indonesischen Fußballverband einen Bericht über das Unglück an. Fifa-Chef Gianni Infantino zeigte sich bestürzt und sprach von einem Schock für die Fußballwelt.

Auch Papst Franziskus hat betroffen auf die Stadion-Katastrophe in Indonesien reagiert. Er bete für alle, die bei dem Unglück getötet oder verletzt worden seien, sagte das Kirchenoberhaupt am Sonntag beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz.

Wiederholt Gewalt bei Fußballspielen in Indonesien

Nach der Katastrophe in Malang wird erwägt, zunächst keine Zuschauer mehr bei Spielen zuzulassen. | Bildquelle: dpa/Trisnadi

Bei Spielen in Indonesien ist es schon wiederholt zu Ausschreitungen und auch Gewalt unter den Anhängern der verschiedenen Vereine gekommen. Indonesiens Sportminister Zainudin Amali sagte dem Sender KompasTV nach dem Unglück, er werde die Sicherheit bei Fußballspielen neu bewerten und dabei auch erwägen, zunächst keine Zuschauer mehr in Stadien zuzulassen.

Die Massenpanik im Stadion in Ost-Java in Indonesien ist wohl seit 1964 die mit den meisten Todesopfern. Damals waren in Lima 320 Menschen bei einer Massenpanik während eines Olympia-Qualifikationsspiels zwischen Peru und Argentinien gestorben.

Eine der weltweit schwersten und wohl auch bekanntesten Katastrophen in einem Fußball-Stadion hatte sich 1989 im Hillsborough-Stadion im britischen Sheffield ereignet. Beim Spiel des FC Liverpool gegen Nottingham Forest war es zu einem Gedränge gekommen, in dessen Folge 96 Menschen starben und mehr als 760 verletzt wurden.