Homöopathie: Als Kassenleistung verbieten Aktuelle Stunde 11.01.2024 02:43 Min. UT Verfügbar bis 11.01.2026 WDR Von Sascha Schwarz

Lauterbach: Kassen zahlen bald nicht mehr für Homöopathie

Stand: 11.01.2024, 18:36 Uhr

Globuli und andere homöopathische Behandlungen sollen bald nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Das hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt. Sein Grund: "Homöopathie bringt keinen medizinischen Nutzen."

Bereits seit Jahren wird diskutiert, ob Homöopathie weiter von Krankenkassen bezahlt werden soll. Basis für homöopathische Arzneimittel können pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen sein. Die extrem verdünnten Stoffe werden zum Beispiel in Form von Kügelchen (Globuli) verabreicht. Wissenschaftlicher Konsens ist, dass für homöopathische Behandlungen keine Wirkung nachgewiesen ist, die über den Placebo-Effekt hinausgeht.

Man könnte sagen, dass es belegt ist, dass sie nicht wirksamer oder nützlicher sind als sogenannte Scheinpräparate, das heißt, ihre Wirkung beruht auf Suggestion. Dr. Peter Sawicki, ehemaliger Leiter des Kölner Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen

Ärztin warnt vor Konsequenzen

Allgemeinmedizinerin Cornelia Pieper hat gute Erfahrungen mit Homöopathie gemacht. | Bildquelle: WDR

Einige sehen das anders, zum Beispiel Cornelia Pieper, Ärztin aus Remscheid. Dem WDR sagte sie am Donnerstag, es gebe schon Studien, die die Wirkung von Homöopathie belegten. Darüber hinaus arbeite sie seit mehr als 30 Jahren homöopathisch und erlebe immer die Wirkung und wie sie dem Patienten helfen könne.

Pieper warnte vor den Konsequenzen. Homöopathie sei eine beliebte alte Heilmethode, die von Patienten oft nachgefragt werde. Finanzschwache Patienten würden nun hinten runterfallen, wenn sie die Kosten nicht mehr von den Kassen übernommen würden und homöopathische Leistungen selbst gezahlt werden müssten.

Es schadet den Patienten und es schadet dem System, weil die Therapie-Vielfalt verloren geht. Es ist mir unerklärlich, warum Herr Lauterbach diese Möglichkeit dem Patienten nehmen möchte. Cornelia Pieper, Ärztin aus Remscheid

Überschaubare Einsparungen bei den Kassen

Die geschätzten Einsparungen durch den geplanten Schritt bezifferte Lauterbach auf 20 bis 50 Millionen Euro pro Jahr. Die gesetzlichen Kassen gaben 2021 für homöopathische Mittel allein rund 7 Millionen Euro aus, für anthroposophische Arzneimittel knapp 15 Millionen. Gemessen an den Gesamtausgaben sind die Summen aber überschaubar.

Die DAK zum Beispiel gibt pro Jahr etwa aus ihrem Haushalts-Topf mit 27 Milliarden Euro etwa 1,5 Millionen Euro für homöopathische Behandlungen aus, wie sie am Donnerstag dem WDR sagte - also 0,0055 Prozent der Gesamtausgaben. Auch die Techniker Krankenkasse gebe noch nicht einmal ein Promille ihrer Ausgaben für Homöopathie aus, so ihr Pressesprecher zum WDR.

"Was die Finanzwirkung angeht, handelt es sich mehr um eine symbolische Geste als um eine Maßnahme mit tatsächlichem Effekt." GKV, Spitzenverband Bund der Krankenkassen

Medizinwissenschaftler: "Es geht nicht ums Geld - sondern um das Vertrauen"

Medizinwissenschaftler Peter Sawicki sieht Homöopathie kritisch. | Bildquelle: WDR

Auch Medizinwissenschaftler Peter Sawicki betonte am Donnerstag, dass es dabei wohl nicht ums Geld gehe sondern um das Vertrauen. "Es geht darum, dass sich die Patienten darauf verlassen können, dass das, was nicht von den Kassen erstattet wird, auch ohne belegten Nutzen ist", sagte Sawicki dem WDR.

Während SPD und FDP Lauterbachs Ankündigung begrüßten, kritisierte sie die CDU als "Nebelkerze" mit der es nicht gelingen werde, nachhaltige Stabilität in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu schaffen. Auch der Gesundheitsexperte der Grünen-Fraktion im Bundestag, Janosch Dahmen, bezeichnete die Pläne als unzureichend für Einsparungen.

Bisher sind Krankenkassen unterschiedlich mit der Kostenerstattung verfahren

Viele Krankenkassen haben bisher die Kosten für die Homöopathie erstattet, allerdings in unterschiedlicher Höhe, so der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Manchmal zahlten die Kassen die Therapie, teilweise die Arzneimittel ganz oder anteilig bis zu unterschiedlichen Obergrenzen. Jede Krankenkasse entscheide das selbst.

Unsere Quellen:

  • dpa
  • KNA
  • Tagesschau
  • Techniker Krankenkasse
  • DAK

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 11.01.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.