Mit Kameras gegen Handy-Sünder am Steuer: Auch für NRW eine Option?

Stand: 02.06.2022, 08:37 Uhr

Mit einem Kamerasystem werden Autofahrer in Rheinland-Pfalz seit Mittwoch überführt, wenn sie das Handy nutzen. Auch in NRW ist die Ablenkung am Steuer ein Problem.

Von Christian Wolf

Mal kurz die neueste Nachricht lesen oder das Fahrtziel in der Navi-App ändern - natürlich während der Fahrt und mit einer Hand am Steuer. Jeder kennt das und so manch einer macht es. Trotz großer Kampagnen und höherer Strafen können viele das Fahren mit dem Handy am Ohr oder in der Hand nicht lassen. Zu groß scheint der Druck, immer erreichbar zu sein.

Kamera scannt Autofahrer

Eine neue Technik könnte nun helfen, mehr Autofahrer mit Handy oder Tablet zu überführen. Im rheinland-pfälzischen Trier ist am Mittwoch ein Pilotprojekt mit einem Kamerasystem gestartet. Die Kamera wird auf einer erhöhten Position wie zum Beispiel einer Autobahnbrücke angebracht und beobachtet den Verkehr. Dabei wird auf Handys im Bereich des Fahrers sowie auf eine entsprechende Handhaltung geachtet.

Erkennt das System, dass ein Gerät am Steuer benutzt wird, löst die Kamera aus und dokumentiert die Situation mit einem Foto. Danach schauen sich geschulte Polizisten die Bilder an und bewerten unmittelbar vor Ort, ob tatsächlich ein Verstoß vorliegt. Hatte das System recht, werden 100 Euro Bußgeld fällig und es gibt einen Punkt in Flensburg.

"Durch den Einsatz der neuen Kamera versprechen wir uns eine weitere Erhöhung der Verkehrssicherheit", sagt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz. Es handele sich um ein in Deutschland bislang einzigartiges Projekt. Die niederländische Polizei habe das System zusammen mit der Universität in Utrecht entwickelt und nutze bereits 20 Geräte. Etwa ein halbes bis ein Prozent aller Autofahrer seien dabei mit dem Handy in der Hand erwischt worden, heißt es.

Wie effektiv das Kamerasystem auch hierzulande sein könnte, hat kürzlich ein erster Test in Mainz gezeigt. Trotz eines Hinweisschilds und bei starkem Verkehr wurden etwa 20 Auto- und Lastwagenfahrer pro Stunde mit einem Handy in der Hand entdeckt. In Trier soll die Technik nun drei Monate lang getestet werden, danach in Mainz.

Viele Handy-Verstöße in NRW

Wäre das nicht auch etwas für NRW? Schließlich wollen Politik und Polizei auch bei uns verhindern, dass es wegen der Ablenkung am Steuer zu Unfällen kommt. Allein im vergangenen Jahr wurden fast 158.000 Handy-Verstöße in NRW registriert. Bei 238 Unfällen mit Personenschäden oder schweren Sachschäden galt die Ablenkung durch elektronische Geräte als Ursache.

Doch ein baldiger Einsatz des Kamerasystems in NRW zeichnet sich nicht ab. Die nun in Rheinland-Pfalz gestartete automatisierte Überwachung wird vom NRW-Innenministerium zwar als "grundsätzlich eine Möglichkeit" bezeichnet, um die Verkehrssicherheit zu steigern. Die Erprobung werde deshalb "beobachtet". Doch "aktuell ist nicht geplant", die Technik auch in NRW zu testen, heißt es auf WDR-Anfrage.

Datenschutz ein Hindernis?

Vielleicht hält sich das Land auch deshalb zurück, weil es beobachten will, wie der Kamera-Einsatz bei Datenschützern ankommt. Auf dieses Problem weist nämlich der ADAC hin. Zwar sei es "absolut sinnvoll", Handyverstöße im fließenden Verkehr zu überwachen, sagt Thomas Müther vom ADAC Nordrhein. Ob das aber mit dem System aus Rheinland-Pfalz rechtskonform möglich sei, "werden letztendlich die Gerichte entscheiden müssen".

Das Innenministerium in Mainz weist jedenfalls schon einmal darauf hin, dass alles "in enger Abstimmung" mit dem dortigen Datenschutz-Beauftragten passiere und das System geprüft worden sei.