Interview mit Gnu
"Spiele haben mir durch viele schwere Phasen geholfen."
Stand: 10.02.2024, 12:00 Von Prasanna Boltersdorf Glücksfunken
Von Prasanna Boltersdorf
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KommentierenMit ihren Gaming-Streams wurde Jasmin Sibel alias "Gnu" zu einer der erfolgreichsten deutschen Youtuberinnen. Sie hat ihre Leidenschaft, das Gaming, zum Beruf gemacht. Wie das Spielen ihr Leben positiv beeinflusst hat und in welcher Spielwelt sie gerne einen Tag verbringen würde, erzählt sie im Interview mit kugelzwei.
kugelzwei: Hast du heute schon gestreamt?
Gnu: Ich lege jetzt gleich los, von 15 bis 23 Uhr.
kugelzwei: Du legst also praktisch eine Spätschicht ein. Ist Spielen für dich eigentlich nur noch ein Job oder findest du auch privat noch Zeit fürs Gaming?
Gnu: Ich versuche, Spiele, die ich gerne spielen möchte, direkt in meinen Content zu integrieren. Es gibt natürlich Games, die ich wirklich nur privat für mich spiele, aber das wird zeitlich manchmal schwierig und ich teile auch einfach gern mit den Leuten.
kugelzwei: Hast du denn auch noch Lust am Spielen?
Gnu: Auf jeden Fall.
kugelzwei: In welcher Videospiel-Welt würdest du gerne mal einen Tag verbringen?
Gnu: Kommt drauf an ... Wenn ich darin nicht sterben könnte, würde ich irgendein krasses Horror-Game wie "Silent Hill" wählen. Wenn es aber eine heile Gaming-Welt sein sollte, würde ich mich in ein Cozy Game wie „Dreamlight Valley“ oder „Animal Crossing“ flüchten, wo man einfach mal auf einer Insel ist und nichts macht.
kugelzwei: Aber nur, wenn die Insel-Bewohnenden nicht nerven!
Gnu: Ja genau, wenn die mich dann nicht ausnutzen wollen, wie Tom Nook [Anm. der Red.: fiktive Figur aus dem Spiel "Animal Crossing", der verantwortlich ist für den Ausbau deines Hauses und den Verkauf von Grundstücken].
kugelzwei: Wie hat Gaming dein Leben bereichert, Gnu?
Gnu: Mein Englisch hat sich zum Beispiel deutlich verbessert, dadurch, dass viele Games auf Englisch sind und man automatisch viel auf Englisch hört und liest. Dadurch war ich in der Schule damals auch schon immer etwas weiter als andere. Und meine Schwester meint, ich hätte ein gutes Gedächtnis wegen der Games, weswegen ich mein Auto auf Parkplätzen immer schnell wiederfinde.
Warum heißt Gnu eigentlich “Gnu”?
Jasmin Sibel (Jahrgang 1989) bezeichnet sich selbst als Content Creatorin, Gamerin und Youtuberin. Schon früh hat sie sich zum Ziel gesetzt, ihre Leidenschaft, das Gaming, zum Job zu machen. Nach beruflichen Ausflügen in die Modelwelt, Medien und einem abgeschlossenen Studium im Mediendesign, startete sie 2015 ihren ersten Youtube-Kanal, später folgten Instagram und Twitch.
Den Namen “Gnu” gab sie sich damals in Online-Games, um nicht direkt als Mädchen erkannt zu werden. 2021 wurde Jasmin zu Deutschlands reichweitenstärkster Youtuberin gekürt. Ihre Community ist ihren Angaben zufolge überwiegend jung und weiblich.
kugelzwei: Gibt es eine Gaming-Figur, die dich besonders inspiriert hat?
Gnu: Da gibt’s echt viele, aber ich fand die Entwicklung von Lara Croft [Anm. der Red.: Hauptfigur der Action-Adventure-Spielreihe "Tomb Raider", auf der Jagd nach mysteriösen Artefakten auf der ganzen Welt] ganz cool. Am Anfang habe ich mich mit ihr gar nicht identifizieren können, weil sie komplett emotionslos war. In späteren Teilen wurde sie nahbarer und hat mehr Emotionen gezeigt.
kugelzwei: Ist es deiner Meinung nach möglich, sich mit Gaming-Charactern zu identifizieren?
Gnu: Definitiv. Ich wünsche mir deswegen auch oft Remakes von Spielen, denn früher hatten Character eine ganz andere charakterliche Tiefe, weil man sich grafisch noch nicht so sehr am Äußerlichen austoben konnte. Und ähnlich wie bei Filmen, glaube ich, dass man bei neueren Games den Fokus auf eine coole Grafik und Special Effects legt, aber die Story dafür nur heiße Luft ist und keinen tollen Plot Twist hat.
kugelzwei: Du beschreibst in deinem Buch "Du schaffst das nicht", dass du dir Gaming-Character zeitweise auch optisch als Vorbild genommen hast, zum Beispiel Lara Croft als Schönheitsideal. Was war dir da besonders wichtig?
Gnu: Ich erinnere mich, dass meine Freundinnen damals alle Poster von Britney Spears und Kate Moss hatten und bei mir waren es immer Character aus asiatischen Games. Ich habe damals immer darauf geachtet, ob die Figuren einen flachen Bauch hatten. Und das Ideal, sehr dünn zu sein, wurde dadurch auch ein bisschen mein eigenes Ideal.
Damals habe ich beispielsweise „Dead or Alive“ gespielt. Das Interessante dabei war, dass ich mich als Frau eigentlich nur gefreut habe, die weiblichen Character cool kleiden zu können oder ihnen Nagellack zu verpassen. Dass das Spiel einen ganz anderen Fokus hatte und auch ein anderes Publikum ansprechen wollte, war mir noch nicht bewusst.
Ich schaue gerade einen asiatischen Anime und dort wird auch richtiges "Boob-Shaming" betrieben mit Personen, die kleine Brüste haben. Das beobachte ich auch in Games. Da werden weibliche Character mit kleineren Oberweiten oft abgewertet. Das hat bestimmt auch etwas mit mir gemacht damals, wenn man dann denkt: "Oh, die sieht ja aus wie ich!".
kugelzwei: Würdest du sagen, dass die Darstellung von weiblichen Körpern in Games immer noch so ist, oder beobachtest du da eine Entwicklung?
Gnu: Es gibt Stimmen, die sagen, dass unsere Gaming-Character immer hässlicher werden. Sie sagen zum Beispiel, dass die Hauptfigur von "Horizon Zero Dawn" Flaum hat oder dass Abby in "The Last of Us" zu kräftig und nicht sexy ist. Da denke ich mir auch: Also, wenn ich jetzt in der Apokalypse leben würde, wäre ich auch lieber stark als sexy. Ich glaube also, es gibt definitiv eine Entwicklung, das finde ich gut.
kugelzwei: Die Figuren sollten deiner Meinung nach also in die Story passen. Wünschst du dir für die Zukunft, dass das so bleibt?
Gnu: Wenn ein Character in einem Kampfspiel unnatürliche Kampf-Moves ausführt, ist es mir eigentlich auch egal, wenn die Figur ein bisschen unnatürlich aussieht. Aber ich finde es gut, dass man in vielen Spielen Figuren ganz individuell erstellen kann oder die Auswahl an Figuren so groß ist, dass für alle was dabei ist und sich alle wohlfühlen.
kugelzwei: Es gibt auch Spiele, gerade von kleinen, unabhängigen Entwicklerfirmen, die sich mit Mental Health befassen. Hast du selber schon mal sowas wie "Spiritfarer" oder "Gris" gespielt?
Gnu: "Spiritfarer" steht auf meiner Liste, aber ich bin gerade emotional nicht in der Lage, diese Art von traurigen Spielen zu spielen, weil ich dann immer mitweinen muss. Ich spiele Games, die sich mit Tod, Trauer und Abschied befassen, gerne auch gemeinsam mit meiner Community. Die Spiele helfen einem nämlich echt, weil man daran erinnert wird, was wichtig im Leben ist. Spiele haben mir durch sehr viele schwere Phasen geholfen und es gibt so viele schöne Indie-Games, denen man mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.
kugelzwei: Du hast mittlerweile mehrere Youtube-Kanäle, auf denen nur nicht nur Gaming-, sondern auch Fitness-Content zeigst. Warum?
Gnu: Genau, ich habe im letzten Jahr viel Fitness-Content gezeigt, aber eher vor einem gesundheitlichen Hintergrund. Ich möchte meiner Community damit auch diese Aspekte näherbringen. Von dem vielen Sitzen durch das Gaming habe ich Rückenschmerzen bekommen und versuche dem mit Sport entgegenzuwirken.
Ich habe gemerkt, dass meine Community ein Stück weit mit mir groß wird und groß geworden ist. Da sehe ich mich auch in der Verantwortung, ihnen zu zeigen, dass vieles auf Social Media und in Games nicht der Realität entspricht. Gaming wird immer zu meinem Leben gehören, aber ich will meine Stimme auch für andere Bereiche nutzen.
Gnu über eine gute Zukunft und inspirierende Ideen
kugelzwei: Gnu, was, wenn die Zukunft gut wird?
Gnu: Die Zukunft wird gut, wenn es Gaming-technisch mehr Remakes von guten alten Spielen gibt und sich Games noch mehr mit AI-Elementen verbinden. Und wenn die Zukunft gut wird, schenkt man Indie-Games mehr Aufmerksamkeit.
kugelzwei: Wer oder was hat dich zuletzt inspiriert?
Gnu: Mich hat zuletzt Hans Zimmer inspiriert. Ich durfte ihn treffen und mochte seine ruhige und bodenständige Art. Er hat mich auch inspiriert, irgendwann nochmal ein Instrument zu lernen. Ich finde es ganz wichtig, nicht immer nur zu gucken, dass von außen gesehen alles passt, sondern man auch innerlich zufrieden ist.
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