Gesellschaft
Sind die Feiertage in Deutschland noch zeitgemäß?
Stand: 28.10.2024, 16:37 Von Isabel Krämer Gedankenspiele
Von Isabel Krämer
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Kommentieren [145]Die meisten Feiertage in Deutschland sind christliche Feste. Ist das in unserer Gesellschaft heute noch sinnvoll?
Feiertage sind toll! Doch Ostern, Weihnachten und Co. feiern längst nicht alle Menschen in Deutschland. Wenn wir die Feiertage zum Beispiel von Menschen jüdischen oder muslimischen Glaubens berücksichtigen – braucht unser Kalender dann andere oder flexiblere Feiertage?
Wie viele Feiertage hat Deutschland eigentlich?
Insgesamt gibt es in Deutschland neun gesetzlich geschützte bundesweite Feiertage. Drei davon sind geschichtlich geprägt: der Tag der Arbeit, der Tag der deutschen Einheit und das Neujahrsfest. Die übrigen sechs sind christlichen Ursprungs. Die restlichen Feiertage legen die Bundesländer selbst fest.
Karfreitag, Pfingsten oder die Feiertage zu Weihnachten bescheren uns also Jahr für Jahr freie Tage. Aber: Wie gut weißt du eigentlich über christliche Feste und ihre Bedeutung Bescheid? Mehrere kleine Umfragen deuten darauf hin, dass viele anscheinend gar nicht mehr so genau wissen, was sich hinter den Anlässen verbirgt.
Christliche Feiertage – trotz Kirchenaustritten und Zuwanderung?
Das Unwissen über den Ursprung mancher Feiertage in Deutschland liegt unter anderem auch darin begründet, dass immer weniger Menschen Mitglieder einer Kirche sind. Kirchenaustritte einerseits und die Zuwanderung von Menschen anderer Glaubensgemeinschaften andererseits sind Ursachen für diese Entwicklung. Die Konsequenz: Weniger als die Hälfte der Bevölkerung gehört noch einer der beiden großen Kirchen an.
Ein wesentlicher Teil der Bevölkerung in Deutschland begeht also einige Feiertage, ohne zu wissen, warum. Oder es hat für sie zumindest wenig Bedeutung. Ein weiterer Punkt: Viele Menschen haben einen anderen Glauben. Muslime beispielsweise haben an ihren Feiertagen aber nur selten frei.
Freistellung für Zuckerfest und Chanukka
Wer einer anderen Religionsgemeinschaft als einer der großen Kirchen angehört, kann seine Feiertage in vielen Fällen trotzdem feiern, dank Freistellung. In den meisten Bundesländern genügt für die Freistellung von der Schule eine Entschuldigung der Eltern. Selbst auf der Arbeit ist eine Freistellung für Feiertage möglich, die Regeln sind von Land zu Land allerdings unterschiedlich.
In Berlin gibt es seit 2019 einen neuen Feiertag. Am 8. März feiert das Land den Tag der Frauen. Thüringen hat 2019 den Weltkindertag am 20. September zum Feiertag gemacht. Das zeigt, dass gesetzliche Feiertage in Deutschland neu verhandelt werden können. Wir fragen uns also: Wie könnte ein Feiertagskalender für eine sich ständig wandelnde Gesellschaft aussehen?
Sind schwimmende Feiertage in Deutschland die Lösung?
Wir könnten es so machen wie die Vereinten Nationen: Für das Personal gelten die Feiertage des Landes, in dem sie arbeiten. Andererseits gibt es für jede Person einen zusätzlichen freien Tag, einen sogenannten "Floating Holiday". Dieser "schwimmende" Tag kann aus einer Liste von vorab bestimmten Feiertagen ausgewählt werden. Wer in China arbeitet, kann dann trotzdem an den Feiertagen zu Weihnachten frei haben.
Schwimmende Feiertage würden den unterschiedlichen Ansichten der Menschen begegnen. Weil wir wählen müssten, würden wir uns vielleicht auch intensiver mit der Bedeutung von Feiertagen auseinandersetzen. Der zusätzliche schwimmende Tag gäbe sogar Anhänger:innen christlicher Religionsgemeinschaften die Möglichkeit, am Zuckerfest teilzunehmen oder Chanukka kennenzulernen.
Mehr Urlaub statt Feiertage
Gesetzlich festgelegte Feiertage könnten wir auch in frei wählbare Urlaubstage umwandeln. Die Vielfalt innerhalb einer Bevölkerung wäre so maximal berücksichtigt und die Feiertage nicht mehr an nur eine Religion gekoppelt.
Wie wäre es, wenn wir den Tag des Baumes feiern, dafür aber an Pfingsten arbeiten? Die Idee von mehr Urlaub scheint auf den ersten Blick verlockend. Andererseits fällt das Gemeinschaftsgefühl allgemein geltender Feiertage weg. In Betrieben und Schulen müsste vieles neu organisiert werden, aber...
Letztendlich geht es um die Frage: Wie könnten die Feiertage in Deutschland neu gedacht werden, um der Vielfalt in unserer Gesellschaft besser gerecht zu werden? Eine einfache Antwort gibt es darauf wohl nicht. Jede Änderung sollte gut bedacht sein, denn sie ist nicht nur mit sehr großem Aufwand verbunden, sondern auch mit Emotionen.
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Mehr Informationen zum Thema:
Feiertage in Deutschland (bmi.bund.de)
UN – Floating Holiday (ask.unog.ch)
Anteil der katholischen und evangelischen Kirchenmitglieder an der Bevölkerung (bpb.de)
Religionszugehörigkeit Aufteilung (2021, fowid.de)
Für mehr Vielfalt bei den Feiertagen (sz-magazin.sueddeutsche.de)
145 Kommentare
Kommentar 145: taschra schreibt am 29.12.2024, 16:01 Uhr :
tja da sollten sich alle die offensichtlich MK-Ultra genießen, woher kommt der Christliche Feiertag oder das Christentum... wusste noch nicht das Jesus Deutscher war. Im Übrigen sollte man wissen das die Bibel vor dem Koran geschrieben sein soll. Der Koran entstand ca 600 nach Christus Prophet Mohammed ca 630 gestorben. Insbesondere darauf zu achten das Jesus Maria und Josef eindeutig im Koran verankert sind. Habe ihn zuhause und gelesen😊 (die damaligen Türkei war Arabisch ‼️
Kommentar 144: Hugo schreibt am 27.12.2024, 05:28 Uhr :
Gäste sind herzlich willkommen. Wenn sie jedoch beginnen, rauchend auf dem Buffet zu tanzen und die Wohnung nach eigenem Geschmack umzugestalten, sollte der Gastgeber vielleicht überlegen ob er die Party sicherheitshalber abbricht.
Kommentar 143: Robert schreibt am 26.12.2024, 22:02 Uhr :
Bei der Frage der Einführung oder Abschaffung von gesetzlichen Feiertagen geht es vor allem immer auch um das Thema Ladenschließung. Da immer mehr Menschen alleine leben müssen, werden sie durch die vielen Ladenschließungen noch mehr aus der Gesellschaft ausgeschlossen, an Sonntagen und allen Feiertagen, oder sie werden gedrängt, um Einsamkeit zu beenden, in die Kirche zu gehen. Eher finde ich zielführend, dass nicht nur wie hier in der Stadt Rossmann im Bahnhof an allen Feiertagen bzw. Sonntagen eine immer länger werdende multikulturelle Warteschlange an der Kasse haben muss. Es wäre schon zielführend, an allen Feiertagen und Sonntagen dürfte eine handvoll Supermärkte in jedem Ort und jeder Stadt offen haben. Es ist einer modernen Massengesellschaft aus meiner Sicht nicht mehr würdig, dass sie sich so oft von der Versorgung mit dem Nötigsten abschottet. Arbeitszeiten in den Märkten könnten in Schichtdienst erbracht werden. Das wäre nicht das Problem. Viele würden da gerne arbeiten.
Kommentar 141: Peter schreibt am 26.12.2024, 13:34 Uhr :
Wo genau spaltet der Artikel denn? Mit einem zusätzlichen Urlaubstag, den sich jeder gleichberechtigt so legen kann, wie man möchte? Merkste selber!
Kommentar 140: Johann Moritz schreibt am 26.12.2024, 13:11 Uhr :
Umwandlung der gesetzlichen, feststehenden Feiertage zu frei verfügbaren Urlaubstagen mag im Arbeitsalltag kein Problem sein: Man beantragt den Urlaubstag und wenn nicht gerade alle dann frei haben wollen, gibt es keinen Grund, ihn nicht zu gewähren. Aber was ist mit den Schulen? Schüler und Lehrkräfte haben idR keine frei verfügbaren Urlaubstage, sie müssen nehmen, was an Ferien geboten wird. Das deckt sich dann aber nicht unbedingt für alle mit den persönlichen Bedürfnissen - der eine möchte zu muslimischen Festen frei, der andere zu katholischen, der dritte ist orthodox (da ist Weihnachten 2 Wochen später!), und der vierte möchte die Flextage am liebsten schlicht als zweiwöchige Verlängerung der Sommerferien nutzen. Hat sich dazu auch mal jemand Gedanken gemacht?
Kommentar 139: mehr Feiertage schreibt am 26.12.2024, 12:02 Uhr :
zusätzlich zu den vorhandenen wäre ein jüdischer und ein muslimischer Feiertag das richtige. Das zeigt die Wertschätzung der anderen Religionen und fördert die Gemeinschaft, in der alle (Religionen) Platz haben.
Kommentar 138: Gerald schreibt am 20.12.2024, 13:34 Uhr :
Die Idee, mehr als 40 Millionen Menschen aus Deutschland ihre Identität nehmen zu wollen, ist eine Beleidigung! Jedem stehen ausreichend Urlaubstage zur Verfügung um andere/weitere Rituale zu feiern. Dieser Beitrag schlägt faktisch vor, unsere Gesellschaft zu spalten. Was soll das?
Kommentar 137: phil schreibt am 02.11.2024, 09:53 Uhr :
die idee schwimmender feiertage find ich spitzenmäßig. gesetzliche religiöse feiertage sind längst nicht mehr zeitgemäß. frohen baumtag! :)
Kommentar 136: Anna schreibt am 30.05.2024, 01:43 Uhr :
Ich finde nicht das man in einem christlichen Land darüber nachdenken muss Feiertage zu streichen. Egal wer, woher und welche Religion. Jeder der hart arbeiten muss ist sehr froh über Feiertage. Denn wenn wir ehrlich sind, nur die wenigsten hätten mehr Urlaub wenn sie statt Feiertage Urlaub hätten.. oder könnten ihn nicht nehmen.. oder die extra Tage werden versteuert (: Feste Feiertage sind für jeden ein Tag zum erholen und da wir hier ja immer mehr arbeiten sollen ist Erholung sehr viel besser.
Antwort von kugelzwei , geschrieben am 31.05.2024, 14:58 Uhr :
Sind schwimmende Feiertage dann eine Lösung? Menschen könnten sich ihre Tage aus einer vorab bestimmten Liste individuell zusammenstellen.
Kommentar 135: Amelie schreibt am 21.05.2024, 05:27 Uhr :
Ich fände es interessant, wie sich das organisatorisch ausgestalten ließe. Also z.B. den Tag der Deutschen Einheit oder Neujahr können ja weiterhin gefeiert werden, weil der eine mit der Identität der Bundesrepublik zusammenhängt und der andere von fast allen gefeiert wird. Zusätzlich sollte es aber viele verschiebbare freie Tage geben, an denen man sich freinehmen kann (wie z B religiöse Feiertage), aber nicht muss. Man räumt quasi jeder Person 10 Feiertage im Jahr ein. An welchen Tagen dafür freigekommen werden darf, wird unabhängig der Religionszugehörigkeit festgelegt. Allerdings bringt das eine Komplexität mit sich. Auch Menschen, die nicht in den christlichen Kirchen sind, feiern Weihnachten, sodass viele da frei haben wollen. Das wäre organisatorisch bestimmt schwierig. Allerdings kann man sich als Staat ja überlegen, welche Feiertage festgesetzt werden sollen und welche optional bleiben, sodass man bespielsweise an Himmelfahrt arbeiten geht, dafür aber am Zuckerfest frei hat.
Kommentar 134: Ralf Jasper schreibt am 20.05.2024, 18:34 Uhr :
Ich bin der Meinung, dass die christlich geprägten Feiertage eine gute Sache sind. Immer weniger Menschen begehen diese Tage ihrer Tradition gemäß, aber die Tage bieten doch die Gelegenheit zur Auseinandersetzung, was Zeitungsartikel und Nachrichtenmeldungen zeigen. Als Christ, der ich bin, fände ich natürlich eine größere Identifikation einer breiteren Menge mit diesen Tagen schön, die Zeit anhalten aber kann ich nicht. Deswegen macht mir eine fortlaufende Diskussion um unsere Feiertage für alle Menschen im Land Freude. Das Zuckerfest hinzuzunehmen und dafür den Pfingstmontag zu streichen, fände ich ein schönes Willkommen für muslimisch Gläubige. Feiertage sind ein Ort der Gemeinschaft, des Erinnerns und der Identifikation.