
Gesellschaft
Sind die Feiertage in Deutschland noch zeitgemäß?
Stand: 20.02.2023, 10:39 Gedankenspiele
Von Isabel Krämer
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Kommentieren [2]Feiertage sind toll! Weihnachten und Ostern feiern aber nicht alle. Sollte unser Kalender andere gesetzliche Feiertage haben?
In Deutschland hat jedes Bundesland andere gesetzliche Feiertage
Insgesamt gibt es in Deutschland neun gesetzlich geschützte bundesweite Feiertage. Die restlichen Feiertage legen die Bundesländer selbst fest. Sechs von den neun nationalen Feiertagen sind religiösen — also christlichen — Ursprungs. Der Tag der Arbeit, der Tag der deutschen Einheit sowie das Neujahrsfest hingegen sind geschichtlich geprägt.
Karfreitag, Pfingsten und Himmelfahrt bescheren uns also Jahr für Jahr freie Tage. Viele wissen aber anscheinend gar nicht mehr so genau, was sich hinter den Anlässen eigentlich verbirgt. Darauf deuten mehrere kleine Umfragen hin.
Kirchenaustritte und Zuwanderung
Das Unwissen über den Ursprung mancher Feiertage liegt unter anderem auch darin begründet, dass immer weniger Menschen Mitglieder einer Kirche sind. Kirchenaustritte einerseits und die Zuwanderung von Menschen anderer Glaubensgemeinschaften andererseits sind Ursachen für diese Entwicklung. Die Konsequenz: Nur gut die Hälfte der Bevölkerung gehört noch einer der beiden großen Kirchen an.
Ein wesentlicher Teil der Bevölkerung in Deutschland begeht also einige Feiertage, ohne zu wissen, warum. Oder es hat für sie zumindest wenig Bedeutung. Ein weiterer Punkt: Viele Menschen haben einen anderen Glauben. Muslime beispielsweise haben an ihren Feiertagen aber nur selten frei.
Freistellung für Zuckerfest und Chanukka
Wer einer anderen Religionsgemeinschaft als einer der großen Kirche angehört, kann seine Feiertage in vielen Fällen trotzdem feiern, dank Freistellung. In den meisten Bundesländern genügt für die Freistellung von der Schule eine Entschuldigung der Eltern. Selbst auf der Arbeit ist eine Freistellung für Feiertage möglich, die Regeln sind von Land zu Land allerdings unterschiedlich.
In Berlin gibt es seit 2019 einen neuen Feiertag. Am 8. März feiert das Land den Tag der Frauen. Thüringen hat 2019 den Weltkindertag am 20. September zum Feiertag gemacht. Das zeigt, dass Feiertage neu verhandelt werden können. Wir fragen uns also: Wie könnte ein Feiertagskalender für eine sich ständig wandelnde Gesellschaft aussehen?
Sind schwimmende Feiertage die Lösung?
Wir könnten es so machen wie die Vereinten Nationen: Für das Personal gelten die Feiertage des Landes, in dem sie arbeiten. Andererseits gibt es für jede Person einen zusätzlichen freien Tag, einen sogenannten "Floating Holiday". Dieser "schwimmende" Tag kann aus einer Liste von vorab bestimmten Feiertagen ausgewählt werden. Wer in China arbeitet, kann dann trotzdem an Weihnachten frei haben.

Schwimmende Feiertage würden den unterschiedlichen Ansichten der Menschen begegnen. Weil wir wählen müssten, würden wir uns vielleicht auch intensiver mit der Bedeutung von Feiertagen auseinandersetzen. Der zusätzliche schwimmende Tag gäbe sogar Anhänger:innen christlicher Religionsgemeinschaften die Möglichkeit, am Zuckerfest teilzunehmen oder Chanukka kennenzulernen.
Mehr Urlaub statt Feiertage
Gesetzlich festgelegte Feiertage könnten wir auch in frei wählbare Urlaubstage umwandeln. Die Vielfalt innerhalb einer Bevölkerung wäre so maximal berücksichtigt und die Feiertage nicht mehr an nur eine Religion gekoppelt.
Wie wäre es, wenn wir den Tag des Baumes feiern, dafür aber an Pfingsten arbeiten? Die Idee von mehr Urlaub scheint auf den ersten Blick verlockend. Andererseits fällt das Gemeinschaftsgefühl allgemein geltender Feiertage weg. In Betrieben und Schulen müsste vieles neu organisiert werden.
Letztendlich geht es um die Frage: Wie könnte ein Feiertagskalender für eine sich ständige verändernde Gesellschaft aussehen? Eine einfache Antwort gibt es wohl nicht auf diese Frage. Jede Änderung sollte gut bedacht sein, denn sie ist nicht nur mit sehr großem Aufwand verbunden, sondern auch mit Emotionen.
Mehr Informationen zum Thema:
Feiertage in Deutschland (bmi.bund.de)
UN – Floating Holiday (ask.unog.ch)
Anteil der katholischen und evangelischen Kirchenmitglieder an der Bevölkerung (bpb.de)
Religionszugehörigkeit Aufteilung (2021, fowid.de)
Für mehr Vielfalt bei den Feiertagen (sz-magazin.sueddeutsche.de)
2 Kommentare
Kommentar 2: Vordenker schreibt am 14.02.2023, 12:11 Uhr :
Die übermäßige Präsenz christlicher Feiertage spiegelt nach meiner Meinung nicht die gesellschaftliche Verteilung wider. Ein radikaler Umbau dieser Tage würde von den verbliebenen Gläubigen jedoch nicht akzeptiert. Von den Kosten für Arbeitgeber bzgl. neuer Verwaltungssoftware, etc. mal abgesehen. Daher wäre ein Kompromiss eine gute Lösung, z.B. den Pfingstmontag in einen - wie im Text vorgestellten - "Floating Holiday" umzuändern *und* zusätzlich einen weiteren christlichen Feiertag (Karfreitag, Ostermontag oder Chr. Himmelfahrt) in einen gesellschaftlich relevanten Tag umzuwandeln, z.B. Tag der Frauen, Kinder, etc. Gute Ideen gäbe es da sicherlich viele und die Akzeptanz unter den verbliebenen Christen höher. Von denen ein Großteil eher Mitläufer als streng religiös sind.
Kommentar 1: Denker schreibt am 07.02.2023, 08:44 Uhr :
Die Frage ob dieses Gedankenspiel Zeitgemäß ist oder nicht stellt sich nicht. Ich möchte nicht in einem Land Leben wo ich Feiertage von anderen Ländern / Nationen vorgesetzt bekomme. Wem es nicht passt das wir diese Feiertage haben, der sollte dieses Land wieder verlassen. Hier hören für mich die Gedankenspiele auf. Ich lasse mir von Kulturen Fremder in meiner Heimat nicht Änderung von Feiertagen vorsetzten zu lassen. Wer andere Feiertage möchte soll Sie in seinem Herkunftsland ausleben und nicht hier.