Teil 2: Entzug der Trainerlizenz, eine milde Strafe

Stand: 18.02.2019, 07:27 Uhr

Von Andrea Schültke

Nach Angaben des Justizministeriums des Bundeslandes, darf ein Gefangener "in der Regel nicht seiner früheren beruflichen Tätigkeit nachgehen, sofern er die Straftaten in diesem Umfeld begangen hat." Offensichtlich hat die Haftanstalt das im vorliegenden Fall zunächst nicht geprüft, inzwischen die Turnierstarts aber wohl untersagt. Das geht aus einer Antwort des Landes-Justizministeriums auf Anfrage von Sport inside hervor. Demnach startet der Gefangene zurzeit nicht (mehr) auf Turnieren.

Nach der Berichterstattung ist nun auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung aktiv geworden. Der Dachverband kennt den Fall seit zwei Jahren und weiß seit mehr als fünf Monaten, dass der Häftling auf Turnieren ritt. Nach dem Urteil im Mai 2016 hat die FN dem Täter zwar die Trainerlizenz entzogen -  eine milde Strafe, denn die Berufsbezeichnung "Reitlehrer" ist nicht geschützt. Jede Person kann Unterricht geben, ganz gleich, ob sie eine Trainerlizenz besitzt oder nicht.

FN zögerte lange

Eine Jahresturnierlizenz aber ist für jeden Reiter vorgeschrieben, der an Turnieren teilnehmen will. Ein Entzug dieser Berechtigung hätte viel früher verhindert, dass der Täter während seiner Haft auf Turnieren startet und dort auf sein Opfer hätte treffen können. Die Verweigerung der Lizenz ist eine harte Strafmaßnahme, vor der der Verband im aktuellen Fall lange zurückschreckte. Im vergangenen Jahr sah die FN – trotz der Turnierstarts während der Haft - keine Möglichkeit, dem Mann die Turnierlizenz zu entziehen. Obwohl der Reiter im Umfeld des Sports zum Täter gewordenen war und auf den Turnieren auf sein Opfer hätte treffen können.

Nach der Berichterstattung war eine Lizenzverweigerung für das laufende Jahr dann doch möglich. Da das Urteil nach FN-Aussage jetzt rechtskräftig ist, hat der Verurteilte gegen die Lizenzverweigerung offenbar keinen Widerspruch eingelegt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies der erste Fall ist, in dem der Dachverband einen Reiter aufgrund sexueller Übergriffe im Reitsport von der Turnierteilnahme ausschließt.

Familie des Opfer zwiegespalten

Der Deutschen Reiterlichen Vereinigung ist bewusst, dass gerade die Liebe der Mädchen zu den Pferden Täter anzieht. Daher hat der Verband hat als einer der ersten Sportorganisationen ein umfassendes Konzept zur Prävention sexualisierter Gewalt erarbeitet und bereits viele Maßnahmen zum Schutz vor Übergriffen installiert. Im Fall der Lizenzverweigerung hat das jedoch zunächst nicht funktioniert.

Die Familie der betroffenen Reiterin ist daher zwiegespalten was die Lizenzverweigerung angeht. "Auf der einen Seite finde ich es gut, dass die FN dem Mann die Lizenz verweigert hat. Für uns wäre es aber eine befriedigendere Lösung gewesen, wenn er nie wieder eine Turnierlizenz bekommen würde, denn nächstes Jahr geht ja dann alles wieder von vorne los", so die Mutter des Mädchens gegenüber Sport inside.

Anfang des kommenden Jahres hat der Verurteilte zwei Drittel seiner Haftstrafe verbüßt und könnte vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Spätestens in einem Jahr könnte der Mann wieder reiten - wenn die FN ihm für 2020 eine Turnierlizenz erteilt. Das wird der Verband genau prüfen müssen. Der Fall ist also noch lange nicht abgeschlossen. Vor allem nicht für die Betroffene. Denn sie muss weiter mit der Sorge leben, sogar in einer Prüfung gegen den Täter antreten zu müssen.  

Teil 1: Reitsport - Sexualstraftäter wird Lizenz verweigert