Redewendungen im Alltag – woher stammen sie?

Stand: 16.10.2024, 06:00 Uhr

Sprachforscher Dr. Georg Cornelissen über regionale Redewendungen in Nordrhein-Westfalen und wie sie verwendet werden.

Typische Redewendungen aus Nordrhein-Westfalen

„Den Papp auf haben“, „inne Dutten gehen“, „ne kurze Fuffzehn machen“ oder „noch nicht langs Schmitz Backes sein“ – das seien Beispiele für Redewendungen, die typisch seien für Nordrhein-Westfalen. Und gleichzeitig nur in ganz bestimmten Regionen benutzt werden, sagt Sprachforscher Dr. Georg Cornelissen vom Landschaftsverband Rheinland (LVR).

So sei die Redewendung „Den Papp auf haben“ typisch für den Niederrhein. Sie bedeutet: Ich bin bedient, meine Geduld ist am Ende. Zurückzuführen ist sie auf den „Papp“  – ein Milchbrei, der bis vor 100 Jahren eine der wichtigsten Speisen am Niederrhein war.

Wenn etwas "inne Dutten geht", löst dies leicht Verärgerung aus. | Bildquelle: mauritius images / Wavebreakmedia

Die Redewendung „Inne Dutten gehen“ hingegen sei typisch für Westfalen. Man benutzt sie, um zu sagen, dass etwas kaputt geht. Als „Dutten“ wurden Reste oder Häufchen bezeichnet, die von etwas übrig bleiben, erklärt Cornelissen. „Etwas befindet sich also im Übergang von ganz zu kaputt“.

„Kurze Fuffzehn machen“ wiederum ist eine für das Ruhrgebiet typische Redewendung. Gemeint ist damit, eine kurze Pause bei der Arbeit zu machen. Und „Noch nicht langs Schmitz Backes sein“ sagt man im Rheinland – was so viel bedeutet wie, „das Schlimmste noch nicht überstanden zu haben.“

Während diese Redewendungen in den jeweiligen Regionen die meisten Menschen kennen, sind sie in anderen Gebieten Nordrhein-Westfalens hingegen kaum bekannt. Untersuchungen vom LVR etwa haben gezeigt: Im zentralen Rheinland, rund um Aachen, Bonn und Köln und am südlichen Niederrhein kennen die meisten den Spruch „Noch nicht langs Schmitz Backes sein“, am nördlichen Niederrhein und im Ruhrgebiet hingegen kaum jemand.

„Woran genau es liegt, dass diese Redewendungen nicht den Durchbruch schaffen, ist ein gewisses Rätsel“, sagt Cornelissen. „Insbesondere in der heutigen Zeit, in der jeder den ganzen Tag mit dem Smartphone mit Gott weiß wem kommuniziert.

Über den Umgang mit Redewendungen

Zwei sehr bekannte Redewendungen sind zudem „Jacke wie Hose“, was so viel bedeutet wie „egal, macht keinen Unterschied“, sowie „Von Hölzchen auf Stöckchen kommen“, was man sagt, wenn jemand von einem Thema zum nächsten springt.

Von diesen beiden Redewendungen wiederum gebe es eine große Zahl an regionalen Varianten, sagt Georg Cornelissen. Zum Beispiel „Pott wie Deckel“ für „Jacke wie Hose“. Denn bekannte Redewendungen würden häufig von Menschen verändert und ihrem Dialekt angepasst.

Eine Geschichte von Pötten und Socken - Sprachtradition in NRW? | Bildquelle: akg-images

So gebe es sehr viele Redewendungen mit Pott und Deckel. Zum Beispiel: „Auf jeden Pott passt ein Deckel“, oder in Ostwestfalen sage man „vonne Pötte sein“. Eine weitere Variante davon sei wiederum „vonne Socken sein“, sagt Cornelissen. Und das zeige eine weitere Regelmäßigkeit: „In Nordrhein-Westfalen spielen die Leute gern mit den Wörtern Socken und Pötten.“

Auch von der Redewendung „von Hölzchen auf Stöcken“ gebe es eine Vielzahl an regionalen Varianten, sagt Cornelissen. So sage man im Ruhrgebiet etwa „von Höcksken auf Stöcksken“. Oder in Rees sage man „vom Hack auf den Tack“ kommen. Und womöglich gebe es auch noch Varianten, die er selbst nicht kenne.

Alle diese Redewendungen seien typisch für Nordrhein-Westfalen. Mitunter aber würden sie sich auch über die Landesgrenzen hinaus verbreiten. „Dutten“ etwa höre man „bis Hamburg“. Klar sei aber auch, diese regionalen Redewendungen werden weniger. Auf der anderen Seite aber kämen auch immer mal wieder neue hinzu, sagt Cornelissen. Denn: „Wir nehmen auch neue an.“ So habe etwa „Wat mutt, dat mutt“ hierzulande vor einigen Jahren ein regelrechtes Revival erlebt – obwohl die Redewendung gar nicht aus Nordrhein-Westfalen stammt.