Der Weltjugendtag (WJT) in Köln wird eher einer der kleineren seiner Art: Zwischen einer halben und einer Million Gäste werden erwartet. Damit passt das zwanzigste katholische Weltjugendtreffen zu seinen "westlichen" Vorgängern: eine halbe Million junger Katholiken pilgern 1993 nach Denver in die USA, 800.000 Jugendliche kommen 2002 nach Toronto. Der Süden hat andere Zahlen aufzuweisen: In Manila (Philippinen) sind es 1995 vier Millionen, angeblich die größte Versammlung in der Menschheitsgeschichte.
"Pilgerweg des Glaubens"
Die Zahlen sind beeindruckend, die großen Jugend-Events mit ihren Bildern singender und jubelnder Massen und den Open-Air-Gottesdiensten des Papstes sind medienwirksam. Die Idee dahinter ist durch und durch religiös. Die Weltjugendtage sollen einen "Pilgerweg des Glaubens" darstellen. Die weltweite Pilgergemeinschaft der Jugendlichen soll die katholische Weltkirche erleben können, anschaulicher und überwältigender als meist in den Heimatgemeinden. Die Weltjugendtage dienen dem Hauptanliegen des verstorbenen Papstes: "Neuevangelisierung" nennt es Johannes Paul II., also eine erneute Mission, eine Glaubensverkündigung in der modernen Welt.
Gebet und Gottesdienst im Mittelpunkt
Gebet und Gottesdienst stehen deshalb ganz im Vordergrund des Weltjugendtags-Programms - auch in Köln. Der "WJT 2005" im Überblick sieht so aus:
- Vom 11. bis 15. August sind die Jugendlichen aus aller Welt in ganz Deutschland verteilt, zu Gast in Kirchengemeinden und bei Familien. Aus diesen Tagen der Begegnung herausgehoben ist der 12. August als "Tag des sozialen Engagements", an dem sich die Teilnehmer mit Sozial- oder Entwicklungsprojekten beschäftigen sollen.
- Vom 16. bis 21. August kommen alle in und um Köln zusammen. In ihren Gastgemeinden erwartet sie ein Kultur- und Begegnungsprogramm. Im Mittelpunkt aber stehen Gottesdienste und Predigten. Dazu reisen etwa 600 Bischöfe aus aller Welt an. Am 18. August wird der Papst in Köln erwartet. Am 21. August findet der feierliche Abschlussgottesdienst mit dem Papst statt - die einzige Veranstaltung, zu der alle Teilnehmer an einem Ort zusammen kommen.
Vorbild Taizé?
Auch wenn das offiziell nicht erwähnt wird, erinnert das Konzept der Weltjugendtage stark an das "Konzil der Jugend", das Roger Schutz 1970 ausruft. Schutz, ein französischer reformierter Theologe, gründet schon 1940 in dem Dorf Taizé in Burgund eine protestantische Brüdergemeinschaft, ein modernes Kloster. Ab 1969 nimmt die Gemeinschaft auch Katholiken auf. In den 70er Jahren entwickelt sie sich zu einem Anziehungspunkt für Tausende von Jugendlichen aus aller Welt. Heute versammeln sich hier 200.000 Jugendliche pro Jahr zu Gebet, Meditation, Begegnung und Gesprächen über die Zukunft von Christentum und Welt. Seit 1979 veranstaltet Roger Schutz weltweite Treffen unter dem Titel "Pilgerweg des Vertrauens", außerdem "europäische Jugendtreffen" in Großstädten.
Dossier
Von Woityla zu Ratzinger
Wohl nicht zufällig nimmt Roger Schutz - wie auch Mutter Theresa aus Kalkutta - am ersten Weltjugendtag statt, den Johannes Paul II. 1984 in Rom durchführt. 300.000 Teilnehmer kommen am Palmsonntag - dem Sonntag vor Ostern - auf dem Petersplatz zusammen. Im Kolosseum, der Ruine eines römischen Zirkus, führt der Papst eine Kreuzwegandacht durch. Das dabei verwendete große Holzkreuz reist später als "Weltjugendtagskreuz" durch die Welt. Titel dieser Aktion: "Pilgerweg der Versöhnung".
Erst 1985, als die UNO das "Jahr der Jugend" begeht, macht der Papst die Weltjugendtage zu einer regelmäßigen Einrichtung. Jedes zweite Jahr finden sie dezentral am Palmsonntag in allen katholischen Diözesen statt, jeweils im Jahr darauf als großes Treffen in einem Land. 1991 können erstmals Jugendliche aus dem ehemaligen Ostblock teilnehmen. 1,5 Millionen Menschen versammeln sich im polnischen Wallfahrtsort Tschenstochau.
Stets hat der Weltjugendtag ein Motto aus der Bibel. In Köln lautet es: "Wir sind gekommen, ihn anzubeten." Das sagen die Weisen aus dem Morgenland, als sie zur Krippe kommen. Diese "Heiligen drei Könige" sollen bekanntlich im Kölner Dom liegen. Der Weltjugendtag in Köln wird der erste ohne seinen Gründer Karol Woityla sein. Statt seiner kommt der neue Papst, Benedikt XVI., der frühere deutsche Kardinal Josef Ratzinger.