Tür aufhalten, die Hand geben, den Mantel abnehmen - gute Umgangsformen können ein reibungsloses Miteinander fördern. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wird gutes Benehmen und Höflichkeit geregelt durch die Ratschläge von Adolph Freiherr Knigge. Der Deutsche Knigge-Rat hat jetzt seine Infos auf den neuesten Stand gebracht und gibt neuerdings auch Empfehlungen für das Miteinander in den virtuellen Welten von Facebook, Twitter, Xing und Co. Etwas länger als diesen Social-Media-Knigge, gibt es die sogenannte e-Etikette, mit 101 Tipps für den digitalen Alltag. Was geht, und was geht gar nicht? Dazu neun fiktive, aber realistische Fälle aus dem Alltag des sozialen Netzwerks sowie die Handlungsempfehlungen von zwei Experten.
Der Real-Virtuell-Privat-Büro-Mix
Ein Meeting mit anschließendem Geschäftsessen, nur zwei Stunden später schickt der zukünftige Geschäftspartner via sozialem Netzwerk eine Kontaktanfrage. Annehmen oder es besser sein lassen? "Ja, unbedingt annehmen", empfiehlt Rainer Wälde. Ein Jahr Facebook-Feldversuch hat der Vorsitzende des Deutschen Knigge-Rates gerade hinter sich gebracht, nun sind ein Buch und zwölf Knigge-Regeln zum Benehmen in den sozialen Netzwerken fertig. "Wichtig ist immer die Unterscheidung, nutze ich das Netzwerk fürs Business oder um mit Freunden aus der Studentenzeit in Kontakt zu bleiben."
Eine möglichst deutliche Trennung von Beruf und Privatleben in sozialen Netzwerken empfiehlt auch Raimund Schmolze. Schmolze leitet das Creation Center der Telekom und hat in Zusammenarbeit mit Studierenden des Royal College of Art in London eine Sammlung von 101 Benimmregeln für das digitale Leben entwickelt. Sein Tipp: Zwei Plattformen. "Auf Xing würde ich den Geschäftspartner annehmen, auf Facebook lasse ich das lieber." Aber auch wenn man versucht, sauber zu trennen, gebe es immer einen Graubereich. Der Knigge-Rat diskutierte auch über zwei verschiedene Profile in einem Netzwerk. Für Wälde ist das problematisch: "Der Kunde, den man auf seinem privaten Profil ablehnt, kapiert das nicht, er fühlt sich brüskiert." Ein und derselbe Mensch sollte deshalb besser keine zwei Profile haben.
Freundschaftsanfragen ablehnen: Der virtuelle Korb
Freundschaft auf den ersten Klick schön und gut, aber wie gibt man virtuell und höflich einen Korb? "Die Anfrage aussitzen ist ein eleganter Korb", findet Wälde. Ansonsten sei es auch gut, sich die Zeit zu nehmen und in einer Nachricht die Abfuhr zu begründen.
Du, Chef?
"Klaus gefällt das". Auf der Arbeit ist Klaus allerdings Herr Bachmann, der Abteilungsleiter und wird von allen gesiezt. Duzen oder siezen? Und sowieso, wie formell sollte in sozialen Netzwerken kommuniziert werden? "Hauptsache stilvoll, formell muss es nicht unbedingt sein", sagt Wälde. Die Grundformen der Höflichkeit gelten auch in der virtuellen Welt. Wird der Chef im Büroalltag gesiezt, sollte er auch im Internet gesiezt werden.
Pinnwand-Peinlichkeiten: "Knutschkugel, vermiss dich!"
Und wie geht man mit peinlichen Einträgen auf seiner Pinnwand um, ohne den Schreiber zu brüskieren? "Bei einer Familienfeier mit der Oma am Tisch würde der Schreiber mich ja auch nicht Knutschkugel nennen", meint Schmolze. "In sozialen Netzwerken vergessen viele, dass auch dieser Raum mit anderen Leuten gefüllt ist." Darauf mache er dann in einer persönlichen Nachricht oder im privaten Chat aufmerksam.
"Facebook kann wie ein Pranger sein. Korrekturen gehören nicht auf die öffentliche Pinnwand, sondern sollten immer per Nachricht gesendet werden", pflichtet Knigge-Vorsitzender Wälde bei. Seine Faustformel: "Das, was ich im realen Leben unter vier Augen sage, schreibe ich auch im sozialen Netzwerk nur per Nachricht."
Werbung: Die Dosis macht den Spam
Ein befreundeter Veranstaltungskaufmann schickt ständig Konzerthinweise, ein Musiker lädt alle Freunde und Freunde von Freunden ein, sein "Fan zu werden". Ist Werbung in eigener Sache erlaubt? "Wenn ich eine aktive und lebendige Beziehung zu dieser Person habe, ist mal ein Hinweis auf ein Konzert okay", sagt Wälde. Maximal zehn Prozent der normalen Kommunikation dürfe so was ausmachen, "wenn er nur Akquise macht, fliegt er raus!" Auch Schmolze bestätigt: "Die Dosis macht das Gift aus."
Ich tagg dich!
Freitagmorgen im Büro, die Verlinkung auf Partyfotos der vergangenen Nacht erscheinen auf dem Schirm. Kollege A war dabei, Kollege B grinst, was Chef und Lebenspartner dazu sagen, ist noch nicht sicher. Darf man Menschen ohne ihre Zustimmung auf Fotos im Internet markieren? "Ja, aber", lautet die Antwort der Experten. Wälde rät, beim Markieren unbedingt zwischen Fotos aus privaten und geschäftlichen Bereich zu unterscheiden. "Auf Businessfotos taggen ist okay, Strand-, Urlaub- und Partyfotos taggt man nicht."
Wie viel Meldung verträgt der Status?
"Quäle mich so langsam aus dem Bett", "Brauche dringend Koffein", "Auf dem Weg zur Arbeit mal wieder Stau" - twittern und posten im fünf-Minuten Takt geht das? "Hunger und Ermüdung sind keine interessanten Statusmeldungen. Teile deinen Anhängern nur relevante Dinge mit", lautet eine klare Regel der e-Etiquette. Doch wie viel ist zu viel? Rainer Wälde: "Um aktiv zu sein, mindestens einmal die Woche etwas posten, aber nicht mehr als ein- bis zweimal am Tag." Merke: "Banalitäten sind nicht gut für die Reputation."
On oder off? Sie müssen sich entscheiden
Pling, pling! Und wieder eine Chatnachricht. Ist man eigentlich on oder off? Und wenn man on, also verfügbar ist, muss man dann wirklich immer antworten? "Wenn man on ist, sollte man auch on sein!" sagt Schmolze. Denn dann signalisiere man: Ich bin auf diesen Kanal ansprechbar, und nichts ist frustrierender als ignoriert zu werden.
"Für Chats gelten die normalen Geschäftszeiten", so Wälde. Nach 20 Uhr bis morgens um sieben und am Wochenende chattet man nach dem Social-Media-Knigge keine Geschäftspartner an. "Das ist tabu, und dann kann ich eine solche Nachricht auch einfach ignorieren."
Das Letzte: Gruscheln und stupsen
Bitte besser sein lassen.