"Wir waren am Marina-Markt und konnten uns vor Unterschriftenlisten kaum retten", erzählt einer der Organisatoren. In ihrem Stammcafé in der Duisburger Innenstadt trifft sich der harte Kern der Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg" wenige Tage vor ihrem großen Auftritt: Am Montag (17.10.2011) wollen sie die Unterschriftenlisten der Stadtverwaltung übergeben. Ihr Ziel ist es, eine Abwahl von Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) zu erreichen, der sich in den Augen der Initiative vor allem durch sein Verhalten nach der Loveparade-Katastrophe diskreditierte.
79.000 Duisburger sollen nach Angaben der Initiative für die Abwahl von Sauerland unterschrieben haben. Gebraucht werden 55.000 gültige Unterschriften. "Das ist überhaupt das erste Abwahlverfahren", sagt Theo Steegmann, Sprecher der Initiative. Eine Änderung der NRW-Gemeindeordnung macht es erstmals möglich, dass ein Oberbürgermeister von den Bürgern seiner Stadt auch wieder aus dem Amt gewählt werden kann.
Minutiöser Ablaufplan für die Übergabe
Am Montagmorgen wurden die Unterschriften aus dem Tresor bei der Bank abgeholt. Um 15 Uhr werden Vertreter der Stadt die Aktenordner mit den Listen entgegennehmen. "Wir sind nervös", sagt Steegmann. "Denn diese Unterschriften sind wie ein großer Schatz." Alle würden sich wohler fühlen, wenn die Listen beim Wahlamt sicher weggeschlossen seien. Mitarbeiter der Verwaltung werden am Montag öffentlich zählen, wie viele Unterschriftenlisten abgegeben wurden - damit die Bürgerinitiative so etwas wie eine Eingangsquittung hat. Sauerland selbst hat für Montag um 14 Uhr eine Stellungnahme zu dem angestrebten Abwahlverfahren angekündigt.
Sorge um die richtige Anzahl von Unterschriften
Seit dem 20. Juni 2011 wurden die Unterschriften gesammelt - laut Gemeindeordnung sind diese vier Monate lang gültig und müssen innerhalb dieser Frist der Stadtverwaltung vorgelegt werden. "Wir haben jetzt 17 Wochen daran gearbeitet", sagt Steegmann. "In dieser Zeit ist psychologisch viel passiert." Zu Beginn der Aktion hatte er die große Sorge, dass die Initiative es nicht schaffen würde, genug Unterschriften zu sammeln. "Das wäre dann noch eine zusätzliche Legitimation für Sauerland gewesen", so Steegmann. Ein Abwahlversuch im vergangenen Jahr war gescheitert, weil im Stadtrat keine Zwei-Drittel-Mehrheit dafür zustande kam. Dementsprechend groß sei die Erleichterung bei den Mitgliedern der Bürgerinitiative gewesen, als abzusehen war, dass ausreichend viele Duisburger bei der Aktion mitmachen.
Initiative musste sich zusammenraufen
Die Initiative selbst hatte beim Start der Unterschriftenaktion auch mit sich selbst zu kämpfen. "Das war im Vorfeld ganz schwierig", so Steegmann. "Neuanfang für Duisburg" besteht aus Menschen, die ganz unterschiedlich sind, unterschiedlichen Parteien nahestehen oder vorher nie politisch aktiv waren. Dieser Kreis musste sich erst zusammenraufen. "Wir hatten eine Regel, die wir auch immer eingehalten haben", berichtet Steegmann. "Wir haben uns nie öffentlich angegriffen - dafür haben wir uns hier gestritten."
Diskussion über die Anerkennung von Stimmen
Bei der Lagebesprechung sind die Organisatoren mittlerweile beim Punkt "Wie geht es weiter" angekommen. Wenn das städtische Wahlamt die Unterschriftenaktion anerkennt, dann steht dem Abwahlverfahren von Sauerland nichts mehr im Weg. Steegmann und die anderen hoffen, dass es keine rechtliche Auseinandersetzung mit der Verwaltung geben wird. In den letzten Wochen hatte es Diskussionen darüber gegeben, ob Unterschriften, bei denen die Hausnummer fehlt, ungültig seien. "Die sollen dezidiert aufführen, warum bestimmte Unterschriften nicht anerkannt werden", so Steegmann. Das Abwahlverfahren könnte frühestens Mitte Dezember im Stadtrat eingeleitet werden.
Abwahl könnte im März stattfinden
Sauerland hätte dann eine Woche Zeit, um zurückzutreten. "Das gilt auch als Abwahl", erklärt Steegmann. "Ich habe aber berechtigte Zweifel daran, dass er sich zu diesem Schritt entschließt." Wenn der Oberbürgermeister weiterhin im Amt bleibt, könnte es im März 2012 zu der Abwahl kommen. Dann können die etwa 346.000 Wahlberechtigten wie bei einer regulären Wahl abstimmen. Sauerland ist abgewählt, wenn die Mehrheit der Duisburger an diesem Tag dafür stimmt.
-
-
-
-
-
-
-
- Gesetz zur Einleitung von Abwahlverfahren von Bürgermeistern und Landräten | mehr