"Das wird wie beim Club der toten Dichter", hofft Marc-Oliver Hänig, der Sprecher der europäischen Kulturhauptstadt Ruhr 2010. In dem Film würde sich am Ende auch einer nach dem anderen für die gute Sache erheben. Und genau so etwas schwebt den Machern der Kulturhauptstadt im Ruhrgebiet auch vor: Eingeladen von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und dem Vorsitzenden des Initiativkreises Ruhrgebiet, Eon-Chef Wulf Bernotat, würden sich die versammelten Unternehmer des Ruhrgebietes schließlich für die Kulturhauptstadt einspannen lassen. Obwohl zur Zeit keiner Geld übrig habe, so Hänig, würde doch noch "etwas herum kommen".
Finanzloch mit Auswirkungen
Tatsächlich muss für das Gelingen der Kulturhauptstadt noch einiges "herum kommen". Die beiden Geschäftsführer der Kulturhauptstadt, Fritz Pleitgen und Oliver Scheytt, haben mit 17 Millionen Euro aus der Privatwirtschaft geplant. Doch bisher werden in Essen erst zehn Millionen gezählt. Auch die anvisierten acht Hauptsponsoren sind nicht zusammen gekommen, Ruhr 2010 kann erst vier Unternehmen vermelden. Die mangelnde Unterstützung hat erste Auswirkungen: Eine geplante Fernsehgala zur Eröffnung der Kulturhauptstadt wurde gestrichen. Auf der Kippe stehen Projekte wie die "Sinfonie der 1.000", eine Mahler-Aufführung in Duisburg. Oder die "Zweite Stadt", eine Grubenfahrt auf dem Weltkulturerbe Zeche Zollverein. Schwierigkeiten gibt es mit den "Schachtzeichen" - über jeder ehemaligen Zeche des Reviers soll ein Heißluftballon schweben. Und kurz vor der Absage steht die Ausstellung "Welt der Religionen" im Gasometer Oberhausen. Wenn sich kein Sponsor findet, bleibt der Gasbehälter neben dem Centro im Sommer der Kulturhauptstadt leer.
Abgespeckte Kulturhauptstadt
"Es gibt noch keine Lösung für den Gasometer", sagt Apostolos Tsalastras, Oberhausens Kulturdezernent. Die NRW-Statskanzlei sei jetzt auf der Suche nach Sponsoren, die Stadt unterstütze das. Abgesichts der angespannten Haushaltslage - Oberhausen ist eine von 28 Kommunen des Ruhrgebiets mit einem Nothaushalt - könne man aber nicht einspringen. Überhaupt müsse die Kulturhauptstadt in Oberhausen abgespeckt durchgeführt werden. Die Bezirksregierung hatte der verschuldeten Stadt nicht einmal gestattet, zusätzliches Personal für 2010 einzustellen. Noch freue er sich auf das nächste Jahr, sagt Tsalastras, aber wenn die Schau im Gasometer wegfalle, dann sei das ein großer Verlust nicht nur für Oberhausen. Immerhin habe man allein für die "Welt der Religionen" mit bis zu 500.000 Besuchern gerechnet.
Landtag berät Finanzlücke
Wie die Landesregierung dem Geldmangel von Europas Kulturhauptstadt 2010 begegnen will, diskutiert heute (20.05.09) auch der Kulturausschuss des Landtages. Ob Kultur-Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff die "Geberkonferenz" zum Thema macht, erscheint fraglich. "Die Idee ist in der Welt", heißt es aus der Staatskanzlei wenig begeistert, alles weitere müsse noch besprochen werden. Auch der Initiativkreis Ruhrgebiet - das Unternehmerbündnis ist neben Land und Revierkommunen ein Gesellschafter der Kulturhauptstadt 2010 - hält sich sehr bedeckt. Einsilbig sagt Geschäftsführer Peter Lampe nur, "das ist Sache der Geschäftsführung der Kulturhauptstadt". Das Team um Pleitgen und Scheytt habe ein Konzept zu entwickeln und es Rüttgers und Bernotat zu unterbreiten.
Die Vorsicht der Sponsoren
Warum es in der unternehmensreichen Region zwischen Emscher und Ruhr so mühsam ist, Geldgeber zu finden, ist für 2010-Pressesprecher Marc-Oliver Hänig vor allem äußeren Umständen geschuldet: Erst seien Wirtschaftsvertretern die Planungen zu wenig konkret gewesen - bei mehr als tausend Projektvorschlägen kein Wunder. Als das Programm im Herbst 2008 stand, habe die Finanzkrise "zugeschlagen". Auch der Streit um die Entlassung von Michael Kaufmann als Intendant der Essener Philharmonie habe das Binnenklima zwischen Kulturhauptstadt und einigen Essener Unternehmern nicht verbessert. Dennoch bleibt Hänig optimistisch: Die finanziellen Notsignale der Ruhr 2010 hätten schon erste Wirkungen gezeigt. Veranstalter wie die Zeche Bochum würden sich nun selbst an dem Projekt Schachtzeichen beteiligen. Und im Juni, verspricht Hänig, könnten sie nach Haniel, der Deutschen Bahn, Eon und RWE den fünften Hauptsponsor vorstellen. Trotz Finanzkrise.