Nach widersprüchlichen Berichten über den Verbleib der Kugeln hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) die Atomaufsicht, die in NRW beim Wirtschaftsministerium liegt, am Dienstag (05.04.2011) nach Berlin einbestellt. "Nach Darstellung der Landesatomaufsicht lagern diese 2.285 beim Betrieb oder bei nachfolgenden Versuchen zerbrochenen Kugeln einzementiert im Zwischenlager des Forschungszentrums", erklärte anschließend das Berliner Ministerium.
Kugeln einzementiert im Zwischenlager
Die Brennelementekugeln waren in dem mittlerweile stillgelegten Jülicher Atomversuchsreaktor eingesetzt. Nach Darstellung der Landesatomaufsicht lagern 2.285 beim Betrieb oder bei nachfolgenden Versuchen zerbrochene Kugeln weiterhin einzementiert im Zwischenlager des Forschungszentrums. Diese Darstellung wird nach Angaben des Ministeriums durch die Prüfungen der Europäischen Atomgemeinschaft Euratom belegt. Demnach weist die Bilanzierung des Kernmaterials keine Lücken auf.
Auch das Forschungszentrum Jülich hatte bereits am Montag (04.04.2011) erklärt, keine Brennelementekugeln zu vermissen. Ihr Verbleib sei "lückenlos dokumentiert", so der Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums, Achim Bachem. Jedes Milligramm des Materials sei erfasst und werde monatlich an das NRW-Wirtschaftsministerium gemeldet.
Schulze verlangt Aufklärung
Das NRW-Wissenschaftsministerium wies am Montag noch dem WDR gegenüber die Darstellung des Forschungszentrums zurück. "Wir haben nicht die komplette, lückenlose Mengenbilanz über das nukleare Material", sagte Ministerin Svenja Schulze (SPD). Der fehlende Teil müsse noch nachgewiesen werden. Da sei das Forschungszentrum nach wie vor gefordert. "Deshalb haben wir eine Sondersitzung des Aufsichtsrates des Forschungszentrums beantragt." Es müsse nun geklärt werden, was mit den Kugeln aus dem früheren Forschungsreaktor passiert sei, erklärte Schulze weiter. "Ob sie an einem anderen Ort gelagert wurden, als Bruch in Jülich einzementiert oder zu Forschungszwecken gebraucht wurden.
Norbert Röttgen, zugleich auch CDU-Vorsitzender in NRW, kritisierte das Verhalten der rot-grünen Landesregierung am Dienstag (05.04.2011) scharf. Das Informationschaos, das in dieser Angelegenheit in Düsseldorf stattgefunden habe, sei nicht akzeptabel. "Mit ihren spekulativen Angaben haben das Wissenschafts-, Umwelt- und Wirtschaftsministerium nur für Verunsicherung in der Bevölkerung gesorgt."
FDP beantragt Debatte im Landtag
Die Düsseldorfer FDP-Fraktion hat unterdessen für die nächste Plenarsitzung des NRW-Landtages eine Debatte über das Verhalten der Landesregierung in dieser Angelegenheit beantragt. Ihr umweltpolitische Sprecher Kai Abruszat erklärte: "Wir fordern die Landesregierung auf, die Konsequenzen aus dem Kommunikationsdesaster zu ziehen. Unbelegte Behauptungen an die Öffentlichkeit zu bringen, sind einer Landesregierung nicht würdig."
Kleine Anfrage sorgte für Verwirrung
NRW-Wissenschaftsministerin Schulze hatte die Verwirrung um die Brennelementkugeln mit ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen ausgelöst. Darin hatte sie angegeben, es seien "allem Anschein nach" Brennelementkugeln im Forschungsbergwerk Asse gelagert worden. Am Montag (04.04.2011) verwies sie auf den vorläufigen Endbericht des Asse-Untersuchungsausschuss im niedersächsischen Landtag. Darin gebe es "den Hinweis, dass Grafitkugeln von Jülich nach Asse verbracht worden sind", so die Wissenschaftsministerin.