Zum Beispiel Bonn. Die ehemalige Hauptstadt muss von den kreisfreien Städten in NRW die höchsten Verluste an Landeszuweisungen hinnehmen - gut 67 Millionen Euro weniger als im vergangenen Jahr. Das ist ein Minus von stolzen 67 Prozent. Das Gegenteil gilt für Mülheim an der Ruhr. Die Stadt erhält im nächsten Jahr mit 29 Millionen Euro mehr als doppelt so hohe Landeszuschüsse wie 2011 (+109 %): Größter Verlierer der kreisangehörigen Städte ist die Stadt Blomberg (-5,5 Millionen oder 79,8 %). Gewinner mit weitem Abstand ist die kleine Gemeinde Lotte mit einem Zuwachs an Landesmitteln von fast 500 Prozent, in absoluten Zahlen 3,4 Millionen Euro.
Wirtschaftskraft spielt wichtige Rolle
Nun sind diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen. Denn wie viel Geld eine Kommune vom Land bekommt, hängt davon ab, wie stark ihre Wirtschaftskraft im Verhältnis zu ihren Kosten ist. Weniger Landesmittel bedeuten nicht unbedingt, dass eine Stadt im nächsten Jahr finanziell schlechter dasteht. In Bonn zum Beispiel hat die Wirtschaft stark zugelegt, so dass sich ein erheblich niedriger Zuschussbedarf ergab. Ein großer Gewinn auf der anderen Seite heißt nicht, dass eine Stadt im Geld schwimmt - im Gegenteil. Es bedeutet vielmehr, dass die Stadt hohe Belastungen hat und Hilfe vom Land benötigt. Das GFG ist das wichtigste Instrument des Landes, um zu helfen. Es legt fest, wie die Steuereinnahmen, die den Städten zustehen, verteilt werden. Durchschnittlich ein Sechstel der Einnahmen der Städte stammen aus dieser Umlage.
8,42 Milliarden Euro für die Städte
Insgesamt stellt das Land Nordrhein-Westfalen den Kommunen im kommenden Jahr rund 8,42 Milliarden Euro zur Verfügung. Das ist - dank sprudelnder Steuerquellen - die höchste Summe seit Bestehen des Landes, 6,3 Prozent mehr als 2011. Dazu kommen noch ca. 350 Millionen Euro aus dem Stärkungspakt Stadtfinanzen - wenn sich im Landtag im Dezember eine Mehrheit für das Gesetz findet. Insgesamt würde das Land 2012 - insgesamt 8,77 Milliarden Euro an die Kommunen überweisen. Entsprechend zufrieden zeigt sich Kommunalminister Jäger. "Das ist ein guter Tag für die Kommunen", sagt er, warnt aber auch, dass das Land damit an die Grenze der Belastbarkeit gegangen sei.
Sozialkosten fallen stärker ins Gewicht
Dass es genau wie im vergangenen Jahr zu erheblichen Schwankungen in der Höhe der Zahlungen gekommen ist, nimmt der Minister als notwendig hin. Der Grund dafür ist eine veränderte Berechnung der Zuweisungen. Rot-Grün hatte 2011 damit begonnen die für den Finanzausgleich relevanten statistischen Daten zu aktualisieren. Damit einher geht eine veränderte Gewichtung der Belastungen. Deutlich höher gewichtet werden nun die Sozialkosten. Sie bemessen sich daran, wie viel Geld eine Kommune für die Versorgung von Bedarfsgemeinschaften (Hartz IV) aufbringen muss. Für eine Stadt mit vielen Hartz-IV-Empfängern - zum Beispiel Duisburg oder Bochum - wird ein deutlich höherer Finanzbedarf ausgerechnet als früher.
Entlastung auch für Kommunen mit langen Wegen
Eine zweite wichtige Änderung ist die Einführung eines so genannten Flächenansatzes. Dadurch werden Gemeinden vor allem im ländlichen Raum entlastet, die zwar wenige Einwohner haben, aber große Flächen bewirtschaften müssen. Ein Beispiel ist die 20.000-Einwohner-Gemeinde Windeck im Bergischen Land, die im Winter genauso viel Streusalz benötigt wie die Millionenstadt Köln. Außerdem berücksichtigt werden im GFG nun auch Kosten für die Ganztagsbetreuung von Schülern, Belastungen durch sinkende Einwohnerzahlen und höhere Kosten großer Kommunen, deren Angebote auch von Bürgern aus dem Umland genutzt werden.
Abmilderungshilfe für benachteiligte Städte
Minister Jäger nennt die Neuberechnung "gerecht", die tatsächlichen Lasten einer Kommune würden nun berücksichtigt. Trotzdem gibt es aber eine ganze Reihe von Gemeinden, die durch die veränderte Berechnung benachteiligt sind. Betroffen sind insbesondere kleine, kreisangehörige Städte. Für sie gibt das Land einmalig eine so genannte Abmilderungshilfe in Höhe von insgesamt 69 Millionen Euro. Damit sollen die Verluste auf höchstens 16 Prozent beschränkt werden.
CDU kritisiert "strukturelle Benachteiligung"
Die Opposition ist damit nicht zufrieden. Der kommunalpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Bodo Löttgen, hat Zweifel an der "Verteilungsgerechtigkeit des Gesetzes" und kritisiert eine "strukturelle Benachteiligung des kreisangehörigen Raums". Der Städte- und Gemeindebund NRW jedoch, der eben jene kreisangehörigen Kommunen vertritt, hält das GFG für "grundsätzlich positiv". "Wir sehen das ehrlich gemeinte Bemühen, die kommunale Finanzmisere zu lindern", sagte Sprecher Martin Lehrer. Der Interessensverband setzt sich aber für weitere Änderungen am Gesetz ein. So sollen beispielsweise auch Pflegekosten oder Eingliederungshilfen für Behinderte in die Berechnung der Sozialkosten einfließen.
Positiv äußert sich auch der Deutsche Städtetag. Der Landkreistag NRW hingegen kritisiert, dass 100 Millionen Euro von den Kreisen in die Städte verschoben würden. Die einmalige Abmilderungshilfe verschleiere das Problem, langfristig wirke sich die Ungleichverteilung massiv zu Lasten der Kreise aus.
Abstimmung über GFG im Frühjahr
Das GFG soll im Dezember gemeinsam mit dem Haushalt 2012 in den Landtag eingebracht werden. Dass Jäger die Modellrechnung präsentiert, noch bevor die Haushaltsberatungen abgeschlossen sind, lässt sich als Zeichen in Richtung Kommunen werten. Die Sanierung der Kommunalfinanzen, so das Signal, hat Vorrang. Und auch wenn die Berechnungen vorläufig sind: Die Kämmerer im Land können schon mal rechnen.
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