Köln-Braunsfeld, 5. September 1977: Im Villenviertel am Stadtwald herrscht Feierabendstimmung. An der Vincenz-Statz-Straße steht ein unverdächtig wirkendes Paar mit einem Kinderwagen auf dem Bürgersteig. Um 17.28 Uhr biegt die Limousine von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer um die Ecke, dahinter ein Begleitfahrzeug mit drei Polizisten.
Plötzlich fährt ein Mercedes rückwärts auf die Fahrbahn und stoppt die Wagenkolonne. Die RAF-Mitglieder Peter-Jürgen Boock und Sieglinde Hofmann holen zwei Gewehre aus dem Kinderwagen und eröffnen das Feuer. Auch ihre Komplizen Willy Peter Stoll und Stefan Wisniewski beginnen zu schießen. Im Kugelhagel sterben Schleyers Fahrer Heinz Marcisz und die Polizeibeamten Reinhold Brändle, Roland Pieler und Helmut Ulmer.
Bundespräsident ehrt Opfer
Mit einer Kranzniederlegung am Tatort wurde am Dienstagnachmittag (05.09.2017) an die Ereignisse im September und Oktober 1977 erinnert und der Opfer gedacht. Neben Angehörigen waren auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Staatssekretär im NRW-Innenministerium, Jürgen Mathies, und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker anwesend.
Die Entführung Schleyers war der Auftakt zum sogenannten Deutschen Herbst - sechs Wochen, die die Republik prägten. Die RAF will damals elf inhaftierte Mitglieder freipressen, darunter Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe, die in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim einsitzen.
Panne bei Kölner Polizei
Das RAF-Kommando "Siegfried Hausner" versteckt Schleyer zunächst in einem Hochhaus in Erftstadt bei Köln. Die Fahndung läuft zwar auf Hochtouren, doch der Hinweis eines Polizisten auf das Versteck geht unter. Die konspirative Wohnung wird nicht überprüft. Schleyer kann deshalb in die Niederlande und nach Belgien verschleppt werden.
Während Schleyer im "Volksgefängnis" der RAF sitzt, beschließt der "Große Krisenstab" unter Leitung von Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD): Die RAF-Häftlinge werden nicht ausgetauscht.
"Landshut" wird entführt
Die Situation eskaliert weiter, als am 13. Oktober 1977 vier Palästinenser - in Absprache mit der RAF - die Lufthansa-Maschine "Landshut" entführen. Das PFLP-Kommando "Martyr Halimeh" fordert ebenfalls die Freilassung der elf RAF-Gefangenen.
Nach Landungen in Rom, Dubai und Aden kommt es in Somalia zur Entscheidung. Der GSG-9 gelingt es, Passagiere und Besatzung in der Nacht zum 18. Oktober 1977 auf dem Flugplatz von Mogadischu zu befreien.
RAF-Häftlinge tot, Schleyer ermordet
Wenige Stunden später werden am Morgen in Stuttgart-Stammheim Baader, Ensslin und Raspe tot in ihren Zellen aufgefunden. Als dies bekannt wird, ermorden die RAF-Entführer Hanns Martin Schleyer. Sie deponieren seine Leiche im Kofferraum eines Autos, das nach einem Hinweis der RAF am 19. Oktober 1977 im französischen Mühlhausen im Elsass gefunden wird.
Als der "Deutsche Herbst" endet, ist die Fahndungsbilanz zunächst dürftig. Lediglich neun der später 22 ermittelten Tatverdächtigen sind identifiziert. Zehn von ihnen schlüpfen in der damaligen DDR unter. Wer Schleyer erschossen hat, ist bis heute ungeklärt.