Wie hat sich die Zahl der Straf- und Gewalttaten in NRW in den vergangenen Jahren entwickelt? Die Fraktion der Piraten im NRW-Landtag wollte es genau wissen und hat im Januar bei der Landesregierung nachgefragt. Sie wollte erfahren, wie sich die Zahlen bei antisemitischen, antimuslimischen, rassistischen Gewalttaten und Gewalttaten gegen Geflüchtete entwickelt haben. Nicht alle Daten werden bei der Polizei in diesen Kategorien erfasst, deshalb konnte die Landesregierung in ihrer am Dienstag (03.03.2015) veröffentlichten Antwort nicht die genau die gewünschten Zahlen liefern. Dennoch wurde deutlich: In allen veröffentlichten Bereichen hat die Zahl der Straf- und Gewalttaten im vergangenen Jahr einen Höchststand erreicht. Dabei handelt es sich bei den Zahlen nur um die Daten, die von der Polizei erfasst werden konnten. Die Dunkelziffer gerade bei Bedrohungen oder Beleidigungen dürfte in vielen Bereichen deutlich höher liegen.
Antisemitische Gewalt- und Straftaten
Bei antisemitischer Gewalt hat die Kriminalpolizei im vergangenen Jahr in NRW insgesamt 349 antisemitische Straftaten festgestellt. Das ist der höchste Wert seit zehn Jahren. Auch die Zahl der Gewaltdelikte - vor allem Körperverletzung - ist auf einem Zehnjahreshoch angekommen. 2014 wurden 19 Fälle gezählt, 2013 waren es 14.
Die allermeisten Verstöße waren in den Jahren 2013 und 2014 Volksverhetzung und sogenannte Propaganda-Delikte. Dabei handelte sich um volksverhetztende Äußerungen gegenüber Juden und das Zeigen verbotener Symbole wie zum Beispiel Hakenkreuze. Diese Propaganda-Delikte wurden fast ausschließlich von Rechtsextremen begangen. Auch bei Volksverhetzung waren in Dreiviertel aller Fälle Rechte die Täter. Ausländer waren für 20 Prozent der volksverhetzenden Taten verantwortlich. 15 Prozent der Sachbeschädigungen an jüdischem Eigentum ging auf das Konto von Ausländern. Und bei den Gewaltdelikten waren es ganze 33 Prozent.
Religiös bedingte Gewalt- und Straftaten
Die Piraten wollten von der Landesregierung auch wissen, wie sich antimuslimische Straft- und Gewalttaten entwickelt haben. Derartige Zahlen würden bei der statistischen Erfassung Politisch motivierter Kriminalität (PMK) derzeit aber nicht erfasst, teilte die Landesregierung mit. Man könne nur Zahlen zu Straftaten unter dem Themenfeld "Religion" liefern. Darin werden dann allerdings auch Straftaten in Zusammenhang mit christlichen Einrichtungen oder Einrichtungen anderer Glaubensgemeinschaften erfasst.
Auch in diesem Bereich hat die Zahl der Gewalt- und Straftaten 2014 einen Höchststand erreicht. Die Kriminalpolizei zählte im vergangenen Jahr 144 Gewaltstraftaten, nach 117 bzw. 81 in den Jahren 2013 und 2012. Auch die Gewaltstraftaten waren mit 20 so hoch wie nie seit 2005. Die meisten Verstöße konnte die Polizei in den vergangenen zwei Jahren in den Bereichen Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen feststellen - im letzten Fall überwiegend aus dem rechten Täterkreis. Auch Propaganda-Delikte - also das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen - wurden in den Jahren 2013 und 2014 fast ausschließlich von Rechtsextremen begangen. "Islamfeindlichkeit ist bei rechtsextremen Parteien und und Organisationen fest verwurzelt", teilt die Landesregierung mit.
Fremdenfeindlich bedingte Gewalt- und Straftaten
Ebenso hat die Zahl der fremdenfeindlichen Gewalt- und Straftaten hat 2014 mit 890 Vorfällen einen Höchststand erreicht - nach 863 Fällen im Jahr 2013 und 706 im Jahr 2012. Die meisten Verstöße gingen in den vergangenen zwei Jahren auch hier auf das Konto rechter Täter. Ihnen rechnet die Polizei 1.633 von insgesamt 1.773 Straftaten zu - darunter viele Volksverhetzungen, Beleidigungen oder auch Propaganda-Delikte
Gewalttaten gegen Geflüchtete
Schließlich wollte die Piratenfraktion von der Landesregierung noch wissen, wie sich die Zahlen bei Straf- und Gewalttaten gegen Flüchtlingseinrichtungen entwickelt haben. Auch in diesem Bereich konnte die Landesregierung nur allgemeine Zahlen zur "Ausländer-/Asylthematik" liefern. Konkrete Daten für Straf- und Gewalttaten gegen Geflüchtete würden nicht gesondert erfasst, hieß es. Doch auch so bestätigt sich der allgemeine Trend: Die Zahl der Straftaten hat 2014 mit 120 Fällen einen aktuellen Höchststand erreicht, sich im Vergleich zu 2005 sogar mehr als verzehnfacht. Dabei unterscheidet die Polizei zwischen Vorfällen "gegen Asylbewerberunterkünfte" und Vorfälle allgemein zur "Ausländer/Asylthematik". In beiden Bereichen wurden die Straftaten überwiegend von Rechten begangen. Sie waren nach Angaben der Landesregierung in den vergangenen beiden Jahren für 25 von 29 Straftaten "gegen Asylbewerberunterkünfte" verantwortlich.