Stephi: Wir haben immer wieder rausgeguckt und das Wasser ist wirklich an die Mauer des Nachbarn geschlagen, als wäre es die Nordsee. Es war eine unglaubliche Wut und Kraft, die das Wasser da schon hatte. Wir haben aber noch normal zu Abend gegessen, zu Ende gegessen. Und dann sagte Marian, mein Freund, der mit dabei war, dass er einmal Richtung Keller schaut, weil wir ein Rauschen wahrgenommen hatten, das vorher nicht da war.
Marian: Direkt an der Treppe kam mir das Wasser schon entgegengelaufen. Ich bin dann noch in den Nebenraum, wo die Außenkellertreppe ist, und hab gesehen, wie das Wasser in einem Schwall – größer, als ich es zeigen kann mit meinen Armen – die Treppe runterkam. Und dann brach eigentlich die Hölle los. Die Tür ist aufgeschlagen mit einem Satz, ist mir in den Rücken geschlagen. Das Wasser hat mir die Füße hochgezogen. Ich bin ins Wasser rein und in den Raum hinten rein gedrückt worden, zu dem Regal an der Wand.
Stephi: Das war ein Beben des Hauses, es sind Schränke gegen Wände geflogen. Man hat gehört, wie die Ahr gerade in unserem Haus wütet, wie schnell das Wasser durch das Haus fließt. Das war kein Hochwasser, was stetig steigt – das war ein reißender Fluss in unserem Haus. In dem Moment wurde mir einfach klar, was hier gerade passiert und ich in dem Moment hatte ich wirklich Todesangst.
Ich glaube mich erinnern zu können, dass es halb zwei war, als nur noch zwei Stufen zum Obergeschoss frei waren. Und wir dachten, es muss jetzt irgendetwas passieren, es muss irgendwer doch kommen. Das kann doch nicht sein, dass hier keiner kommt.
Dann haben wir noch mal den Notruf gewählt, kamen aber nicht durch. Das Netz war schon überlastet, tot, ich weiß es nicht.
Marian: Innerlich habe ich eigentlich nur zwei Optionen gesehen. Die erste Option ist: Das Haus bricht zusammen und dann werden wir hier alle an dieser Stelle sterben. Und die zweite Option ist: Das Nachbarhaus bricht zusammen und nimmt unser Haus mit und dann werden wir alle hier sterben. Aber ohne groß Angst davor zu haben. Einfach nur – das waren meine Gedanken. Und ich habe den Frauen aber immer wieder gesagt, dass alles in Ordnung ist. Das ist nicht meine Art, ich habe noch nie in meinem Leben so viel gelogen in einer Nacht, noch nie.
Stephi: Gegen halb sechs schätze ich war es, bin ich wach geworden von einem Schrei. Und dann stand meine Mutter an der Balkontür zur Straße hin. Egal, wo wir hingeguckt haben, es war alles kaputt, es war alles kaputt, was du aus deiner Kindheit oder vorher irgendwie kanntest. Es war nichts mehr da, wo es vorher war – kein Ziegelstein, kein Auto, nichts.