Wildtiere entdecken die Ruhr in Arnsberg wieder

Stand: 14.08.2020, 06:00 Uhr

Die Ruhr – ein mäandernder Fluss mit Kiesbänken? In Arnsberg ist sie wieder in diesen Urzustand zurück versetzt worden, soweit das möglich war. Die Natur sagt: Danke!

Von Stefan Michel

Wohngebiete, Straßen, sogar eine Autobahn in nächster Nähe der Ufer, Mauern und Wehre, die den Fluss einzwängen: Für ein Naturreservat schien die Ruhr mitten in Arnsberg nicht geeignet.

Und doch: Wer heute von einer der Brücken auf den Fluss schaut, sieht eine Wildnis. Zwischen 2004 und 2012 ist die Ruhr von viel Beton befreit, ist ihr so viel Platz wie möglich zurück gegeben worden.

Wildnis mitten in Arnsberg 05:00 Min. Verfügbar bis 01.09.2025

Zangenlibelle und Gänsesäger

Gelandet: Kleine Zangenlibelle | Bildquelle: Stefan Michel

Biologe Bernd Stemmer arbeitet bei der Bezirksregierung Arnsberg, sein Büro liegt direkt an der renaturierten Ruhr. Und so hat er seltene Arten entdeckt, die ganz von alleine eingewandert sind: die Kleine Zangenlibelle und den Gänsesäger.

Gänsesäger – das ist ein kurioser, Fisch fressender Entenvogel mit einem langen, spitzen Hakenschnabel. Er brütet in Nordeuropa und an den Flüssen der Nordalpen mit ihren breiten Kiesbänken. "Der Gänsesäger ist kein Brutvogel in NRW", stellte der Naturschutzbund (Nabu) noch 2014 fest.

Die Arnsberger Ruhr im Vorbeiflug entdeckt?

Seit wenigen Jahren sichtet Biologe Stemmer an der Ruhr in Arnsberg weibliche Gänsesäger mit ihren Küken, fünf bis sechs Familien seien es, schätzt er.

Schon seit langer Zeit rasten die Entenvögel im Winter auf dem nahen Möhnesee. Einige dieser Wintergäste aus dem hohen Norden hätten wohl im Vorbeiflug entdeckt, dass die Ruhr in Arnsberg ein nettes Brutrevier wäre, vermutet Stemmer.

Wo brüten sie bloß?

Vergebliche Nistplatzsuche an Gebäuden | Bildquelle: Bernd Stemmer

Gänsesäger sind Höhlenbrüter wie Meisen oder Spechte. Bernd Stemmer hat sie auf der Suche nach Hohlräumen um Gebäude in der Stadt fliegen sehen, aber offenbar sind sie da nicht fündig geworden. Stemmer vermutet, dass sie ihre Eier stattdessen in einigen dieser Haufen aus Ästen und Gestrüpp ausbrüten, die der Fluss aufgehäuft hat.

Besser wäre das. Im Alter von ein bis zwei Tagen erleben die jungen Säger den gefährlichsten Moment ihres Lebens, jedenfalls wenn das Nest hoch oben in einem Baum oder Gebäude liegt. Völlig flugunfähig springen sie in die Tiefe. Wenn sie das überleben, geht‘s schnurstracks mit Mama aufs Wasser.

Daher der Name: Ein Schnabel wie eine Säge | Bildquelle: Bernd Stemmer