19. Juni 2015

Protokoll der öffentlichen Sitzung

1. Bericht der Vorsitzenden

Frau Hieronymi berichtet über folgende Themen:

Gremientreffen ARD-GVK / ZDF-Fernsehrat

Die Vorsitzenden der Rundfunk- und Verwaltungsräte der Landesrundfunkanstalten der ARD (GVK) sowie das Präsidium des ZDF-Fernsehrats hätten u.a. über den ZDF-Staatsvertrag beraten, welchen die Ministerpräsident/innen der Länder (MPK) aktuell auch unterschrieben hätten. Zudem sei Phoenix Thema gewesen. Der Sender müsse sowohl durch strukturelle Reformen als auch durch finanzielle Hilfe durch ARD und ZDF dauerhaft auf eine solide Basis gestellt werden. Die Aufstockung des Etats um je eine Mio. Euro durch ARD und ZDF sei zu begrüßen, müsse aber mit einem nachhaltigen Finanzcontrolling einhergehen.

Sitzung des Vorstands am 1. Juni 2015

Der Rundfunkrat habe seinen Vorstand beauftragt, die Erfahrungen aus den ersten drei öffentlichen Sitzungen auf Basis des Beschlusses vom März auszuwerten. Als Ergebnis empfehle der Vorstand:

  • weiter im Nato-Saal zu tagen. Falls sich für diesen Raum zu viele Gäste anmelden würden, könne das Gremium in die WDR-Kantine ausweichen.
  • auch künftig mit der öffentlichen Sitzung zu beginnen, da sich diese Reihenfolge bewährt habe. Themen, welche aufgrund gesetzlicher oder satzungsrechtlicher Vorgaben nicht-öffentlich beraten werden müssten, würden im nicht-öffentlichen Teil beraten. Das betreffe Inhalte mit schützenwerten Daten oder Namen, andere sollten grundsätzlich öffentlich beraten werden.
  • dass eine weitere Evaluierung der öffentlichen Sitzungen auf der Klausurtagung im November erfolge. Es sei dann auch der Entwurf des novellierten WDR-Gesetzes zu erwarten.

Compliance

Die Selbstauskünfte der Mitglieder über ihre Ämter und Funktionen gem. §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 16 Korruptionsbekämpfungsgesetz NRW i.V.m. § 55b WDR-Gesetz und § 4a Ziff. 2, 16a der WDR-Satzung würden seit Herbst 2014 im Internet veröffentlicht. Nun stehe die jährliche Aktualisierung an.

Programmbeschwerde Cannon:

Herr Cannon habe auf den Endbescheid der Vorsitzenden geantwortet und darum gebeten, seinen Brief auch dem Gremium zur Kenntnis zu geben. Der Rundfunkrat hat zum Antwortschreiben der Vorsitzenden keine Änderungswünsche.

Das Gremium nimmt den Bericht der Vorsitzenden zur Kenntnis.

2. Gremienbeteiligung bei Produktionsverträgen der Degeto / Mediagroup

Der Rundfunkrat beschließt einstimmig, ohne Enthaltungen:

Im Rahmen der Evaluierung des Gremieninformationsverfahrens empfiehlt der WDR-Rundfunkrat der Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK), mit den Intendantinnen und Intendanten der ARD in der Hauptversammlung (HV) im September 2015 die Verfahren zur Gremienbeteiligung bei Produktionsverträgen der Degeto sowie der Werbetöchter der Landesrundfunkanstalten (LRA) zu überarbeiten. Dabei ist ein Gremienvorbehalt gemäß den gesetzlichen Aufgreifschwellen sicherzustellen, und zwar unabhängig von der Art der Finanzierung des Programms durch Werbeeinnahmen oder Rundfunkbeiträge. Es ist zu beachten, dass bei Durchführung der oben genannten Kontrolle die rechtliche Eigenständigkeit der Degeto sowie der Werbetöchter nicht unterlaufen wird.

Der WDR-Rundfunkrat empfiehlt der Landesregierung und dem Landtag NRW, die entsprechenden Bestimmungen bei der Novelle des WDR-Gesetzes anzupassen.

3. Bericht des Intendanten

Der Intendant spricht über:

  • die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz über den ZDF-Staatsvertrag, Bedeutung des Meldedatenabgleichs für die öffentlich-rechtlichen Sender, keine Entscheidung der Länderchefs, wie die Beitragsmehreinnahmen, welche für die Landesrundfunkanstalten unzugänglich auf Sperrkonten lägen, zu verwenden seien; diese Entscheidung solle erst im Frühjahr 2016 fallen, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Finanzbedarf angemeldet, die KEF ihn ausgewertet und Empfehlung an die Politik gegen hätten;
  • die Aufstockung des Etats für Phoenix um je eine Mio. Euro im Jahr durch ARD und ZDF;
  • die Aufstockung des Etats von Einsfestival um jährlich zwei Mio. Euro aus ARD-Töpfen;
  • die Änderungen in der Talk-Leiste: Nach dem Ausscheiden von Günther Jauch Ende des Jahres folge ihm Anne Will auf dem Sendeplatz am Sonntag nach. Die ARD habe damit insgesamt noch drei Talkmaster/innen – Anne Will, Frank Plasberg und Sandra Maischberger – eine zusätzliche Talkshow werde es nicht geben;
  • die Freischaltung der WDR-Hörfunkangebote im Portal Radioplayer, werbefrei;
  • das bevorstehende Kulturevent Extraschicht;
  • den Erfolg des Studio Zwei. Das medienpolitische Projekt im Souterrain der Arkaden habe seit der Eröffnung vor zwei Jahren mehr als 27.000 Schüler/innen geschult und sei damit einzigartig, nicht nur im WDR, sondern deutschlandweit.

Die Aussprache dreht sich um folgende Themen:

  • Folgen eines erneuten Meldedatenabgleichs für die Personalsituation des Beitragsservices;
  • Hinweis auf MPK-Entscheidung eines Wahlrechts für Unternehmen, zur Beitragsberechnung die Beschäftigtenzahl oder Vollzeitäquivalente anzugeben;
  • Ausdrückliches Lob für die Entscheidung zu künftig nur noch drei politische Talksendungen in der ARD; Hinweis, dass sich sowohl der WDR-Rundfunkrat als auch die ARD-GVK in der Vergangenheit wiederholt für Reduzierung der Talk-Formate ausgesprochen hätten;
  • Kritik an häufiger Talk-Teilnahme eines Politikers und dessen als einseitig empfundener Positionierung zur sehr komplizierten Griechenland-Problematik; Bitte um ausgewogene Berichterstattung über die aktuelle Griechenland-Krise;
  • Hinweis, dass Rundfunkrat nicht Forum für den Austausch politischer Positionen sei.

4. Vierteljahresbericht gem. § 10 Abs. 4 WDR‑Gesetz

Das Gremium nimmt den Bericht des Intendanten über Programmbeschwerden und wesentliche Eingaben zum Programm (Januar bis März 2015) zur Kenntnis.

5. Benennung eines Mitglieds für den Aufsichtsrat der Bavaria Film GmbH

In offener Abstimmung benennt der Rundfunkrat bei 44 anwesenden Mitgliedern einstimmig, bei Enthaltung des Betroffenen, Herrn Friedhelm Wixforth als Mitglied für den Aufsichtsrat der Bavaria Film GmbH.

6. Benennung eines Mitglieds für den Programmbeirat ARTE Deutschland

In offener Abstimmung benennt der Rundfunkrat bei 44 anwesenden Mitgliedern einstimmig, bei Enthaltung des Betroffenen, Herrn Werner Lohmann als Mitglied für den Programmbeirat von Arte Deutschland.

7. Anrufungen des Rundfunkrats gemäß § 10 Abs. 2 WDR-Gesetz mit Schreiben der Ständigen Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., vertreten durch die Vorsitzende Maren Müller, zu zwei Programmbeschwerden

  • ‚Tagesthemen‘-Beitrag „Krisendiplomatie von Merkel und Hollande in Moskau", Das Erste, 6. Februar 2015

Der Rundfunkrat kommt bei 43 anwesenden Mitgliedern einstimmig, ohne Enthaltungen, zum Beschluss, dass in der von der Ständigen Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V. vertreten durch die Vorsitzende Maren Müller, kritisierten Sendung ‚Tagesthemen‘ – Beitrag „Krisendiplomatie von Merkel und Hollande in Moskau“, Das Erste, 6. Februar 2015, gegen das Gebot zur Sorgfalt bei der Nachrichtengebung (§ 5 Absatz 6 Satz 2 WDR-Gesetz) nicht verstoßen wurde. Dem Begehren des Petenten ist somit nicht stattzugeben.

  • ,Tagesschau‘-Beitrag „Ukraine gedenkt der Maidan-Opfer von vor einem Jahr", Das Erste, 22. Februar 2015

Der Rundfunkrat kommt bei 43 anwesenden Mitgliedern einstimmig, ohne Enthaltungen, zum Beschluss, dass in der von der Ständigen Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V. vertreten durch die Vorsitzende Maren Müller, kritisierten Sendung ‚Tagesschau‘-Beitrag „Ukraine gedenkt der Maidan-Opfer von vor einem Jahr", Das Erste, 22. Februar 2015, gegen

das Gebot zur Sorgfalt bei der Nachrichtengebung (§ 5 Absatz 6 Satz 2 WDR-Gesetz),
die Vorgabe, die internationale Verständigung zu fördern (§ 5 Abs. 4 WDR-Gesetz), und
das Ziel der Berichterstattung, umfassend zu informieren (§ 5 Absatz 5 Satz 4 WDR-Gesetz),
nicht verstoßen wurde. Dem Begehren des Petenten ist somit nicht stattzugeben.

8. Vorläufige Feststellung des Jahresabschlusses des WDR 2014 und Genehmigung des Geschäftsberichts des WDR 2014

Der Rundfunkrat stellt bei 44 anwesenden Mitgliedern unter Berücksichtigung der positiven Voten von Verwaltungsrat, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses einstimmig ohne Enthaltung gemäß § 41 Abs. 7 WDR-Gesetz in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Nr. 9 WDR-Gesetz über die vorläufige Feststellung des Jahresabschlusses des WDR 2014 und Genehmigung des WDR-Geschäftsberichts des Jahres 2014 vorläufig fest und genehmigt den WDR-Geschäftsbericht des Jahres 2014.

Ebenfalls einstimmig ohne Enthaltung beschließt der Rundfunkrat bei 44 anwesenden Mitgliedern

  • gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 10 WDR-Gesetz unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 38 Abs. 2 WDR-Gesetz die Zuführung zum Deckungsstock für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung
  • gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 10 WDR-Gesetz unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 37 Abs. 6 WDR-Gesetz und gemäß § 37 Abs. 2 WDR-Gesetz die Zuführungen zu:

Programminnovationen
Immobilienkonzept
Beitragsmehrerträge
Bau-Sanierungsmaßnahmen
Investitionen
Crossmedialität

Der Rundfunkrat nimmt die nach § 40 Abs. 2 WDR-Gesetz erforderliche Unterrichtung des Verwaltungsrats zu den über- und außerplanmäßigen Aufwendungen und Ausgaben im Jahresabschluss 2014 und die Informationen zu den Soll-Verlagerungen im Fernsehen 2014 einstimmig und ohne Enthaltung zur Kenntnis.

 9. WDR-Strategie 2020 – Rückblick und Ausblick

Der Intendant stellt die WDR-Strategie vor.

In der Aussprache erhält der Intendant viel Zuspruch. Gelobt wird v.a.:

  • Verzicht auf externe Berater;
  • Schaffung von kreativem organisatorischem Handlungsfreiraum;
  • Mut, auch kritische Themen anzugehen und unbequeme Maßnahmen zu ergreifen, Mehrfachstrukturen aufzudecken und abzuschaffen;
  • der crossmediale Ansatz;
  • die offene Gesamtschau der Ziele und Maßnahmen.

Diskutiert werden folgende Punkte:

  • Begriff „Eroberungszielgruppe“;
  • Anregung, das (überwiegend junge) Bevölkerungsdrittel in NRW mit Migrationshintergrund noch stärker in den Blick zu nehmen;
  • Strukturwandel und nötige Maßnahmen ohne Qualitätsverlust umzusetzen; Bekenntnis zur Programmqualität als oberste Priorität, Verweis auf zahlreiche Experimente und Innovationen;
  • Frage nach Wettbewerb versus Kooperation;
  • Anregung, auf das Paradigma der Politik, dass es keinesfalls mehr Mittel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr geben könne, zu reagieren;
  • Menschliche Aspekte des Sparkurses;
  • Vorgehen in der Strukturdebatte: Diskussion von den Zielen her zu führen, notwendiger Platz für Innovationen im Programm, Verweis auf die vorgesehene Programmschemareform für das WDR Fernsehen;

10. Programmschema-Reform WDR FERNSEHEN

Der WDR-Rundfunkrat überweist die Vorlage einstimmig und ohne Enthaltungen an den Programmausschuss.

11. Bericht über die Brüsseler Gespräche des Rundfunkrats am 6. Mai 2015 und Auswertung des medienpolitischen Handlungsbedarfs

Frau Hieronymi berichtet: eine Delegation des Rundfunkrats habe sich am 6. Mai 2015 zu medienpolitischen Gesprächen in Brüssel mit Günther Oettinger, EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, sowie mit Vertreter/innen verschiedener Fraktionen des Europäischen Parlaments ausgetauscht. Ziel dieser traditionellen medienpolitischen Gespräche sei es, durch eigene Positionen zu aktuellen Regulierungsvorhaben darauf hinzuwirken, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen gesellschaftlichen Auftrag auch künftig erfüllen könne. Der Austausch im Mai sei am Tag der Veröffentlichung des Konzepts der EU-Kommission für einen Digitalen Binnenmarkt erfolgt, es sei um fünf aktuelle Themen gegangen:

  • Evaluierung der Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL)
  • Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen EU und den USA (TTIP)
  • Plattformregulierung
  • Urheberrecht
  • Netzneutralität

Zu diesen Themen lägen dem Gremium Vorschläge zur Positionierung vor, erarbeitet und einstimmig empfohlen vom Ausschuss für Rundfunkentwicklung.

Bei 41 anwesenden Mitgliedern beschließt der Rundfunkrat einstimmig und ohne Enthaltungen die Positionen wie vorgelegt und stimmt einer Veröffentlichung zu.

12. ARD/ZDF Jugendangebot

Die Vorsitzende weist darauf hin, dass die Rundfunkkommission der Länder am Vortag die Voraussetzungen für das nötige Verfahren geschaffen habe. Für Telemedienkonzepte hätten bisher die Gremien durch sog. Dreistufentests die Grundlage legen müssen, im Fall des Jugendangebots werde diese Vorab-Prüfung durch die Staatskanzleien selbst erfolgen. Dazu stehe nun die Anhörung an, es folgten deren Bewertung und ein Beschluss.

Das Gremium nimmt das Konzept des Jugendangebots von ARD und ZDF zur Kenntnis.

13. Bericht über die Situation der schwerbehinderten Menschen im WDR

Die Vorsitzende begrüßt Frau Fesenfeld, die Schwerbehindertenvertreterin des WDR, die ihren Bericht vorträgt.

In der Diskussion werden folgende Aspekte angesprochen:

  • Bedeutung von Sprache und Wortwahl, um Diskriminierung zu vermeiden - z.B. „Menschen mit Behinderung“ statt „Behinderte“;
  • Unterschied zwischen Behinderung und chronischer Krankheit;
  • Keine Statistiken über Menschen mit Behinderung im WDR, schon aus Datenschutzgründen;
  • Bestätigung der Zunahme psychischer Erkrankungen, auch in anderen Organisationen und Beschäftigtengruppen;
  • Bedeutung der Barrierefreiheit: Untertitelungen, Gebärdensprachdolmetschung und Beseitigung vorhandener Barrieren in den Gebäuden;
  • Schulung von Führungskräften, Nutzung von Instrumenten wie Mitarbeitergesprächen;
  • Hoffnung auf Fortschritte der Inklusion in allen Lebensbereichen auf Basis der UN-Behindertenrechtskonvention.

14. Bericht nach § 5a WDR-Gesetz über die Auftrags- und Koproduktionen des WDR
mit unabhängigen und abhängigen Produzenten

Der Rundfunkrat überweist den Bericht nach § 5a WDR-Gesetz zu den Auftrags- und Koproduktionen des WDR mit unabhängigen und abhängigen Produzenten einstimmig an den Ausschuss für Rundfunkentwicklung.