Sie wagen es gar nicht, einen Fuß auf den roten Teppich zu setzen, der im Foyer des Auswärtigen Amtes liegt, und machen einen großen Bogen um ihn. Dabei gehört er an diesem Abend ganz ihnen: den Nominierten des 29. Civis-Medienpreises für Integration und kulturelle Vielfalt. Sie haben schon eine große Hürde genommen, sind in die Endauswahl gekommen - aus 900 Einreichungen aus der EU und der Schweiz, so vielen wie nie zuvor. Wer von ihnen würde am Ende des Abends als Gewinner über den Teppich schreiten? Die Spannung im Weltsaal ist deutlich zu spüren.
Gegen den Populismus
Dort haben in den Stunden zuvor Politiker und Medienmacher beim WDR-Europaforum diskutiert, versucht, eine Schneise durch das "Krisengestrüpp" zu schlagen, mit dem Europa kämpfen muss. Jetzt nehmen sie wieder das Wort - und brechen alle eine Lanze für einen Journalismus mit Haltung, der das Wort von der Lügenpresse Lügen straft. "Das ist das Gegenmittel gegen den grassierenden Populismus", ruft Martin Schulz aus, der Präsident des Europäischen Parlaments, der für die Preisverleihung von Brüssel nach Berlin geflogen ist: "Die Medien zu unterstützen ist für mich Ehrensache", sagt er. "Es ist eine Zeit des Kampfes."
Stiller Stolz und lauter Jubel
Der Präsident muss aber gleich wieder weiter, deswegen werden die zehn Geheimnisse schnell gelüftet. Die Jury hat sich diesmal offensichtlich schwer getan mit der Wahl, manche Preise werden deswegen mehrfach vergeben. Ausgezeichnet werden Geschichten vom großen Fußballverein, der gegen Rechts aufsteht, und vom Ende einer Familie, die von Bürokraten auseinandergerissen wird, vom Leben im "Leberkäseland" und vom Sterben fern der Heimat. Als die Namen der Preisträger bekannt gegeben werden, gibt es große Umarmungen und kleine Tränchen, stillen Stolz und "Wow"-Rufe: Endlich wird der lange Atem, das Mitgefühl und die Neugier auf die Fremden belohnt, mit dem sie ihre Geschichten erzählt haben. Und als sie zum Feiern weiterziehen, gehen sie sehr selbstbewusst über den roten Teppich.
Civis-Medien-Preise in zehn Kategorien
- Der Europäische CIVIS Fernsehpreis im Bereich Information erhielten sowohl Anna Thommen für ihre Dokumentation "Neuland" (Schweizer Radio und Fernsehen) als auch Annalisa Piras für ihre Dokufiction "EU: Kurz vor dem Crash? The Great European Disaster Movie" (Arte/BBC).
- Mit dem Europäischen CIVIS Fernsehpreis im Bereich Magazine/kurze Programme bis zehn Minuten wurde Lisa Schurr für ihre Kurzreportage im ARD-Mittagsmagazin "Am Limit - Die Helfer von Wegscheid, Teil 1" ausgezeichnet.
- Der Europäische CIVIS Fernsehpreis im Bereich Unterhaltung (Fiktionales) ging an Nils Willbrandt für seinen Fernsehfilm "Leberkäseland" (ARD)
- Der Europäische CIVIS Radiopreis im Bereich Lange Programme ging an Marianthi Milona für ihr Feature "Sterbe ich in Eurem Land. Über anonyme Bestattungen von Flüchtlingen in Griechenland (Deutschlandfunk)
- Den Europäischen CIVIS Radiopreis im Bereich Kurze Programme (bis sechs Minuten) erhält Meinhard Mühlmann für sein Serial "Menschen auf der Flucht. Eine Ö3-Minute zum Nachdenken" (ORF)
- Den Europäischen CIVIS Online Medienpreis im Bereich Webangebote erhält Felix Renicks für "Two billion miles".
- Der Europäische CIVIS Online Medienpreis im Bereich Webvideos geht an Stephan Keicher, Hans Helmreich und Wolfgang Vichtl für "NSU-Interviews".
- Mit dem European Young CIVIS Media Prize wurden Piet Baumgartner (Regie) und Marina Guerrini (Drehbuch) ausgezeichnet, für "Inland", ihre Abschlussarbeit an der Zürcher Hochschule der Künste.
- Der Europäische Civis Sonderpreis Sport - "Fußball + Integration" ging an Mareike Wilms für die WDR-Fernseh-Dokumentation "BVB gegen Rechts - Dortmund und seine ungeliebten Fans", Jennifer von Massow für ihren WDR-Hörfunkbeitrag: "NRW hilft - Burscheider Ballverein kickt mit Flüchtlingen" und an das Online-Projekt des Bayrischen Rundfunks: "Heimvorteil - Woher stammen die Spieler der Fußball-Bundesliga?"
- Der Civis-Publikumspreis ging an den Kinofilm "Er ist wieder da".
Der CIVIS Medienpreis zeichnet seit 29 Jahren Programmleistungen im europäischen Radio, Film und Fernsehen und seit 2010 im Internet aus, die das friedliche Zusammenleben in der europäischen Einwanderungsgesellschaft fördern.