Dressur: Wie Werths Chancen auf Olympia-Gold in Paris stehen

Stand: 28.07.2024, 15:30 Uhr

Isabell Werth erlebt in Paris ihre siebten Olympischen Spiele. Bisher hat sie jedes Mal mindestens eine Goldmedaille mitgebracht - und die Chancen stehen auch im Wunderland von Schloss Versailles nicht schlecht.

Nein, ein optimaler Olympia-Countdown war es sicher nicht. Als die deutsche Dressur-Equipe am Freitagmorgen (26.07.2024) in Versailles eintraf, trug Isabell Werth im heimischen Rheinberg ihren Vater zu Grabe.

Heinrich Werth war am 17. Juli gestorben und ließ nicht nur die berühmte Tochter in tiefer Trauer zurück. "Er hat sich noch so gefreut über uns beim CHIO in Aachen", sagte Isabell Werth dem SID: "Er war so stolz, aber das war er immer, im Sieg und in der Niederlage." Werth nahm drei Siege aus der Aachener Soers mit nach Paris.

Werth peilt in Paris weitere Medaille an

Mit Papa Heinrich im Herzen startete die erfolgreichste Reiterin der Geschichte am Samstag in die letzte Vorbereitung vor Ort, ie Rituale sind ohnehin immer gleich. Und doch ist etwas anders an der Schwelle zu ihren siebten Olympischen Spielen. "An Olympia", sagt Isabell Werth, "kann man sich nicht gewöhnen."

1992 in Barcelona startete die damals 23-Jährige mit dem legendären Gigolo erstmals unter den fünf Ringen, Mannschaftsgold und Einzelsilber waren der Lohn. In Paris ist Isabell Werth mit 55 Jahren die Älteste im deutschen Team, mittlerweile stehen siebenmal Gold und fünfmal Silber in ihrer olympischen Bilanz. Dass in Frankreich weiteres Edelmetall dazukommt, ist wahrscheinlich.

Werths Beziehung zu Pferd Wendy "ein Traum"

Unter dem Sattel hat sie Wendy de Fontaine, die zehnjährige Rappstute im Besitz ihrer langjährigen Mentorin Madeleine Winter-Schulze und Bolette Wandt, der Hausherrin im Chateau de Fontaine in der Normandie. Erst seit Januar 2024 sind Werth und Wendy ein Team, eine enorm kurze Zeit, um in einem so komplexen Sport wie der Dressur zueinanderzufinden. "Ein Traum" sei die Stute, sagt Werth: "Es hat sofort klick gemacht."

Den vorläufigen Höhepunkt ihrer gemeinsamen Reise erlebten Werth und Wendy in Aachen, wo sie mit ihrer abschließenden Kür an der magischen 90-Prozent-Marke kratzten.

Ein neues Dressur-Traumpaar? Die CHIO-Kür von Isabell Werth und Wendy WDR 07.07.2024 09:47 Min. Verfügbar bis 07.07.2025 WDR Online

Und nun also Olympia, die größte Bühne des Sports - und vielleicht eine (zu) große Herausforderung für ein so junges Pferd? "Nein", sagt Isabell Werth, "Wendy ist sehr abgeklärt. In Aachen, was ja kein kleines Turnier ist, war sie unglaublich cool und sehr unbeeindruckt von dem Gewusel."

Jessica von Bredow-Werndl ist Favoritin

Pferd und Reiterin passen also zusammen, Wendy ist cool, Werth erfahren und routiniert wie sonst niemand - da kann kaum irgendwas schiefgehen. Oder? "Naja", sagt die siebenmalige Olympiasiegerin, "wir sind im Team auf Augenhöhe mit der Konkurrenz, und im Einzel sind es vier oder fünf Namen, die das unter sich ausmachen können. Da kommt dann wieder die Tagesform ins Spiel."

Diese anderen Namen lauten: Weltmeisterin Lottie Fry (Großbritannien) mit ihrem nachtschwarzen Krieger Glamourdale, mit Abstrichen die Dänin Nanna Skodborg Merrald mit Zepter und Dinja van Liere (Niederlande) mit Hermes. Favorisiert ist natürlich die Tokio-Siegerin Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera. Und dann eben: Isabell Werth.

Klare Worte von Werth zum Skandal um Dujardin

Neben von Bredow-Werndl äußerte sich auch Werth in Versailles zu dem Skandal um ihre einst schärfste Konkurrentin Charlotte Dujardin, der in einem Video massive Gewalteinwirkung gegen ein Pferd im Training nachgewiesen wurde. "Es macht mich wahnsinnig traurig, mir fallen auch keine Worte dazu ein", sagte Werth der ARD-Sportschau: "Es ist so sinnlos und etwas, was ich überhaupt nicht erwartet habe oder in irgendeiner Form verstehen kann."