Boxer Nelvie Tiafack - Medaillenjagd für die Mama

Stand: 28.07.2024, 12:09 Uhr

Der Kölner Superschwergewichtler Nelvie Tiafack gilt in Paris als große Medaillenhoffnung. Ohne Mama Josephine wäre er aber nie so weit gekommen.

Ohne sie, das ist Nelvie Tiafack völlig klar, hätte er es niemals nach Paris geschafft. Weil sein Vater früh verstarb, kam er im Alter von acht Jahren mit Mutter Josephine in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft aus Kamerun nach Deutschland. 17 Jahre später boxt Tiafack für Team D um eine Olympia-Medaille - am Montag (29.07.2024) steht sein Achtelfinal-Kampf an.

Der Schritt nach Europa, in den Kölner Raum, habe ihm "einfach alles" ermöglicht, so der Superschwergewichtler: "Und deshalb ist meine Mutter für mich auch das Größte auf dieser Welt, weil sie mir einfach die Möglichkeit gegeben hat, hier in Deutschland aufzuwachsen und hier mit meinem Talent, mit meinem Können, so groß zu werden."

Mutter und Sohn sind ein eingeschworenes Team, das sieht man auf den ersten Blick, beide gehen sehr respektvoll und wertschätzend miteinander um. Die für den Leistungssport notwendige Disziplin habe er von ihr, so der 1,89 Meter große Athlet, noch heute wohnen sie gemeinsam in Bergheim, sie ist ein Anker in seinem Leben.

Boxer Nelvie Tiafack im Kampf gegen Stan Bertens | Bildquelle: Boxer Nelvie Tiafack im Kampf gegen Stan Bertens

In Kamerun habe er "ein super schönes Leben" gehabt, so Tiafack: "Ich hatte immer etwas zu essen auf dem Tisch, deswegen würde ich nie sagen, ich komme aus ärmlichen Verhältnissen." Aber die Chance auf eine erfolgreiche Box-Karriere hätte er dort "niemals gehabt, zu 100 Prozent, egal wie talentiert ich gewesen wäre."

Beim SC Colonia 06 erkennt man sein Talent

An Talent mangelte es Tiafack nie. Mit 13 stellte er fest, dass er 135 kg wog, die deutschen Süßigkeiten, die er aus Kamerun nicht kannte, hatten es ihm angetan. Es machte "klick" in seinem Kopf - er wollte abnehmen. Schnell merkte Tiafack, dass Fußball und Basketball nichts für ihn waren, er suchte nach einer neuen Herausforderung, eher durch Zufall kam er zum Boxen.

Ende 2015 stand er in Köln-Müngersdorf vor dem Gym des SC Colonoa 06, dem ältesten Boxverein Deutschlands. Das Schild "Olympia-Stützpunkt" schreckte ihn damals ab, Tiafack wollte bereits umdrehen und zurück nach Bergheim fahren, doch sein späterer Trainer Erwin Radovan sprach ihn an und ermunterte ihn mit ins Gym zu kommen.

Boxkarriere nimmt rasant Fahrt auf

Das erste Training sei das Anstrengendste gewesen, was er jemals gemacht hätte, so der 25-Jährige. Damals habe er gedacht, dass er nie wiederkäme. Bis heute sei ihm nicht genau klar, was ihn damals dazu bewogen habe, doch wiederzukommen.

Bergheimer Boxer Nelvie Tiafack Lokalzeit aus Köln 31.05.2024 12:06 Min. Verfügbar bis 31.05.2026 WDR Von Florian Kurz

Tiafack mauserte sich schnell zum Boxer. Schon nach drei Monaten gingen ihm die Gegner im Anfängerbereich aus. Innerhalb von ein paar Jahren wurde er deutscher Meister, erst in der Jugend, dann bei den Senioren. 2022 folgte sein bisheriges Karrierehighlight mit dem Europameistertitel.

Großes Vorbild: Mike Tyson

In diesem Jahr ist Tiafack der einzige deutsche Boxer, der sich für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert hat.

Inspiration für seinen Weg fand er in den Heldengeschichten der legendären Schwergewichts-Ikone Mike Tyson: "Im Ring war er einfach ein Biest. Diese Motivation, diese Furchtlosigkeit habe ich geliebt an ihm. Darin kann ich mich sehr gut wiedererkennen." Und Tiafack hat seinem großen Idol sogar etwas voraus. Eine Olympia-Teilnahme war "Iron Mike" stets verwehrt geblieben, ehe er später als Weltmeister bei den Profis zu Weltruhm gelangte.

Boxer Nelvie Tiafack zusammen mit seinem Trainingspartner Ben Ehis | Bildquelle: IMAGO / Norbert Schmidt

Tiafack, der vor den Spielen 2021 in Tokio noch in der Qualifikation gescheitert war, befand gar: "Olympia ist das größte Event überhaupt für mich, noch mehr als Weltmeister bei den Profis zu werden." Profiboxer könne "jeder" werden, sagte er: "Olympia, das schafft nicht jeder."

Achtelfinal-Auftakt gegen Aserbaidschaner Abdullayev

Doch nur dabei zu sein, das reicht Tiafack dann doch nicht, wenn er am Montag (29.07.2024 / 12.52 Uhr) zum Auftakt gleich im Achtelfinale der Gewichtsklasse über 92 Kilogramm auf Mahammad Abdullayev aus Aserbaidschan trifft - er trachtet nach dem ersten deutschen Edelmetall seit 2016. "Ich will auf jeden Fall auf dem Podest stehen", sagte Tiafack: "Das ist mein Ziel, und ich bin auch sehr zuversichtlich, dass ich das erreichen werde." Es wäre auch ein Sieg für Mama.