Sebastian Moritz

Wer als nüchterner Westfale groß rauskommen möchte, hat im Prinzip nur eine Chance: Das Schützenfest.

Es war also alternativlos, dass ich schon als Schüler viele Stunden zwischen Festzelt, Vogelstange und Bierwagen verbracht haben – allerdings nicht als Schütze, sondern als Abgesandter der Lokalzeitung (und natürlich nüchtern). Eines lernte ich dort schnell: Wer sich als 15-jähriger Nachwuchsreporter bei einem hochdekorierten Schützenoberst Respekt verschaffen möchte, sollte gut vorbereitet sein, braucht kluge Fragen und die Zeit, zuzuhören. Kommt dann noch eine gewisse Portion Neugier dazu, ergeben sich oft von ganz alleine unerwartet erkenntnisreiche Einblicke in eine ganz eigene Welt.


Als ich die Schützenfunktionäre geknackt hatte, war der Rest ein Selbstläufer: Über das Frühlingsfest in der Seniorenresidenz, die Jahreshauptversammlung vom Förderverein der Grundschule und – ja, tatsächlich - auch mal die Taubenzüchter führte mein Weg direkt ins Radio. Es folgten Zwischenstopps an Uni (Wirtschaft und Politik) und Journalistenschule, und schließlich durfte ich auch bei WDR 5 ans Mikro. Schützenfeste spielen dabei nicht mehr so eine große Rolle (damit kann ich gut leben), vom Prinzip her läuft es hier aber ähnlich: Mit einer guten Vorbereitung, klugen Fragen und der nötigen Portion Neugier darf ich über die großen und etwas kleineren Fragen unserer Zeit diskutieren und dabei immer wieder in ganz eigene Welten abtauchen. So hatte ich mir meinen Job immer vorgestellt. Daher kann ich Ihnen nur raten: Wenn Sie nochmal groß rauskommen wollen, gehen Sie zum Schützenfest!