- Sendehinweis: Feiertagsgespräch | Heute, 12.04 - 13.00 Uhr | WDR 5
Eine Position unter vielen
Jüdisch sein ist zur Zeit ein schwieriger Balance-Akt zwischen Antisemitismus und falschen Zuschreibungen. Der Autor Chajm Guski versucht, dabei zur Klärung der Gedanken beizutragen. Zum einen macht er das in der aktuellen Debatte: Guski mischt sich ein, veröffentlicht in seinem Blog und in verschiedenen Zeitungen seine Positionen. Die versteht er ausdrücklich als eine jüdische Position unter vielen, denn Jüdischsein bedeutet für ihn Vielstimmigkeit.
Licht als Zeichen
Zum jüdischen Fest Chanukka treffen sich die Familien. Es hat aber auch aktuelle Bedeutung. So sollen Jüdinnen und Juden, wenn sie heute zuhause Chanukka-Kerzen entzünden, ihren Leuchter ins Fenster stellen: Es soll öffentlich sichtbar sein, wer jüdisch ist und Chanukka feiert. Kann man das noch machen, in Zeiten, in denen wieder jüdische Häuser und Wohnungen markiert werden als angebliches Zeichen der Unterstützung für die pro-palästinensische Seite im Gaza-Krieg?
Wunderbares Chanukka
Chanukka ist ein Fest voller Hoffnung. Es erzählt von einer Umbruchszeit im zweiten Jahrhundert vor unserer Zeit: Der jüdische Tempel in Jerusalem war entweiht worden durch einen Götzenkult. Dagegen und gegen politische Fremdherrschaft wehrten sich die Makkabäer. Mit ihrem Sieg sollte auch im Tempel wieder der richtige Kult hergestellt werden. Aber dafür fehlte eine Grundvoraussetzung. Es war zu wenig geweihtes Öl übrig, um die Flammen am siebenarmigen Leuchter im Tempel lang genug brennen zu lassen, bis neues Öl geweiht worden wäre. Trotzdem begann man das Ritual, entzündete die Flammen – und ein Wunder geschah: Das Öl reichte für volle acht Tage. Der rechtmäßige Gottesdienst konnte wieder beginnen.
Talmud und Social Media
Auch Chajm Guski schaut bewusst zurück auf jüdische Tradition und dabei vor allem auf den Talmud. In diesem großen Zeugnis religiösen Nachdenkens spiegeln sich Jahrhunderte des Ringens und Streitens darum, was es heißt, jüdisch zu leben. Guski veröffentlicht eine deutsche Übersetzung dieses Textes und erschließt sie für alle, die ihr jüdisches Leben aus diesen Quellen speisen wollen. Denn schließlich, davon ist Chajm Guski überzeugt, hat der Talmud auch zu Gegenwartsfragen viel zu sagen. In einem seiner Bücher beschreibt er denn auch, was man aus dem Talmud lernen kann, um Social Media gut zu nutzen.
Zur Person:
Chajm Guski wurde 1978 geboren und ist, so die Selbstbezeichnung, "begeisterter Bewohner des Ruhrgebiets". Sein jüdisches Leben dort gestaltet er mit großer Eigeninitiative: Guski organisiert eine Lern- und Studiengruppe zum Talmud, den Minchah-Schiur Ruhrgebiet, und er ist verantwortlich für das Online-Projekt talmud.de. Auf dieser Seite macht er die deutsche Übersetzung des Talmud von Lazarus Goldschmidt zugänglich. Chajm Guski ist Autor und streitbare Stimme im öffentlichen Diskurs, mit Artikeln zum Beispiel in der Jüdischen Allgemeinen und in seinem Blog sprachkasse.de.
Blogs und Literatur:
www.sprachkasse.de
www.talmud.de
Chajm Guski: Tzipporim – Judentum und Social Media, Book on Demand
Moderation: Kirsten Dietrich
Redaktion: Christina-Maria Purkert