Selbst innerhalb Indonesiens kommt es selten vor, dass eine literarische Stimme aus Timor, der Insel am östlichen Rand des Inselstaates, Gehör findet. Doch der Timorese Felix K. Nesi hat mit seinem Debüt einen Nerv getroffen. Ihm gelang mit "Die Leute von Oetimu" ein Überraschungserfolg, der sofort mit den Literaturpreisen des Landes ausgezeichnet wurde. Die Edition Nautilus hat das Kleinod auf den deutschen Markt gebracht.
Der Roman spielt im fiktiven Dorf Oetimu im indonesischen Westtimor nahe der Grenze zu Osttimor, dem heute unabhängigen Timor-Leste. Die Rahmenhandlung setzt kurz vor dem Unabhängigkeitsreferendum in Osttimor am Abend des Finales der Fußballweltmeisterschaft 1998 ein. Seargent Ipi, der Dorfpolizist, hat alle Männer, in die Polizeiwache eingeladen. Noch ahnt niemand, dass er den Abend nicht überleben wird.
Denn erstmal geht es zurück in die Vergangenheit. Entlang eines bunten Figurenreigens erzählt Felix K. Nesi von der unheilvollen Geschichte der indonesischen Insel Timor und ihren Menschen seit Ende der Kolonialherrschaft. Kriegerische Auseinandersetzungen, Terror und Machtergreifung, sinnloses Töten, Armut und Unterdrückung prägen das Leben der einfachen Bevölkerung.
Da ist Laura, die Tochter eines portugiesischen Beamten, die nach der Kolonialherrschaft zusehen muss, wie ihre Eltern erschossen werden und dann in Gefangenschaft Folter und Vergewaltigungen durch die Indonesier über sich ergehen lassen muss. Ihr gelingt die Flucht. In Oetimu wird sie vom alten Kriegshelden und respektierten Dorferzähler Am Siki gerettet. Ihm sagt man nach, im Alleingang ein Zwangsarbeitslager der Japaner niedergebrannt zu haben.
Sprechende Palmen, übergroße Penisse, und ein brasilianischer Fußballstar, der plötzlich keinen Biss mehr hat. Komische Episoden und Überzeichnungen, wechseln sich mit Erzählungen über Krieg und Gewalt ab. Die Figuren haben eines gemeinsam: Die Erfahrung von Unterdrückung, Gewalt und Folter steckt tief in ihrer Seele.
Im Westen sind vielleicht die Bilder von Diktator Suharto in Erinnerung geblieben. Felix K. Nesi setzt den Menschen ein Denkmal, die Krieg und Willkür erlitten haben. Deutsche Leser machen eine interessante Fremdheitserfahrung und können in die timoresische Geschichte eintauchen, ohne in ein Flugzeug steigen zu müssen.
Eine Rezension von Mareike Ilsemann
Literaturangaben:
Felix K. Nesi: Die Leute von Oetimu. Eine garantiert wahre Geschichte aus Timor
Aus dem Indonesischen und mit einem Nachwort von Sabine Müller
Edition Nautilus, 312 Seiten, 25 Euro.
Lesung und Gespräch:
Mit Felix K. Nesi, Sabine Müller (Übersetzerin) und Monika Schlicher (Stiftung Asienhaus Köln)
Moderation: Karl Mertes (Deutsch-Indonesische Gesellschaft Köln)
In deutscher und indonesischer Sprache
Mittwoch, 13. November, 19 Uhr
Veranstaltungsort: Der andere Buchladen Köln-Sülz, Weyertal 32